Donnerstag, 25. September 2008

Aus dem Archiv: Mölleckens Altes Zollhaus - Wechselbad der Gefühle

Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus 2008/2009".

Was sie in Mölleckens Altem Zollhaus gut können, sind gefüllte Nudeln. Jedenfalls waren die Büffel-Mozzarella-Ravioli in klarer Strauchtomaten-Essenz (7,80 Euro), ein Vorspeisen-Klassiker des Hauses, und auch die mit Ochsenschwanz gefüllten Teigtaschen eines Hauptgerichtes so gelungen, dass sie uns noch lange in guter Erinnerung blieben.

Doch der Reihe nach. Wenn drei Herren, der Passion wie der Profession nach dem guten Essen zugetan, einen kulinarischen Ausflug ins Essener Umland machen wollen, ist das kleine, traditionsreiche Hotel mit der schmucken Gründerzeitfassade an der viel befahrenen Duisburger Straße in Mülheim-Speldorf ein guter Tipp. Die alten Räumlichkeiten des Restaurants sind in modischen Apricot-Farben und komplementären Grüntönen modern renoviert, eine hübsche Gartenterrasse lädt zum sommerlichen Genuss an frischer Luft ein, und Thomas Mölleckens Frischeküche hat das Zollhaus über die Grenzen Mülheims bekannt gemacht.

Es ist das Los der „Essen geht aus“-Tester, im Frühsommer für ihre Testbesuche ausschwärmen zu müssen, und so wundert es nicht, dass wir auch hier einen zu dem überaus heißen Tag passenden mediterranen Einfluss entdeckten – die gelungenen Nudelkreationen sind ein Beispiel dafür. Neben den italienischen Inspirationen kam uns manches allerdings auch spanisch vor, bei den Vorspeisen etwa die gebratene Speckdattel als Tapas-Anleihe in den Frühlingssalaten mit Wachtelei (6,60 Euro) oder die Mousse vom Serranoschinken zum Spargelsalat mit gebratenem Jacobsmuschel-Garnelen-Spieß (11,50 Euro), ein Tribut an die Molekularküche des katalanischen Meisterkochs Ferran Adria. Was jedoch auch deutlich wurde, war die unterschiedlich perfekte Zubereitung der passend kombinierten Einzelteile. Beim Salat wäre etwas weniger Dressing mehr gewesen, die hoch verarbeitete Schinkenmousse erreichte nicht die Qualität des einfach gedünsteten wilden Spargels.

Diese Tendenz setzte sich bei den Hauptgerichten fort. Die Fleisch- und Fischzubereitungen waren auf den Punkt gebracht, während die Gemüsebeilagen, unentschlossen zwischen Julienne und Wok-Gemüse schwankend, etwas zu hart daher kamen, um noch als knackig bezeichnet werden zu können. So das mediterrane Pfannengemüse zu den schon gelobten Ochsenschwanz-Teigtaschen in kräftigem Balsamico-Rosmarin-Jus (17,20 Euro) oder der gebratene Fenchel zum Filet vom Nordsee-Kabeljau mit Rauchlachs (16,90 Euro), der in einer dessertsüßen Orangen-Senf-Sauce serviert wurde. Optisch ansprechend ergänzt wurde der Fenchel durch einige hellgrüne Stangen von wildem Spargel und dunkelgrüne zweigartige Algen, die allerdings eine unpassend salzige Note mitbrachten. Rundum gelungen waren die Kalbsröllchen auf jungem Wirsing in Morchelrahmsauce und geschabten Spätzle (19,20 Euro), eine Gaumenschmeichelei an Geschmack und Konsistenz.

Die gut sortierte Weinkarte, die uns als Speisengeleiter einen kräftigen badischen Grauburgunder und einen weichen spanischen Tempranillo bescherte, und der jugendliche Elan des Kellners, der den wiederholten Spurt zwischen Küche und Teerasse lässig als sportliche Herausforderung meisterte, sorgten über das Essen hinaus für einen amüsanten Abend, der in einem heftigen Sommergewitter seinen Abschluss fand. Versüßt wurde uns der Wolkenbruch durch zwei hinreißende Desserts, die auch für drei reichten: ein Erdbeer-Ingwer-Sorbet von süßer Schärfe mit Rhabarbersirup und prickelndem Prosecco aufgefüllt (7,50 Euro) und ein schon herbstlich anmutender warmer Aprikosenschlupfer mit geeister Mousse von der Santo Domingo Schokolade mit roten Pflaumen (6,90 Euro), eine herbe Verführung.

-kopf

Mülheim-Speldorf, Duisburger Str. 239
Fon 0208. 50 34 9
Di-Fr 12-14 & 18-22, Sa 18-22 Uhr, So 12-14 Uhr. Mo geschlossen.
https://www.moellecken.de/