Der Text erschien erstmals in "Bochum geht aus 2012"
Das Restaurant gibt es nicht mehr.
Anscheinend hat Herr B. keine besondere Vorliebe für Speisekarten. In den Schaukästen an der Villa der Gesellschaft Harmonie am Stadtpark, in der sein Restaurant residiert, hängen nur allgemeinen Informationen, und das Internet hat zur Zeit nur die Botschaft „Zur Zeit kochen wir unsere neuen Ideen zur Probe, um sie Ihnen dann bald präsentieren zu dürfen“ für den surfenden Gast bereit. Doch keine Angst: Wenn man irgendwo in Bochum unbesehen das essen kann, was auf den Tisch kommt, dann ist es bei Daniel Birkner, wie Herr B. eigentlich heißt.
Die Dielen der Gesellschaft Harmonie knarren verheißungsvoll. Die großbürgerliche Villa ist seit der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg Treffpunkt der Bochumer Honoratiorenvereine, doch seit der 30-jährige Küchenchef die Verantwortung am Herd übernommen hat, kann hier in den nur 28 Plätze umfassenden Restauranträumlichkeiten jedermann essen. Die Tische sind im sonntäglichen Weiß eingedeckt und die Gläser blinken, aber der Küchenchef und der Service um Sabrina Koos und Silvia Braun bringen bei aller Kompetenz und Korrektheit eine Lockerheit in die hochherrschaftliche Wohnzimmeratmosphäre wie eine fröhliche Kinderschar unter den Weihnachtsbaum.
„Was wollen Sie essen?“ fragt mich Daniel Birkner kurzerhand. „Drei, vier oder fünf Gänge?“ Spontan wie ich bin, sage ich einfach drei Gänge. Der junge Patron meint nur „Na gut“ und verschwindet in der Küche. Was mir dann serviert wird, sind drei große Gänge, vorweg zwei üppige Grüße aus der Küche und zwischendurch ein Zwischengang und ein Sorbet für insgesamt 48 Euro. Die sorgfältig ausgesuchte Auswahl von vier Weinen kostete 12 Euro.
Bei jedem Gang merkte man deutlich, dass der gebürtige Hattinger seine Erfahrungen in englischen, schweizerischen und deutschen Sternerestaurants gemacht hat. Sorgfältig ausgesuchte Produkte, mit Raffinesse zubereitet und mit Witz serviert, bestätigten sie das Motto „Genuss erleben“ des Hauses.
Ganz vorweg gab es selbstgebackenes Brot mit Butter und Gänseschmalz, und dann gings los. Als Amuse Bouche No. 1 gab es eine in grobem Paniermehl ausgebackene Jakobsmuschel auf einer angenehm salzigen Scheibe dünnem Pastrami, d.i. gerächertes Rindfleisch, wie man es in der jüdischen Küche kennt. Damit es nicht langweilig wurde, gab es zu Amuse Bouche No. 2, einem Hokkaido-Kürbissüppchen mit Kürbiskernöl, schon mal ein Gläschen 2009er Scheurebe trocken vom Weingut Pfeffingen. Der würzige Wein bildete auch noch die Begleitung zum Fischgang, der schon rein optisch eine Sensation war. Das Steinbuttfilet war mit einem brennenden Zedernholzspan belegt war. „Damit bekommen wir einen Hauch von Rauch“, meinte Herr B., der auch ausgewiesener Grillmeister ist. So wurde der die Würze des Schwarzkümmels sehr schön ergänzt. Als Beilage gab es ein Ragout aus ganz feinen Kartoffelwürfelchen, die allerdings einen ziemlichen Biss hatten. Weiche Kartoffeln wären mir lieber gewesen, aber das Ganze hätte dann nicht so schön ausgesehen.
