Kulisse im Stummfilmklassiker "Metropolis".
In der Stahlwerkszeit, bis 2001, betrieb hier Rolf Kozuch fast 30 Jahre lang ein Feinschmeckerlokal, in dem wir damals noch jüngeren Stadtzeitungsredakteure die französische Küche entdeckten, als wir uns erstmals als Restaurantester versuchten. Doch noch Kozuch konnte kein neuer Pächter Fuß fassen. Ob das ausschließlich am persönlichen Unvermögen der jeweiligen Betreiber lag, sei einmal dahin gestellt. Ausschlaggebend war eher, dass das Gelände ringsum für fast ein Jahrzehnt zur Riesenbaustelle wurde. Hoesch wurde abgewickelt und an die Chinesen verkauft, die die Hochhöfen demontierten um sie in China wieder aufzubauen. Um die entstandene Brachfläche wiederzubeleben, entwickelte man in Dortmund erstaunlichen städteplanerischen Mut. Ein Großteil des Geländes wurde mit Wasser geflutet und zum heute schon legendären Phoenixsee umgewandelt, an dessen Ufern in rascher Folge Büro- und Wohnbauten in bester Lage emporwuschen und den Stadtteil radikal veränderten.
Betreiberin Daniela Heller mit ihre Mannschaft aus Küche und Service
Gastronomisch konnten sich am Phoenixsee bisher aber nur System- und Imbiss-Restaurants durchsetzen. Für kulinarische Klasse im Quartier sorgt fast ausschließlich Thomas Rödel mit seinem etwas abseits gelegenen „Kochlokal“ (klick hier). Doch jetzt gibt es wieder Mitstreiter, denn das lange brachliegende Treppchen hat Daniela Heller mit Unterstützung ihres Lebensgefährten Oliver Schwanke übernommen. Nicht nur Dortmundern sind die beiden aus Kirchhörde bekannt, wo sie lange Zeit die Dimberger Glocke betrieben.
Kneipe, Bistro, Bauernstube
Feines Landhaus mit Kamin
Das Treppchen haben sie aufpoliert, ohne die anheimelnde Atmosphäre zu verändern. Der Eingangs- und Tresenbereich ist wie schon immer eine gemütliche Mischung aus Kneipe. Bistro und Bauernstube, der „Saal“ und ein wintergartenähnlicher Anbau mit Kamin sind wie ein feines Landhausrestaurant eingerichtet. Herzstück des Ganzen ist ein historisches Kneipenzimmern mit biedermeierlichen Fresken samt seltsamen Inschriften sowie kostbaren Ledertapeten an der Wand sowie ein wieder instandgesetzter Gewölbekeller. Dass es rundum ein großes Biergartenareal gibt, wird sich im Sommer hoffentlich auszahlen.
Für die feine, handwerkliche Frischeküche sorgen die beiden Köche Kevin Ulrich und Denis Funke. Die Speisekarte soll alle zwei Wochen wechseln, mit Gerichten, die der Genießer gern als „urbane Landhausküche“ beschreibt, traditionell geerdet, aber auch offen für überraschende Experimente.
Funkeln im Gewölbekeller: heute mal Rhabarbernektar
Die Eröffnung am 18. Oktober war bei den Gästen jedenfalls ein großer Erfolg – wenn das Dortmunder Ordnungsamt nicht ordentlich Essig in den Wein geschüttet hätte. Einen Tag vor Eröffnung teilte man nämlich mit, dass die Alkoholausschank-Konzession nicht erteilt werden könne. So gab es zur Einstandsparty Softdrinks statt Champagner, und auch auf dem Presseessen am folgenden Tag funkelte kein Rosé, sondern Rharbarbernektar in den Weingläsern. Der Genießer hofft, dass die Unstimmigkeiten bald beseitigt sind.
Hier die schönen Gerichte von der aktuellen Speisekarte, die der Presse gestern im Treppchen aufgetischt wurden.
Birnen-Feigensüppchen / Ziegenkäse / Brot
Mediterrane Herbstlichkeit
Geräucherte Seeteufelmedaillons / Apfelchutney / Lauchstroh
Gelungene Kombi, leider etwas zu kalt serviert
Die Saison auf dem Teller.
Hausgemachte Pasta / Waldpilze / Tomate / Parmesan
Einfach unwiderstehlich!
Wildschweinfilet / Polenta / Rosenkohl / Schokolade
Herbstlicher Gaumenschmeichler, zwei Fotos wert
Original Wiener Schnitzel / Bratkartoffeln / Salat
Der Klassiker schlechthin.
Grießflammerie / Tonkabohne / Quitten / Nussbisquit
Ein Mahlzeit für sich. Im Hintergrund die historische Ledertapete.
Schokoladenlava / Feigen / Orange / Rotwein / Thymian
Perfektes Finish
Hirsch...
...und Hirsch
Zwischen rustikal und fein
UFO im Biedermeier
Na denn!
Treppchen 1763, Faßstraße 21, 44263 Dortmund-Hörde, Tel. 0231/28863431. Di-So ab 12 Uhr. Infos auf der Homepage und auf Cityrestaurants.
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