Dienstag, 9. Januar 2007

Aus dem Archiv: Altes Gasthaus Grube - Dortmunder Ursprünglichkeit

Der Text erschien erstmals in "Dortmund geht aus 2007/2008".
Das Restaurant gibt es nicht mehr.

Es muss ein unausrottbares Vorurteil sein, dass die Westfalen verbiesterte Sturköppe sind. Denn wie sollte man sich sonst erklären, dass Dortmund über eine solche Anzahl von alteingesessenen Traditionsgastronomie-Betrieben verfügt, die mit ihren umfangreichen, verzweigten Räumlichkeiten zum geselligen Feiern einladen? Allein sechs verschiedene Gasträume für 10 bis 200 Personen mit Bühne, Kegelbahn, Biergarten und allem Pipapo sind auf dem Grundriss vom Alten Gasthaus Grube eingezeichnet. Noch heute imponiert das fast 180 Jahre alte Fachwerkhaus am viel befahrenen Wambeler Hellweg, obwohl die ehemalige Schmiede über die Jahrhunderte hinweg von Wohnungs- und Gewerbeansiedlungen fast überwuchert wurde. Doch die blank geschrubbten echt antiken Dielen in der Gaststube glänzen wie eh und je und verbreiten passend zur Lage des Hauses nördlich der B1 eine unkomplizierte, bodenständige Ruhrgebiets-Gemütlichkeit. Und die wird von den Stammgästen des Hauses honoriert. Die halbe Nachbarschaft trifft sich hier zum Mittagessen, und Geschäftsleute führen ihre ausländischen Partner gern hierher, um ihnen die kulinarische Dortmunder Ursprünglichkeit zu zeigen.

Die besteht zum Beispiel in der Weihnachtszeit aus herrlich kross gebratenen Gänsekeulen, die wie saftig-weiche Baseballschläger auf wagenradgroßen Tellern mit Klößen wie Kanonenkugeln und Rotkohl serviert werden. Auch die normale, äußerst umfangreiche Speisekarte scheint unter dem alten Ruhrgebiets-Motto zu stehen, wer hart arbeitet, der soll auch gut essen. Rumpsteak „Haus Grube“ mit gebackenen Zwiebeln, Gewürzgurke, Sauce Hollandaise und mit Käse überbacken samt Bratkartoffeln und Salat, Medaillons vom Lammrücken „La Provence“ im Kräutermantel mit grünen Bohnen und Röstkartoffeln oder Rinderfilet „Café de Paris“ mit gestoßenem Pfeffer, Kräuterbutter, Speckbohnen und Pommes frites sind typische Empfehlungen des Hauses (zwischen 12 und 15 EUR). Ich freue mich auf die Frische Rindfleischsuppe mit Fleisch, Eierstich, Markklößchen und Gemüse (EUR 3,40), die nicht besser auf den Tisch einer Hausfrau kommen könnte, die die Tugend des sonntäglichen Kochens noch nicht vergessen hat. Und auch der Schweinebraten von der Tageskarte (EUR 10,30) ist der wahr gewordene Traum eines Familienvaters vom Schlaraffenland. Zart das Fleisch, würzig die Sauce, in die sich lustvoll die Salzkartoffeln mit der Gabel drücken lassen, dazu apfel-süß-saurer Rotkohl und – als wäre das alles noch nicht genug - ein Sahnesößchen mit frischen Champignons als Krönung. Und das Beste dabei: alles ist ruckzuck auf dem Tisch. Da lag es nur auf der Hand, dass ich mich dem Eis mit Roter Grütze (EUR 5) als Nachtisch mit eher verdauungsfördernder Muße widmete
-kopf.

Dortmund-Wambel, Wambeler Hellweg 131

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