Dienstag, 6. April 2021

Osterbraten à la Hobble-Frank: Zicklein mit Knoblauch und Majoran an Leipziger Allerlei aus der Grillpfanne


Karl May schreibt in "Der Schatz im Silbersee":
"Hast du vielleicht einmal eine junge Ziege gegessen?" fragte Old Shatterhand den Hobble-Frank.
"Een junges Zikkel?" antwortete Frank, indem er mit der Zunge schnalzte. "Natürlich habe ich das gegessen. Hören Sie, das is was ganz und gar Apartes!"
"Wirklich?" lächelte Old Shatterhand.
"Off Ehre! Eene Delikatesse, die wirklich ihresgleichen sucht."
"Und Tausende lachen darüber!"
"Ja; aber diese Tausende sind dumm. Ich sage Ihnen, wir Sachsen sind helle und verschtehen uns off imprägnierte Genüsse wie keene andre europäische Nation. Een junges Zikkel in die Pfanne, eene kleene Zehe Knobloch und een paar Schtengeln Majoran hinein und das recht braun und knusperig gebraten, das is een wahres Götteressen für die Herren und Damen des Olymps. Ich kenne das, denn so um Ostern 'rum, wenn's junge Ziegen gibt, da ißt ganz Sachsen Sonn- und Feiertags nur Zikkelbraten." 


Direkt ins Buch gezeichnete Vignette von meinem Großvater.

Nicht nur ganz Sachsen, sondern auch im Ruhrgebiet könnte man um Ostern 'rum Zicklein essen, schließlich ist die Ziege als „Bergmannkuh“ ein Stück Ruhrgbietsfolklore. In Herne wurde ihr sogar ein Denkmal gesetzt. Trotzdem ist der Ziegenbraten so gut wie gar nicht in die Tradition der Ruhrgebietsküche eingegangen. Dabei ist in jüngerer Zeit dank einiger auf Käseproduktion aufbauenden Ziegenhöfe durchaus um Ostern frisches Zicklenfleisch in allerbester Qualität gut zu bekommen (klick hier).

Auch ich habe bisher nur zwei Mal Ziegenbraten gemacht, einmal als „Zicklein nach Genießerart“ (klick hier), das andere Mal beim großen Slow-Food-Ziegenbraten-Essen vor vier Jahren (klick hier). Dieses Jahr war es endlich wieder soweit. Ich war überrascht, wie einfach es war, beim Ziegenhof Heidbauer in Castrop-Rauxel-Ickern (klick hier) eine hübsche kleine Keule von ca. 800 Gramm zu bekommen. Bei der Zubereitung wollte ich diesmal auf ein Rezept zurückgreifen, das ich ausgerechnet in Karl Mays Wildwest-Klassiker „Der Schatz im Silbersee“ gefunden hatte. Bei einem Ritt durch Utah führen Old Shatterhand und sein komischer Sidekick, der aus Sachsen stammende Westmann und Dialektspezialist Hobble-Frank, den oben zitierten launigen Dialog. Mein Großvater hatte diese Gesprächssituation einst als farbige Vignette direkt in sein Silbersee-Exemplar aus den 1920er Jahren gezeichnet.

Mit Knoblauch und Majoran: Die Zickleinkeule bestand aus
Haxe (Unterschenkel) und Oberschenkel.
 
"Knusperig und braun" gebraten
 

Also rührte ich eine Marinade aus bestem Rapsöl, viel frischem Majoran, etwas Knoblauch, Pfeffer und Salz zusammen, rieb das Zicklein damit ein und ließ es über Nacht ziehen. Dann briet ich es schön „braun und knusperig“ und stellte es ins vorgeheizte Rohr, bis es eine Kerntemperatur von 75 Grad hatte. Und in der Tat, heraus kam dabei so ein „imprägnierter Genuss“, von dem der Hobble-Frank schwärmt.


Zutaten fürs Leipziger Allerlei. Nicht im Bild: Erbsen.

