Sonntag, 29. Juli 2007

Aus dem Archiv: Jagdhaus Schellenberg - Essen mit Aussicht

Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus 2007/2008".
Die Küchenleitung hat heute (2024) Marc Wimper.


Selbst bei Regen ist die Aussicht aus dem Biergarten vom Jagdhaus Schellenberg atemberaubend. Die schweren Tropfen, die auf die Tischplatten fallen, bilden beim Emporspritzen tulpenartige Kelche, und dennoch wird die Sehnsucht, an einem der Tische direkt am Terrassenrand zu sitzen und eines der nachmittäglichen Ferienangebote wie Kaffee und Kuchen oder kleine Speisen zu genießen, immer größer. Zwischen himmelhohen Bäumen glänzt von tief unten neblig-grau der Baldeneysee herauf, und man fragt sich: Sommer, wo bist du?

So melancholisch wie das Wetter draußen, ist die Stimmung hinter den Scheiben des Wintergarten-ähnlichen Anbaus des repräsentativen Fachwerkhauses ganz und gar nicht. Zahlreiche Geschäftsleute und andere Gäste nehmen zur Mittagszeit das Angebot des rasch servierten Business Lunch wahr, ein zweigängiges Menü wie etwa Crèmesüppchen von Zuckerschoten mit Buttercroûtons, in Knoblauch und Rosmarin gebratene Lammhüfte mit Flageolet-Bohnen und Gnocchi und Kaffee für 19,50 Euro. Noch schneller ist das Quick Menü auf dem Tisch, ein Tellergericht wie etwa in Kräutern geschmorter Kalbsbraten mit Backpflaumensauce, glasierten Kohlrabi und gebratenen Drillingen für 9,50 €. Doch selbstverständlich lässt sich auch mittags wie abends à la carte essen.

Küchenchef Andreas Mattern pflegt eine kreative Frischeküche, die sich munter und cross over bei allen möglichen Einflüssen bedient. Regionale, mediterrane oder orientalische Spuren lassen sich erkennen, und alles ist schön mit den aromatischen Kräutern gewürzt, die im Gärtchen vor dem Haus gezogen werden. Die Teller sind so fröhlich und appetitlich angerichtet, dass auch bei trübstem Wetter die Stimmung sofort steigt. Ich jedenfalls hatte meinen Spaß an der Stielmuscrèmesuppe mit gebratener Blutwurst (6,90 Euro), die mir als eine süß-pikante Variante jenes heimischen Grünzeugs erschien, mit dem in früheren Zeiten Generationen von Kindern die Lust auf Gemüse verleidet wurde, das heute aber eine delikate Renaissance erlebt. Die in Vanille geschmorte Kaninchenkeule mit Gemüse-Cous-Cous und Minimais (17 Euro) versetzte mich aromareich in die Märchenwelt von tausend und einer Nacht. Das weiche, cremige Fleisch in der Gelben Vanillesauce kam fast sahnig daher, zusammen mit dem Cous-Cous musste ich beinahe an Hühnerfrikassee denken. Noch orientalischer lag mir zum Dessert das Sorbet von dunkler Schokolade und Olivenöl auf marinierten Beeren und Minzgelee (7,90 Euro) auf der Zunge, sicherlich wegen der Minze. Auch was beim Lesen der Speisekarte noch stutzig machte, erwies sich beim Essen als bittersüßer Genuss. Die dunkle Schokolade und das Olivenöl waren eine bei aller Erdigkeit eine himmlische Kombination.
-kopf

Essen-Stadtwald, Heisinger Str. 170a
Fon 0201. 437870
Mi-Sa 17.30-0.00 Uhr, So 12-22 Uhr, Mo, Di Ruhetag. 

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