Doch wenn etwas wunderbar weich war, war es der folgende Zwischengang. In einem speziellen, halb trichterförmigen Teller wurde ein pochiertes Freilandei auf Pancetta und Toast mit einer würzigen Sauce Café de Paris serviert. Ein fast klassischer Bistrot-Gang, der perfekt von einem fetten 2007er Chardonnay von Laforge Estate an der Loire begleitet wurde. Doch Anschließend brauchte der Gaumen erst einmal etwas Entspannung, die er bei einem süßen Quittensorbet fand.
Und dann der Fleischgang: tiefrosa gebratener, butterzarter Rehrücken mit einer wunderbar mürben, saftigen Konsistenz, so dass man ihn mit dem Löffel hätte essen können, dazu ein 2006er Spätburgunder „RS“ vom Weingut Salwey in Baden. Als Beilage gab es Gemüseschmankerln, wie man sie im herbstlichen Übergang gern hat. An den Sommer erinnerte ein Spitzkohlröllchen, schön mit knusprigen Bröseln belegt, an den Winter zarte Rosenkohl-Röschen, die mit dünnen Scheiben von schwarzen Walnüssen garniert waren. Diese eigentlich Pfälzer Spezialität war von Herrn B. aus den Nüssen vom Baum eines Bekannten hausgemacht. Dabei wurden unreife Walnüsse in Wasser eingelegt und schließlich in Sirup gekocht.
Die Aromen des 2009er Rivesaltes Grenat von der Domaine Boudau, ein süßer Likörwein aus den französischen Pyrenäen, ließen schon darauf schließen, was es zum Nachtisch gab: ein Pflaumendessert mit Schokolade. Ergänzt wurde das locker-leichte Vergnügen durch eine Kugel Mokka-Krokant-Eis und ein luftiges Milchschäumchen, eine Kombination, die den Kaffee danach fast vorweg nahm.
Was für ein Menü! Dass aus einem kurzentschlossenen Testbesuch ein hinreißender Gourmet-Marathon werden würde, war mir beim Eintritt sofort klar geworden. Ich hätte sicherlich alles auch einzeln à la Carte bestellen können, doch es war gut, das Menü zu essen, wie es auf den Tisch kam. Ich hätte es wahrscheinlich nie so überzeugend zusammengestellt.
Das Restaurant gibt es nicht mehr.
Anscheinend hat Herr B. keine besondere Vorliebe für Speisekarten. In den Schaukästen an der Villa der Gesellschaft Harmonie am Stadtpark, in der sein Restaurant residiert, hängen nur allgemeinen Informationen, und das Internet hat zur Zeit nur die Botschaft „Zur Zeit kochen wir unsere neuen Ideen zur Probe, um sie Ihnen dann bald präsentieren zu dürfen“ für den surfenden Gast bereit. Doch keine Angst: Wenn man irgendwo in Bochum unbesehen das essen kann, was auf den Tisch kommt, dann ist es bei Daniel Birkner, wie Herr B. eigentlich heißt.
Die Dielen der Gesellschaft Harmonie knarren verheißungsvoll. Die großbürgerliche Villa ist seit der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg Treffpunkt der Bochumer Honoratiorenvereine, doch seit der 30-jährige Küchenchef die Verantwortung am Herd übernommen hat, kann hier in den nur 28 Plätze umfassenden Restauranträumlichkeiten jedermann essen. Die Tische sind im sonntäglichen Weiß eingedeckt und die Gläser blinken, aber der Küchenchef und der Service um Sabrina Koos und Silvia Braun bringen bei aller Kompetenz und Korrektheit eine Lockerheit in die hochherrschaftliche Wohnzimmeratmosphäre wie eine fröhliche Kinderschar unter den Weihnachtsbaum.
„Was wollen Sie essen?“ fragt mich Daniel Birkner kurzerhand. „Drei, vier oder fünf Gänge?“ Spontan wie ich bin, sage ich einfach drei Gänge. Der junge Patron meint nur „Na gut“ und verschwindet in der Küche. Was mir dann serviert wird, sind drei große Gänge, vorweg zwei üppige Grüße aus der Küche und zwischendurch ein Zwischengang und ein Sorbet für insgesamt 48 Euro. Die sorgfältig ausgesuchte Auswahl von vier Weinen kostete 12 Euro.