Als ehemaliger Moritzburger Forstgehilfe ist Hobble-Frank ein sächsisches Original par excellence. Allerdings fand ich keine Moritzburger Gemüsespezialität, die ich zum Braten hätte reichen können. Also wich ich auf das bewährte Leipziger Allerlei aus, das ich im Kochbuch von Henriette Davidis gefunden hatte (klick hier) und das immerhin nach der größten Stadt in Sachsen benannt ist. Im Keller fand ich auch noch ein Fläschchen André vom Landesweingut Kloster Pforta (klick hier), die ich mir einmal, wie könnte es anders sein, von einem Kongress der Karl-May-Gesellschaft mitgebracht hatte. Diese Sorte wird mit Vorliebe an Saale und Unstrut angebaut, ein Anbaugebiet immerhin in Sachsen Anhalt.

 
Dazu: ein André 2915 aus Sachsen(-Anhalt)

Das Ergebnis war ein perfekter Osterbraten.


Rezept: Zicklein mit Knoblauch und Majoran an Leipziger Allerlei

2-3 Portionen

Zicklein:
1 Ziegenkeule von 800 g mit Knochen
1/8 l bestes Rapsöl
3-4 Zweige Majoran
2 Knoblauchzehen
Pfeffer, Salz

Für die Sauce
1 Zwiebel
Gemüsebrühe vom Leipziger Allerlei
1 EL Mehl
Senf
evtl. Ziegenleber

Majoranblättchen von den Zweigen streifen und in Rapsöl geben. Geschälten Knoblauch hineinreiben. Salz und Pfeffer hinzugeben und alles gut zu einer Marinade verrühren. Ziegenkeule in Ober- und Unterschenkel trennen, parieren und mit der Marinade einreiben. Keule in eine Plastiktüte geben, Rest Marinade dazu gießen und über Nacht im Kühlschrank ziehen lassen.
Keulenstücke vor dem Braten aus der Tüte nehmen und sorgfältig die Majoranblättchen ablesen. Sie würden beim Braten verbrennen. Keulenstücke in einer Pfanne rundum schön braun anbraten, dann in eine zweite Bratreine geben, in den 160 Grad heißen Ofen stellen und weiterbraten, bis eine Kerntemperatur von 75 Grad erreicht ist. Fleisch aus dem Ofen nehmen, abdecken und ruhen lassen.

Für die Sauce eine Zwiebel fein würfeln. In der Pfanne, in dem die Keule gebraten wurde, die Parüren und die Ziegenleber in überschüssiger Marinade anbraten, Zwiebelwürfel dazugeben und weich dünsten. Mit Mehl bestäuben, ein wenig weiter dünsten. Dann mit Gemüsebrühe auffüllen und köcheln lassen, bis sich die Zwiebeln weitgehen aufgelöst haben und alles zu einer Sauce eingekocht ist. Abseihen. Mit Pfeffer, Salz und etwas Senf abschmecken.

Leipziger Allerlei:
100 Gramm feine Möhrchen
1 Kohlrabi
1 kleiner Blumenkohl
1 Packung Thaispargel
100 g Morcheln
100 g Erbsen, evtl. TK oder aus der Dose
Salz oder gekörnte Gemüsebrühe

Möhrchen abbürsten, Kohlrabi schälen und in Stifte schneiden, die so groß wie Möhrchen sind. Blumenkohl von grünen Blättern befreien und den Strunk kürzen. Morcheln gut abbürsten.
1 ½ l Wasser zum Kochen bringen, salzen. mit gekörnter Brühe würzen. Möhrchen und Kohlrabistifte darin blanchieren; sie sollten noch Biss haben. Mit einem Schaumlöffel ehrausheben und kalt abschrecken. Thaispargel in die Brühe geben und blanchieren, bis er noch Biss hat. Herausnehmen und klat abschrecken. Dämpfeinsatz in den Topf setzen, den Blumenkohl darauf setzen und nicht zu weich dämpfen. Kalt abschrecken, in Röschen zerteilen. Röschen in dicke Scheiben schneiden. Erbsen kurz blanchieren, mit dem Schaumlöffel herausnehmen. Morcheln mit kochendem Wasser überbrühen und in einer extra Pfanne in Butter weich dünsten.
Grillpfanne erhitzen, mit Rapsöl bestreichen. Möhrchen, Kohrabi, Spargel und Blumenkohl darauf geben. Mit Salz und Zucker bestreuen und grillen.

Anrichten:
Fleisch in dünne Scheiben schneiden, mit etwas Sauce auf Teller geben und mit den gerollten Gemüsen garnieren.
Dazu gekochte Kartoffeln.

 



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