Dienstag, 26. November 2013

Genießers Kochkurs: Hart wie Pudding

Historisch-kritisches Kochen:
Schokoladenpudding nach Henriette Davidis

Für viele ist es unverständlich, aber der Menü-Gang, für den der Genießer den wenigsten Enthusiasmus aufbringt, ist das das Dessert. Das gilt für das Zubereiten genauso wie für das Aufessen. Im Restaurant fühlt er sich meistens richtig erschlagen, wenn nach zahlreichen Gängen auch noch ein wagenradgroßer Teller aufgetischt wird, auf dem allerlei Crèmes, Eis und Früchte ihr süßes Unwesen treiben. Meist muss er sich dann eine verdrießliche Bemerkung verkneifen, um nicht das maßlose Entzücken, in das die Mitesser am Tisch zumeist verfallen, stimmungstötend zu unterlaufen.

Hier wird Crème brulée gebrannt

Immerhin: letzten Donnerstag habe ich mich zu einem Kochkurs hinreißen lassen, der verschiedene Desserts, die innerhalb meiner mittlerweile schon sechs Jahre andauernden Kochkurs-Karriere an der VHS Herne zubereitet wurden, und einiges andere miteinander vereinigte. Es kamen immerhin neun kochlustige Damen und Herren, die den süßen Sünden frönen wollten. Zu denen gehörten Créme Brulée, die Zwickel-Bier-Crème des Bochumer Bier-Kochs Josef Schwinning oder die westfälische Spezialität Errötendes Mädchen, die Andalusischen Erdbeeren und die Klassiker Bayerische Crème und Flan.

Original-Rezept von Henriette Davidis

Die wirkliche Herausforderung war jedoch der Schokoladenpudding nach Henriette Davidis, dessen Rezept aus einer Zeit stammt, als es noch kein Puddingpulver gab. Dr. Oetker und Co. haben in den letzten 120 Jahren nämlich ganze Arbeit geleistet und die Vorstellung von Pudding radikal verändert. Die feinen Crèmes, die man mit den Pülverchen aus den Chemielabors der Lebensmittelindustrie heutzutage herstellt, entsprechen viel mehr dem Flammerie als dem rustikalen Küchenprodukt, was einst den Namen Pudding trug. Zum Binden und als Treibmittel verwendete Henriette Davidis Eiweiß und Eischnee, und das, was herauskommt, wenn man nach ihrem Rezept vorgeht, erinnert viel mehr an einen Kuchen ohne Mehl. Zur Herstellung braucht man eine spezielle Wasserbadform, die mit einem Deckel gut verschließbar ist.

Hier wird zur Rose gekocht

Auch bei den anderen Rezepten vermieden wir es, Puddingpulver zu verwenden. Stattdessen wurden 40 Eier und drei Liter Sahne verbraucht – eine stolze Leistung. Gelegentlich wurde zum Binden etwas Gelatine eingesetzt. Ein wenig litt die Konzeption des Kurses daran, dass der Genießer nicht bedacht hatte, dass zum Stocken im Wasserbad und dann zum Auskühlen jeweils eine lange Zeitspanne gebraucht wird, die wir bei knapp vier Stunden Laufzeit eigentlich gar nicht hatten. Nichtsdestoweniger gelang es uns, einigermaßen standfeste Crèmes zuzubereiten, die auch etwas weicher oder noch ganz warm hervorragend schmeckten. Denn wenn man das ein oder andere Dessert etwas fantasievoller hätte ausdekorieren können – ein Genuss war jedes einzelne. Das musste schließlich auch der Genießer zugeben.

Bayerische Crème
Was hier etwas unscheinbar im Glass steht, ist ein Klassiker unter den Desserts. Sie wirkt wie eine aufwendige Fassung der italienischen Panna Cotta, bei der Vanillesahne mit Gelatine eingedickt wird. Hier kommen auch noch Eier dazu. Zum Rezept klick hier.

Andalusische Erdbeeren 
Obwohl zur Zeit keine Erdbeersaison ist, ist die wunderbare, im Wasserbad aufgeschlagene Crème, die man über die Früchte gibt, immer wieder ein Genuss. Zum Rezept klick hier. 

Orangenflan mit Obst 

Der Flan besteht, ähnlich wie die Crème caramel, aus mit Eiweiß gestockte Milch oder Sahne. Zum Rezept klick hier. 

Die Crème brulée ist quasi ein umgekehrter Flan. Befindet sich neim Flan das Karamell unter der Masse, die gestürzt wird, wir bei der Crème brulée das Karamell auf der Masse durch nachträgliches Brennen erzeugt.

Crème brulée
Läuft beim Flan die flüssige Karamell-Sauce  über die Masse, ergibt sich durch das Brennen des Zuckers bei der Crème brulée eine knusprige Kruste. Zum Rezerpt hier klicken.

Errötendes Mädchen 
Ein westfälischer Klassiker, bei dem Vanillepudding mit roten Früchten kombiniert wird. Zum Rezept klick hier.

Zwickelbiercrème nach Josef Schwinning 
Ein köstlicher Pudding mit Biergeschmack. Der Trick dabei: Die Masse muss zur Rose gekocht werden. Zum Rezept klick hier.

Schokoladenpudding nach Henriette Davidis 
Das war historisch-kritisches Kochen. Das Rezept in Henriette Davidis‘ „Praktischem Kochbuch“ von 1845 mutet heutzutage fast unverständlich an. Durch Recherchieren im Internet konnte jedoch eine brauchbare Fassung erstellt werden. Dazu braucht man eine Wasserbadform mit gut schließendem Deckel, dass beim Garen kein Kondenswasser in die Masse geraten darf. Wichtig ist auch, dass der Eischnee sehr steif geschlagen ist und beim Unterrühren der geriebenen Schokolade und Mandeln nicht zusammenfällt. Zum Rezept klick hier.
Dazu gab es eine Vanillesauce nach Johann Lafer. Zum Rezept klick hier.

Puddingform im Wasserbad

Schokoladenpudding gestürzt

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