Mittwoch, 18. Juli 2007

Aus dem Archiv: Hugenpoettchen - Deftiges, fein gemacht

Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus 2007/2008".
Das Schlosshotel Hugenpoet steht unter neuer Leitung. Das Restaurant firmiert heute unter dem Namen "Bistro in der Remise".

Schloss Hugenpoet, das kleine, aber feine Hotel in Kettwig, steht für Luxus schlechthin. Seit Herbst 2006 ist das Haus zwischen der Dienstleistungsmetropole Essen und der Landeshauptstadt Düsseldorf Mitglied der Vereinigung „The Leading Small Hotels of the World“, die vor allem internationalen Geschäftsreisenden exklusive Unterkünfte in aller Welt vermittelt. Wer schon einmal im schmucken Garten des allerliebsten Schlösschens oder auf der Terrasse des hauseigenen Gourmet-Restaurants „Nesselrode“ entspannt den Kopf in den Nacken legen durfte, weiß auch, warum. Alle fünf Minuten kann er am blauen Himmel über der Ruhr einen Flieger in die Einflugschneise des nahen Düsseldorfer Airports einschweben sehen, der potentielle und potente neue Gäste bringt.

Um ein Stückchen von dem edlen Luxus, den Hugenpoet bietet, abzubekommen, reicht es, den Vorhof des barocken Schlosses zu betreten. Dort, in der ehemaligen Remise, ist im eleganten Landhausstil das Zweitrestaurant Hugenpoettchen untergebracht, das zu durchaus zivilen Preisen eine bodenständige Küche mit gourmet-würdigem Aufwand auf den Teller bringt.

Der Jahreszeit entsprechend ging es bei unserem Besuch sommerlich-mediterran zu. Beim andalusischen Gazpacho (5,50 Euro), dem eiskalten Süppchen aus verschiedenen Gemüsen, gaben besonders die Gurken den erfrischenden Touch. Das pochierte Wachtelei als Einlage gab durch seinen Miniaturauftritt der rustikalen Vorspeise die typische Hugenpoet-Eleganz, umflort von den duftenden Aromen eines Thymiantoasts. Unsere zweite Vorspeise, gebratene Wachtel auf lauwarmen Linsengemüse
mit Kürbiskernvinaigrette (8,50 Euro), war eine wunderbare kleine Köstlichkeit. Besonders von den süß-sauren, durch das Kürbiskernöl in ihrer Nussigkeit unterstützten Linsen hätte ich gern mehr gehabt.

Deftig gaben sich die Hauptspeisen, doch auch das wurde durch die die Präsentation auf dem Teller elegant konterkariert. Der gefüllte Schweinefuß (16,50 Euro) war ein hübscher delikater Turmbau aus Scheiben von italienischem Zampone und mit Knoblauch aromatiserter Polenta auf dem Bett einer Ratatouile, bei der die Gemüse so fein gewürfelt waren, dass sie zum Garen kaum in der Pfanne liegen mussten und so ihr volles Aroma erhalten konnten. Hauptspeise Nummer Zwei, Saltimbocca von der Kalbsleber mit gebackenen roten Zwiebelringen und Kartoffel-Lauchpüree (17,50 Euro), war ein überzeugende mediterrane Variation eines Gerichtes, das meine Mutter früher oft gemacht hat – nur, dass sie Schweineleber nahm und diese auch nicht mit Salbei und luftgetrocknetem Schinken aromatisierte.

Die Nachtische, gratiniertes Erdbeer-Basilikumparfait
mit marinierten Erdbeeren und Vanilleschaum (5,50 Euro) und Aprikosentarte mit Thymian gebacken, weißes Schokoladensorbet und Aprikosenbrandyschaum (6,50 Euro), überzeugten dadurch, dass sie sich in ihrem ausgewogenen Süße-Säure-Spiel nicht an den durch den in der Kindheit durch billige Süßigkeiten verdorbenen Gaumen wandten, sondern an einen Erwachsenen, der gut und gerne mit Verstand verkostet.
-kopf

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