Sonntag, 2. Januar 2022

Neujahrsessen 2022: Handgefärbte Sepia-Tagliatelle mit Jakobsmuscheln in Prosecco-Sahne-Sauce mit Bottarga und pinkfarbenem Radicchio


Das Jahr 2021, in den Medien gern auch als „Katastrophenjahr“ apostrophiert, endete für den Genießer rein einkaufstechnisch getreu diesem seinem Ruf. Die ursprüngliche Idee, zu Silvester im Gedenken an meine Oma eine Sülze herzustellen, scheiterte daran, dass der handwerklich arbeitende Metzger, bei dem ich das Fleisch dazu einkaufen wollte, zwischen den Jahren weder Eisbein noch Pfötchen hatte und auf die neue Schweinfleischlieferung im nächsten Jahr verwies. Irgendwelches Fleisch von irgendwem anderem wollte ich jedoch nicht verarbeiten, und so disponierte ich um. Nudeln gehen immer, dachte ich und erinnerte mich an ein Instagramfoto mit schwarzen Tagliatelle und weißen Jakobsmuscheln, das ich nachmachen wollte. Also machte ich mich auf den Weg zu einem großhandelsartigen Feinkosthändler auf dem Essener Großmarkt mit fantastischer Fischtheke, nur um da festzustellen, dass die frischen Jakobsmuscheln alle waren. (Die Säcke mit 50 Kammmuscheln aus dem TK-Schrank zu entsprechendem Preis waren keine wirkliche Alternative für den Hobbykoch). Schwarze Tagliatelle, die ich zur Vorsicht mitnehmen wollte, hatten sie auch nicht (nur Spaghetti), genauso wenig den gelben Radicchio Variegato di Castelfranco mit den rosa Sprenkeln auch nicht, den ich als Salatbeilage machen wollte (nur den flammenförmigen Radicchio Trevisano Tardivo, immerhin).

Flammenartiger und pinkfarbener Radicchio

Frustriert begab ich mich also in meinen Standard-Supermarkt in Bochum, und siehe da, ich wurde angenehm überrascht. Zwar hatte ich keine Lust, die Schrumpel-Kammmuscheln an Frischfischtheke zu kaufen (vergl. hier), doch in der Tiefkühltruhe fand ich welche in verbraucherfreundlicher Packungsgröße, die, sachgemäß aufgetaut, einigen Genuss versprachen. Und an der Gemüsetheke leuchtete mir pinkfarbener Radicchio Ros a del Veneto entgegen, eine Sorte, die ich im Ruhrgebietshandel noch nie gesehen hatte. Übrigens ist diese Sorte nicht wirklich neu, im Veneto und Nordamerika gibt es sie schon lange.

Mit Sepia-Tinte schwarz gefärbter Nudelteig wird ausgerollt..

...und in Streifen geschnitten zum Antrocknen aufgehängt.

So stand einem zugegebenermaßen etwas schrägen Neujahrsessen nichts mehr im Wege. Die schwarzen Tagliatelle stellte ich selbst her, in dem ich einen Nudelteig aus 200 g Mehl und zwei Eiern mit einem Briefchen Sepiatinte verknetete (ich hatte zum Glück genug Silikonhandschuhe im Haus). Für die Sauce griff ich auf ein altes Rezept von Johann Lafer aus Wein, Sahne und Trüffel zurück (klick hier), bei dem ich allerdings die Trüffel durch Bottarga, den getrockneten Rogen der Meeräsche ersetzte. Als Wein kam der pinkfarbene Prosecco zum Einsatz, dessen schwülstige Flasche mir bereits schon vor einiger Zeit als Fotomodell diente (klick hier) und wunderbar zum rosafarbenen Radicchio der Deko passte. Ob 2022 so ein dekadent-eleganter Gericht verdient?




Rezept: Handgefärbte Sepia-Tagliatelle mit Jakobsmuscheln in Prosecco-Sahne-Sauce mit Bottarga und pinkfarbenem Radicchio

2 Portionen

Sepia-Tagliatelle:
200 g Pasta-Mehl
2 große Eier
1 Briefchen Sepia-Tinte
Etwas Wasser

Mehl durchsieben und mit den Eiern verkneten. Sepia-Tinte hineinkneten (Silikonhandschuhe verwenden). Wird der Teig zu trocken, ein paar Tropfen Wasser hinzufügen. Wird er zu feucht, Mehl hinzufügen. Auch nach dem Kneten wird der Teig marmoriert bleiben. In Frischhaltefolie wickeln und mindestens 1 Stunde im Kühlschrank ruhen lassen.
Teig in handliche Stücke schneiden, den Rest immer wieder in Folie wickeln, damit der nicht austrocknet. Teigstücke 20 Mal durch breiteste Einstellung der Nudelmaschine drehen, zusammenfalten und wieder durchdrehen. Bei dieser Prozedur wird der marmorierte Teig durchgefärbt. Nach und nach bis zur dünnsten Einstellung durchdrehen. Die entstandenen Teigbänder auf ein bemehltes Brett oder ein Stück Backpapier legen, einmehlen, locker aufrollen und die Rollen in 1,2 cm breite Steifen schneiden. Die entstandenen Tagliatelle aufrollen und zum Trocknen auf eine Nudel- oder Wäscheständer hängen.

Prosecco-Sahne-Sauce:
1-2 Schalotten
1 Knoblauchzehe
1/8 l Gemüse- oder Hühnerbrühe
1/8 l Prosecco oder Weißwein
1/4 l Sahne
Pfeffer, Salz
Rapsöl

Schalotten und Knoblauch sehr fein würfeln. In Rapsöl glasig dünsten. Mit Brühe und Prosecco oder Weißwein ablöschen und auf die Hälfte einkochen lassen. Sahne hinzufügen und ebenfalls auf die Hälfte einkochen lassen. Mit dem Pürierstab pürieren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Jakobsmuscheln:
Pro Portion 4-5 Jakobs- bzw. Kammmuscheln
Etwas Mehl
Rapsöl
Pfeffer, Salz

Rapsöl in einer Pfanne erhitzen. Jakobsmuscheln leicht einmehlen und bei sanfter Hitze leicht braun braten. Pfeffern und salzen. Aus der Pfanne heben und warm stellen. Evtl. ausgetretenen Saft zur Sauce geben.

Anrichten:
Sepia-Tagliatelle
Prosecco-Sahne-Sauce
Bottarga
2-3 Blätter Radicchio Rosa del Veneto Sepia-Tagliatelle in Salzwasser in 3-4 Minuten gar kochen. Abgießen und mit etwas beträufeln, damit sie nicht zusammenkleben.
Auf vorgewärmten Tellern einen Spiegel aus Prosecco-Sahne-Sauce verteilen. Jakobsmuscheln und Tagliatelle darauf anrichten.
Mit ein paar Tropfen Sauce beträufeln. Bottarga darüber reiben. Radicchio in kleine Stücke zupfen und über die Teller streuen.

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