Bei jedem Gang merkte man deutlich, dass der gebürtige Hattinger seine Erfahrungen in englischen, schweizerischen und deutschen Sternerestaurants gemacht hat. Sorgfältig ausgesuchte Produkte, mit Raffinesse zubereitet und mit Witz serviert, bestätigten sie das Motto „Genuss erleben“ des Hauses.
Ganz vorweg gab es selbstgebackenes Brot mit Butter und Gänseschmalz, und dann gings los. Als Amuse Bouche No. 1 gab es eine in grobem Paniermehl ausgebackene Jakobsmuschel auf einer angenehm salzigen Scheibe dünnem Pastrami, d.i. gerächertes Rindfleisch, wie man es in der jüdischen Küche kennt. Damit es nicht langweilig wurde, gab es zu Amuse Bouche No. 2, einem Hokkaido-Kürbissüppchen mit Kürbiskernöl, schon mal ein Gläschen 2009er Scheurebe trocken vom Weingut Pfeffingen. Der würzige Wein bildete auch noch die Begleitung zum Fischgang, der schon rein optisch eine Sensation war. Das Steinbuttfilet war mit einem brennenden Zedernholzspan belegt war. „Damit bekommen wir einen Hauch von Rauch“, meinte Herr B., der auch ausgewiesener Grillmeister ist. So wurde der die Würze des Schwarzkümmels sehr schön ergänzt. Als Beilage gab es ein Ragout aus ganz feinen Kartoffelwürfelchen, die allerdings einen ziemlichen Biss hatten. Weiche Kartoffeln wären mir lieber gewesen, aber das Ganze hätte dann nicht so schön ausgesehen.
Doch wenn etwas wunderbar weich war, war es der folgende Zwischengang. In einem speziellen, halb trichterförmigen Teller wurde ein pochiertes Freilandei auf Pancetta und Toast mit einer würzigen Sauce Café de Paris serviert. Ein fast klassischer Bistrot-Gang, der perfekt von einem fetten 2007er Chardonnay von Laforge Estate an der Loire begleitet wurde. Doch Anschließend brauchte der Gaumen erst einmal etwas Entspannung, die er bei einem süßen Quittensorbet fand.
Und dann der Fleischgang: tiefrosa gebratener, butterzarter Rehrücken mit einer wunderbar mürben, saftigen Konsistenz, so dass man ihn mit dem Löffel hätte essen können, dazu ein 2006er Spätburgunder „RS“ vom Weingut Salwey in Baden. Als Beilage gab es Gemüseschmankerln, wie man sie im herbstlichen Übergang gern hat. An den Sommer erinnerte ein Spitzkohlröllchen, schön mit knusprigen Bröseln belegt, an den Winter zarte Rosenkohl-Röschen, die mit dünnen Scheiben von schwarzen Walnüssen garniert waren. Diese eigentlich Pfälzer Spezialität war von Herrn B. aus den Nüssen vom Baum eines Bekannten hausgemacht. Dabei wurden unreife Walnüsse in Wasser eingelegt und schließlich in Sirup gekocht.
Die Aromen des 2009er Rivesaltes Grenat von der Domaine Boudau, ein süßer Likörwein aus den französischen Pyrenäen, ließen schon darauf schließen, was es zum Nachtisch gab: ein Pflaumendessert mit Schokolade. Ergänzt wurde das locker-leichte Vergnügen durch eine Kugel Mokka-Krokant-Eis und ein luftiges Milchschäumchen, eine Kombination, die den Kaffee danach fast vorweg nahm.
Was für ein Menü! Dass aus einem kurzentschlossenen Testbesuch ein hinreißender Gourmet-Marathon werden würde, war mir beim Eintritt sofort klar geworden. Ich hätte sicherlich alles auch einzeln à la Carte bestellen können, doch es war gut, das Menü zu essen, wie es auf den Tisch kam. Ich hätte es wahrscheinlich nie so überzeugend zusammengestellt.
-kopf
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