Nein, das hier ist kein Treffpunkt der „Nighthawks“ wie auf Edward Hoppers berühmtem gleichnamigem Gemälde einer American Bar. Sven Momber, Barchef und Inhaber des Cocktailbar Daktari auf der kaum wie ein Boulevard of Broken Dreams wirkenden Juliusstraße zwischen Huyssenallee und RWE-Tower im Essener Südviertel, schmunzelt ein wenig, als er gefragt wird, ob er auch Psychiater für seine trinkende Kundschaft sei, wie man es aus einschlägigen Hemingway-Romanen, hardboiled Krimis oder New Yorker Großstadt-Sitcoms kennt. Zwar, so meint er, höre er seinen Gästen gern zu, wenn sie ihm von ihrem Kummer erzählen wollen, aber soweit käme es eigentlich nie. Seine Kundschaft sei viel zur sehr damit beschäftigt, sich den fantasievollen und anregenden Mixgetränken zu widmen, die er serviert.
Marshall Thompson wird in hohen Ehren gehalten.
Nein, schon das exotische Ambiente des wie eine afrikanische Lodge eingerichteten kleinen Lokals ist viel zu verspielt, um existentialistische Melancholie aufkommen zu lassen. Vielmehr muss man an Urlaube in ostafrikanischen Nationalparks oder an karibischen bzw- hawaiianischen Stränden denken. Als der erste Betreiber Andreas Pulla das Daktari vor über 20 Jahren als älteste inhabergeführten Bar in Essen gründete, war es für ihn eher die Verwirklichung eines Kindheitstraums. Andreas war Ende der 1960-er Jahre ein Riesenfan der Fernsehserie Daktari, die um einen Tierarzt im afrikanischen Busch spielte. Der Schauspieler Marshall Thompson verkörperte die Titelfigur als eine Mischung aus Prof. Dr. Bernhard Grzimek und Detektiv Rockford, und so ist es kein Wunder, dass noch heute ein echtes Autogramm des Helden am Barregal hängt. Irritiert bin ich allerdings, dass ich dort nirgendwo das Modell des getigerten Landrovers finde, das damals der britische Spielzeugauto-Hersteller Corgi Toys passend zur Serie heraus gebracht hatte und zu dem auch eine kleine Plastikfigur von Clarence, dem schielenden Löwen, gehörte, dem eigentlichen Star der Serie. Stattdessen ist das Regal prall mit Gin-, Weinbrand-und Whiskyflaschen gefüllt, die so gar nichts in einer Kindheits-Traumwelt verloren haben – aber eben in einer ambitionierten Cocktailbar. Allein 800 Flaschen verschiedenen Mix und Sipping-Rums sind im Daktari auf Lager.
Inhaber und Barchef Sven Momber
Als Sven Momber die Bar vor sieben Jahren übernahm, hat er die Ausstattung des Ladens übernommen, denn sie war zum Markenzeichen geworden. Schon vorher hatte der studierte Lehrer für Deutsch und Biologie schon hier gearbeitet, aber als sich ihm die Gelegenheit bot, seine Leidenschaft für gut gemixte Cocktails zum Beruf zu machen, griff er zu. Und er entwickelte das eingeführte Getränke-Portfolio immer weiter. Bei der Kreation neuer Cocktails standen seine wissenschaftliche Ausbildung, sein Interesse an modernen Küchentechniken und natürlich nur ausgewählte und hochwertige Zutaten im Mittelpunkt.
An den betriebsfreien Tagen verwandeln sich die Theke und der kleine Küchenraum des Lokals in ein Cocktail-Labor. Mit Zubereitungstechniken wie dem Fat-Washing, dem Sous-Vide-Verfahren oder der klassischen Mazeration werden die Bestandteile der Cocktails alles selbst hergestellt. Besonders ist Sven vom Zentrigurieren fasziniert, bei dem man die Farben der Produkte völlig verschwinden lassen kann, die Aromen aber konzentrieren. Die Daktari-Sirups werden täglich frisch zubereitet und kommen ohne Geschmacksverstärker oder Zusätze aus.
Die gebundene Karte
Einmal im Jahr gibt es eine neue Karte mit neuen Kreationen, und so schien Sven jetzt an der Zeit, bei einem nachmittäglichen Drink eine kleine Auswahl seiner Cocktails der Presse vorzustellen. Es wurde eine wunderbare Reise in unendlichen Weiten des Genusses. Neben den betörenden Geschmackskompositionen überraschte dabei, wie fantasievoll Sven seine Kreationen präsentiert. Nicht nur einfach in Gläsern, sondern in geheimnisvoll wirkenden Kästen, personalisierten Flachmännern, Teekännchen oder gar Suppentassen werden die Spirituosen serviert. Häufig kann der Gast die verschiedenen Komponenten selbst mischen und so mit den Aromen nach eigenem Gusto spielen. So wurde das Cocktail-Schlürfen zu einer fantastischen Reise in ein Abenteuerland der Aromen.
Daktari, 10.6.2024
Die klassischen Zutaten wie Kokos, Ananas und Rum werden durch das Zentrifugieren klar wie Wasser.
Pandora
Feinster Hennessy VSOP mazeriert mit Brombeeren und Himbeeren der Saison, verbindet sich mit einem hausgemachten roten Traubensirup und leichtem Zitronenaroma.
Die Holzkiste, in dem der Cocktail serviert wird, soll an die Büchse der Pandora erinnen. Doch heraus kommt kein Unheil, wie in der griechischen Sage, sondern ein fruchtig variierter Drink auf edler Cognac-Basis. Dazu gibt es ein aromatische passende Mon Chérie unter einer Glasglocke.
Ein Speakeasy-Drink par excellence und die Alternative zum Espresso-Martini für Pur-Trinker und Kaffeeliebhaber
Speakeasy nante man die amerikanischen Kneipen, in denen man während der Prohobitionszeit heimlich Alkohl trank. Deswegen ist dieser Cockteil zum Selbst-Eingießen in einem eleganten Flachmann versteckt und überrascht durch intensive Kaffee-Aromen.
Matcha-Tee-Reduktion, frischer Zitronensaft, Japanischer Yuzu-Sake, Berliner Brandstifter-Gin, Mistelhain Waldbeeren-Tonic
Ein Cocktail, der auf Tee basiert, gehört natürlich in eine Teekanne. Mixen muss ihn der Gast selbst, indem er den grünen Tee nach geschmack zu den anderen Zutaten gießt.
Charlie Brown
Hausgemachter salziger Erdnuss-Bourbon mit Woodford Reserve, hergestellt im Fat-Wash-Verfahren, karamellisiert mit dunkler Schokolade und spanischer Orange. Ein klassischer Drink mit modernem Twist.
Traditioneller Mai Tai trifft auf moderne Küche. Frische Limette, hausgemachtes Mandelsirup, vier gereifte Rumsorten,
getoppt mit einem Mango-Espuma
Traditionell besteht ein Mai Tai aus Rum, Limettensaft , Triple Sec und Mandelsirup. Gekrönt wird er hier von einer Mango in Schäumchenform, wie man es in der modernen Molekularküche findet.
Der Genießer bedankt sich für die Einladung.
Dank an Michael Alisch für die Organisation.
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