Dienstag, 15. Juli 2008

Aus dem Archiv: Im Eichwäldchen - Am Ende der Welt

Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus 2008/2009".
Das Restaurant gibt es nicht mehr.


Wer noch in den Genuss einer klassischen humanistischen Bildung gekommen ist und des Lateinischen mächtig, weiß, dass quercus auf Deutsch Eiche bedeutet. Wer nicht, sieht wie ich im Internet nach und entdeckt dabei auch, dass Quercus der Name des neuen Bistros des Restaurants Im Eichwäldchen ist. Kleine exklusive Gerichte gibt es hier, etwa einen Burger vom Thönes-Natur-Rind mit Salat und handgeschnitzten Pommes frites (14 Euro) oder Reibekuchen mit Gewürzlachs und Limonencreme (kleine Portion 9, große 14 Euro). Doch wer sich von Essen aus auf den Weg an den südwestlichen Rand des Ruhrgebiets macht, wird diese Expedition wohl schwerlich wegen der kleinen kulinarischen Variante des Hauses unternehmen. Hier in Duisburg-Mündelheim hört die bekannte Welt schließlich auf; wenn man weiter fährt, fällt man von der Platte runter und landet in einer (übrigens ganz hübschen) Vorhölle namens Krefeld-Uerdingen. Der eigentliche Hades heißt dann Düsseldorf.

Das Eichwäldchen ist ein lauschiges Anwesen im modernen Bungalow-Stil mit einer idyllischen Terrasse an einem japanisch anmutenden Gartenteich im Grünen, in dem sich allerlei Goldfische tummeln. Wegen des kühlen Sommerabends und weil im Haupttrakt anscheinend eine Gesellschaft tafelte, wurden wir im Bereich des Quercus platziert, einem gemütliche Raum, der vom zwanglosen Kontrast des niederrheinischen Ziegel-Fachwerk-Imitats mit eleganten Perserteppichen und antiken Stühlen lebt. Doch auch hier durften wir selbstverständlich von der Haupt-Karte wählen.

Etwa 18 Vorspeisen, Hauptgerichte und Desserts, zum Teil zu zwei Menüs (4 Gänge 54 Euro, 6 Gänge 79 Euro) gebündelt, bildeten das Rückgrat der „großen“ Variante, die Peter Altgaßen und sein Küchenteam den Gästen bietet. Aus diesem Angebot stellten wir uns einen Querschnitt zusammen, der einen guten Überblick über die kreative, handwerklich ausgereifte Frischeküche des Hauses gab, bei der besonders die Kombination konträrer Aromen bestach. Beim gebackenen Ziegenfrischkäse im Blätterteig mit Koriandersaat, Honigsauce und Salat mit frischer Minze (11,50 Euro) hätte das Arrangement auf dem Teller vielleicht etwas liebevoller sein können, allein der Geschmack ließ nichts zu wünschen übrig. Die zweite Vorspeise war anscheinend von Carpaccio und Vitello Tonnato inspiriert. In Curry und Sesam marinierter hauchdünn geschnittener Thunfisch war mit Pinienkernsauce überzogen. Gekrönt wurde das Ganze von einem Zucchini-Tomatentörtchen, wobei die Gemüse ganz modisch zu einer Mousse verarbeitet waren (14 Euro).

Beim Hauptgang Nummer 1, einem Filet vom Pata-Negra-Schwein mit Zitronen-Kümmeljus und Bohnen (26 Euro), offenbarte sich die Qualität im Banalen. Schweinebraten ist sicherlich ein Gericht, das man zur Alltagskost zählen kann, doch vom spanischen schwarzen Schwein, das mit Eicheln gemästet wird, war er eine einzigartige Spezialität, zumal er mit der nötigen Muße saftig-rosa gegart war. Genauso die Seeteufelmedaillons in roter Ingwersauce mit Mangold und Estragonnudeln (28 Euro). In der Konsistenz herzhaft und fluffig zugleich, verband sich der Edelfisch mit den Aromen der Beilagen zu einem harmonischen Ganzen. Aus der gut sortierten Weinkarte hatten wir einen Diel de Diel gewählt, ein weiße Cuvée vom Schlossgut Diel, deren kräftiges Bukett zu Fleisch und Fisch gleichermaßen passte (35 Euro).

Die Desserts brachten dann ein Geschmackserlebnis, das genauso überraschte wie befriedigte: Feigensenf-Eis. Die auf den ersten Blick gewagte Kombination wurde als erfrischende Beilage zum gebackenen Gorgonzola mit Birne gereicht (9 Euro). Die Creme Brulée mit Tonkabohneneis und Früchten (9 Euro) war dagegen von klassischer Einfalt, mundete jedoch vortrefflich.

Die Reise an den Rand des Ruhrgebiets hatte sich voll gelohnt. Vielleicht war die Bedienung zu Beginn des Abends etwas unkonzentriert, stellte sie etwa die Teller einfach hin, ohne zu erklären, was das denn nun sei. Erst beim Hinausgehen wurde uns bewusst, dass es kein Amuse bouche gab, bei Restaurants dieser Preisklasse eigentlich eine Selbstverständlichkeit. War das auch das Ergebnis einer gewissen Hektik?

-kopf

Duisburg-Mündelheim, Im Eichwäldchen 15c
 

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