Donnerstag, 24. Juli 2014

Aus dem Archiv: Zur Wolfsbachquelle - Idylle für die Ewigkeit

Der Text erschien erstmalig in "Essen geht aus 2015".
Das Restaurant gibt es leider nicht mehr.


Es hat etwas vom wohligen Gefühl der Heimkehr aus der großen weiten Welt, wenn man durch den lauschigen Biergarten das kleine Fachwerkhaus der Wolfsbachquelle im Heissiwald betritt. Der Kies knirscht unter den Füßen, kein noch so heftiger Frühjahrssturm kann denn Bäumen etwas anhaben, durch deren grüne Kronen die Sonnenstrahlen tänzeln. Und auch innen ist es wie eh und je, es herrscht eine nostalgisch-rustikale, hölzerne Kneipenatmosphäre wie in den 80-er Jahren. Und der eiserne Holzofen wird sogar an kühlen Sommertagen eingeheizt und verbreitet seinen brenzligen Duft. Seit 1926 führt die Familie Bruckmann das Haus, mittlerweile in der dritten Generation. Für die Bredeneyer ist die Wolfsbachquelle wohl das zweite Wohnzimmer, für die Angestellten aus dem sterilen Büroparks Bredeney ganz in der Nähe eine gemütliche Gegenwelt.

Auch die Lektüre der Speisekarte wirkt wie ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Deutsche Gerichte, mit z.T. österreichischem Einschlag, vermischen sich mit mediterranen Leckereien, wie man sie aus dem Urlaub kennt. Auf den Tafeln am großen Mittelpfosten gibt es zusätzliche Tagesempfehlungen. Hier findet jeder etwas, das im schmeckt. Die mit Kräuterbröseln überbackenen Pfahlmuscheln 8,75 Euro), an die ich mich noch gut von einem zurückliegenden Testbesuch erinnere, übergehe ich diesmal, aber als das stattdessen gewählte Rote-Bete-Carpaccio (7 Euro) vor mir auf dem Tisch steht, habe ich ebenfalls ein Dèjà-vu: Hatte ich es nicht auch schon einmal gekostet, damals, draußen im Garten, als sich der Zigarettenrauch meines Tischnachbarn sich unter meiner Nase kräuselte? Die hauchdünn geschnittenen, mit geriebenem Käse und gerösteten Pinienkernen bestreuten Rote-Bete-Scheiben sind köstlich. Dazu gehört ein aufgebackenes Ziegenkäse-Crostini als knuspriges Pendant. Das einzig irritierende an dieser Vorspeise ist der Glasteller, durch den die hölzerne Tischplatte schimmert. Ein schwarzer Teller hätte das schöne Farbenspiel des Gerichts besser zu Geltung gebracht.

Der lauwarme Tafelspitz mit Vinaigrette, gebratenen Pilzen und Röstkartoffeln (14,50 Euro) ist genau die richtige Mischung aus Salat und Hauptgang, die einen sättigt, aber nicht abfüllt. Das Fleisch nicht zu trocken, die Vinaigrette nicht zu sauer, die Kartoffeln „resch“ gebraten – dazu ein Glas Riesling (0,2-l-Glas 4,50 Euro) – das gäbe es in Niederösterreich auch nicht besser. Genausowenig wie die Mehlspeise zum Nachtisch, ein Crêpe mit säuerlichen Brombeeren und süßem Vanilleeis (5,50 Euro). Oder sollte es besser Palatschinken heißen?

-kopf

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