Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus 2008/2009".
Das Restaurant gibt es nicht mehr.
Die Terrasse des heimeligen Fachwerkhauses ist ein wahrer Garten der Glückseligkeit. Alte Bäume beschatten die Kiesfläche, die sich märchenhaft im Unterholz des Heissiwaldes verliert, und frühmorgens, so stelle ich mir vor, wenn kein Gast mehr da ist und die Belegschaft des Hauses schläft, halten an den nostalgisch gebraucht wirkenden Tischen und Stühlen Zwerge und Elfen ein Picknick. Welch ein Glück, dass die Wolfsbachquelle nicht an den gängigen Routen des Fahrradtourismus liegt. Dann herrschte hier im Sommer bestimmt ein höllischer Betrieb und das Essen wäre schlecht. Stattdessen trifft sich hier jene Nachbarschaft aus den schmucken Bredeneyer Einfamilienhäusern der Umgebung, die beschlossen hat, dass heute einmal die heimische Küche und der Gartengrill kalt bleiben. Dass es sich bei Regen oder im Winter in der rustikalen Gaststube auch gemütlich sitzen lässt, ist dabei selbstverständlich.
Es ist die so erfolgreiche Mischung aus entschlackter deutscher Hausmannskost und mediterraner Urlaubsküche, die, raffiniert zubereitet wie in einem Pariser Bistro, nicht nur der Bredeneyer Klientel mundet. Zum Beispiel stehen in global-regionaler Eintracht Original Wiener Kalbsschnitzel mit Gurken-Kartoffelsalat (16,35 Euro) neben King Prawns in Knoblauch-Kräutersauce, Gemüse und Pesto-Ciabatta (14 Euro) auf der Karte.
Doch mich gelüstete mehr nach dem Kaninchenrückenfilet im Schinkenmantel mit Olivensenfsauce und Rosmarinkartoffeln (14 Euro), das mir als Hobbykoch, nach einem Rezept aus einem Pariser Bistro-Kochbuch zu Hause ähnlich zubereitet, schon manches Lob einbrachte. Und obwohl es nach einer alten Küchenweisheit daheim immer am besten schmeckt, konnte der professionell angerichtete Teller in der Wolfsbachquelle mehr als überzeugen, und die weltläufige Aromenvielfalt unterstrich nur, dass der Stallhase eigentlich ein traditionelles Ruhrgebietsessen ist. Ähnlich war es mit dem Rote-Bete-Carpaccio mit Ziegenkäse-Crostini (6,50 Euro) als Vorspeise, das in seiner süßlich-pikanten farbenfrohen Zartheit auf einen Italienurlaub einstimmte. Dabei gehört die Rote Bete, jedenfalls in eingelegter Form, genauso zum Standardessen der westfälischen Ruhrgebietler und ihrer aus Polen eingewanderten Mitbürger, wie die Ziege in früherer Zeit als Bergmannskuh aus keinem Stall einer Arbeitersiedlung wegzudenken war.
-kopf
Essen-Bredeney, Zeißbogen 33
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