Montag, 15. Januar 2007

Aus dem Archiv: Pferdestall - Bergmannskost modern

Der Text erschien erstmals in "Dortmund geht aus 2007/2008".

Um die Speisekarte des Pferdestalls richtig einzuschätzen, muss man wissen, was der schmucke Laden eigentlich ist: das Restaurant des Industriemuseums Zeche Zollern II/IV. Mit musealer Liebe wurde das kleine Gewölbe in einem der vielen stilecht erhalten gebliebenen Jugendstilbauten des eindrucksvollen Industrieensembles eingerichtet und versetzt den Besucher mit viel Charme in die heutzutage gemütlich wirkende Hochzeit der Kohleindustrie Anfang es 20. Jahrhunderts.

So verwundert es nicht, dass es tagsüber eine Imbisskarte gibt, die auf den kleinen Hunger der Museumsbesucher mit allerlei schneller Kost von Pommes frites bis Currywurst abzielt. Doch neben modernem Fast Food gibt es auch ganz bodenständig Bratkartoffeln mit Spiegelei (EUR 4,20) oder mittwochs Reibekuchen so viel man essen kann (EUR 4,44).

Die normale, wenn auch kleine Speisekarte ist jedoch genauso liebevoll gestaltet wie das Ambiente des Hauses und geht eine durchdachte Symbiose aus bergmännischer Tradition und leichter erschwinglicher Küche ein. Bei den Vorspeisen sorgen Scampi und Garnelen für südliche Beschwingtheit, während man sich bei den Hauptgerichten regional gibt.

Regional heißt hier aber nicht westfälisch, sondern bergmännisch, und so ist die Karte des Pferdestall ein unprätentiöses Beispiel für eine moderne Ruhrgebietsküche. Schnitzel, Krüstchen und Steaks mit üppigen Salatgarnituren bestätigen schmackhaft den Wunsch der Kundschaft nach unkomplizierter, ausgewogener Kost. Doch mit dem beim Museumsrundgang entstandenen Hunger lässt sich auch die Sehnsucht nach der Heimeligkeit der historisch gewordenen Arbeitswelt stillen, ob mit „Möhren bürgerlich“ samt hausgemachter Frikadelle (EUR 7) oder Panhas, jener urigen westfälischen Spezialität aus Wurstbrühe, Speck und Buchweizen (EUR 7).

Keine Angst muss man vor dem Riesenteller Kartoffelsuppe haben (EUR 4,50). Sie ist leicht und lecker und dient laut Karte einem gebratenem Scampo als Biotop, der sich beim Testbesuch jedoch die Gesellschaft von zwei weiteren gesucht hatte. Geradezu exotisch wirkte das Schlesische Himmelreich, ein Gericht, dass polnische Einwanderer Anfang des letzten Jahrhunderts ins Ruhrgebiet brachten: in Streifen geschnittener Tafelspitz in einer kräftigen dunklen Sauce mit Backobst und einem dicken Schlag saurer Sahne (EUR 7,90).
-kopf

Dortmund-Bövinghausen, Grubenweg 5, Zeche Zollern II/IV
Fon 6 90 32 36
Di-So 12-22 Uhr, Mo Ruhetag
https://pferdestall.biz/

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen