Dienstag, 5. Juli 2022

20 Jahre in Essen: Das edle türkische Restaurant „Tablo“

Yılmaz Doğan (im weißen Hemd) mit der rotbemützten Küchencrew und der Servicebrigade in der offenen Küche des Tablo

Zwölf Jahre ist es jetzt her, als wir von Slow Food Bochum im Rahmen der Kulturhauptstadt RUHR 2010 eine Menüreihe über die „Fünf Säulen der Ruhrgebietsküche“ veranstalteten. Das waren nach unserer Theorie die beiden „Stammessen“ Rheinisch und Westfälisch sowie - stellvertretend für die zahlreichen Zuwandererküchen - die drei „Gastmahle“ Polnisch, Italienisch und Türkisch. Denn diese Länderküchen, so unser Gedanke, haben die Essgewohnheiten der Menschen während der langen Industriegeschichte im Revier am meisten beeinflusst und verändert.

Sommerliche Atmosphäre im gut besuchten Tablo

Für jede dieser Säulen suchten wir uns ein typisches Restaurant im Ruhrgebiet als Partner, und für das Gastmahl Türkisch entschieden wir uns für das „Tablo“ in Essen. Acht Jahre zuvor hatte Yılmaz Doğan das Lokal in dem Geschäftshausblock auf der Huyssenallee eröffnet, wohl auch um zu zeigen, dass sich die türkische Küche jenseits aller Imbiss-Folklore für Fine Dining und Business Lunch eignet. Und das Konzept ging auf. Schon bald bekam das „Tablo“ als erstes türkisches Restaurant in Deutschland im „Gault&Millau“ 13 Punkte (klick hier), 2012 sogar 14. In der umgestalteten aktuellen Ausgabe des Restaurantführers von 2022, die nur noch bis zu fünf schwarze oder - für besondere Leistungen - rote Kochhauben vergibt, entspricht das einer schwarzen Kochhaube. So bildet das „Tablo“ heute gemeinsam mit den ebenfalls vom „Gault&Millau“ ausgezeichneten Restaurants „Paul’s Brasserie“ (französisch, klick hier) und „La Grappa“ (italienisch, klick hier) so etwas wie einen „Ein-Hauben-Triumvirat“ in der Nachbarschaft des Essener Südviertels (klick hier).

 
Unprätentiöses Fine Dining zwischen Wein und Kultur


Spezialität Fisch

Der Außenbereich

Zusammen mit dem 20. Jubiläum des „Tablo“ war das für Yilmaz Doğan anscheinend ein Grund, letzte Woche zu einem kleinen Pressemenü einzuladen. Als ich jetzt das „Tablo“ wieder betrete, kommt es mir so vor, als hätte sich kaum etwas verändert. Durch die gläserne Fassade zur Huyssenallee strömt wie damals das Tageslicht. Dezente Gemälde zieren die Wände und wirken genauso zurückhaltend wie die unprätentiösen, ohne weiße Tischwäsche eingedeckten Tische. Zahlreiche Weinflaschen signalisieren jedoch, hier geht es um kultivierten Genuss. Das hintere Viertel des Gastraumes umfasst nach wie vor die offene Küche, in der man der Köchecrew beim emsigen Werkeln zusehen kann. Davor wird in einer Glasvitrine jener frischer Fisch präsentiert, für deren Zubereitung das „Tablo“ so bekannt ist. Überrascht bin ich dann vom Untergeschoss. Der Raum, in dem wir vor 12 Jahren bewirtet wurden, glich damals einem schmucklosen Allzwecksaal. Heute ist er ein modern eingerichteter Gesellschaftsraum voll eleganter Pracht. Eine Ecke im Flur davor ist wie ein Weinkeller eingerichtet und zeigt, wohin die Reise des „Tablo“ gehen soll. Die Räumlichkeiten des ehemaligen Friseurladens nebenan werden gerade umgebaut. Hier will Yavuz Doğan Anfang nächsten Jahres eine Wein- und Champagnerbar eröffnen.


Moderner Chic im Gesellschaftsraum

2010 zauberten Yilmaz Doğan und sein Küchenteam für uns Slowfoodies ein Menü auf die Teller, das alle traditionellen Tugenden der türkischen Küche von der Raffinesse der Sultanspaläste bis zu der bodenständigen Einfachheit der Bergbauernhütte vereinte. (Zum Bericht von damals klick hier). Ich muss gestehen, dass ich die weitere Entwicklung des Restaurants nur auf der Gourmetmeile „Essen verwöhnt“ verfolgt hatte. So blieb mir das Menü im Gedächtnis, das uns 2015 bei der ersten Langen Tafel im Rahmen der Meile am Genussbereit-Tisch serviert wurde (klick hier). Dann waren es die „Kiymalı Mantı“, jene winzigen gefüllten Nudeln, die Bestandteil meiner persönlichen „Maultaschen-Challenge 2017“ waren (klick hier). Und natürlich die Wirsingroulade gefüllt mit Reis, Lamm, Maronen, Korinthen, Pinienkernen und Spargel, die mir 2018 so imponierte (klick hier), dass ich glatt versuchte, sie in vereinfachter Form zu Hause nach zu kochen (klick hier).

Unser Steinbutt wird präsentiert

Umso überraschter war ich, dass dieses Gericht als vegetarische Variante „Lahana ve Pazı sarması“ auch Bestandteils des Pressemenüs war, also immer noch state oft the art der Küche im „Tablo“ ist. Überhaupt glaubte ich, in dem Menü eine unbeirrbare Beständigkeit zu entdecken. Alle Gänge waren auf hohem handwerklichen Niveau zubereitet, als seien die roten Kochmützen, die die Küchencrew trägt, ein diskreter Hinweis für den „Gault&Millau“, es nicht bei der „schwarzen“ Haube zu belassen. Im besten Sinne traditionell kam der Reigen der Vorspeisenteller daher, z.T. in Zusammenstellungen, wie man sie in anderen türkischen Restaurants nicht bekommt, wie etwa das vegetarische „Pancarlı kısır“, ein Couscoussalat mit Roter Bete, Apfel und Granatpfel. Auch der Hauptgang „Adana Kebap ve kuzu file“, Adana kebap mit Lammfilet, war ein Gericht aus dem klassischen Portfolio der türkischen Küche. Wie ein Ausflug in die Kreativität des internationalen Fine Dinings nahm sich da die Kombination des Fischgangs aus, „Kaya mantarlı kalkan balığı“, Steinbutt mit Steinpilzen.

Sanft gewürzt z.B. mit Basilikum

Für die feine Art des Kochens steht auch die für die türkische Küche eher untypische Zurückhaltung beim Würzen. Chili-Schärfe und Knoblauch werden nur ganz dezent eingesetzt, und sogar der Salz-Einsatz kam mir manchmal recht diätetisch vor. „Unsere Kunden wissen das bei ihren Geschäftsessen sehr zu schätzen”, weiß Yilmaz Doğan. Und vor allem werden die Aromen der Weine, die im „Tablo“ zum Essen empfohlen werden, nicht erschlagen. Allein die türkischen Kreszenzen, die neben einer ausgesuchten internationalen Auswahl serviert werden, hätten das nicht verdient. 


Vorweg ein türkischer Champagner Côtes d‘Avanos - Méthode traditionelle von Kavaklidere


oder ein alkoholfreier Cocktail


Ein türkisches Menü
Tablo, 29.6.2022


Vorspeisen 


Weinbegleitung:
Sauvignon Blanc 2021 von Isabey
 
Weinbegleitung: KAV Narince 2018 von Doluca.

Aus der gleichnamigen fruchtigen autochthonen Rebe gekeltert.


Haydari
Joghurtpüree, Pfefferminze, Dillspitzen

Humus (vegetarisch)
Kichererbsenpüree mit gestoßenem Sesam

Antep ezme (vegetarisch)
Pikantes Tomatenpüree, Chili, Zwiebeln, Petersilie

Sıgara böreği
Blätterteigröllchen gefüllt mit Weißkäse und Petersilie
und
Sebze mücveri
Gebratener Gemüsereibekuchen, Käse


Patlıcan salatası (vegetarisch)
Auberginensalat mit Kräutern

Pancarlı kısır (vegetarisch.)
Couscous, Rote Beete, Apfel , Granatapfel


Zwischengang

Lahana ve Pazı sarması (vegetarisch)

Wirsing-Mangold-Roulade mit Reis, Maronen, Korinthen, Pinienkerne



Blumenkohlsuppe


Fisch

Weinbegleitung: Côtes d‘Avanos Chardonnay 2018 von Kavaklidere

Kaya mantarlı kalkan balığı

Steinbutt mit Steinpilzen


Zur Erischung

Limonsorbe

Zitronensorbet



Hauptgericht

Weinbegleitung: Pendore Öküzgözü 2017 von Kavaklidere
Öküzgözü, deutsch Ochsenauge, ist eine autochthone türlische Rotweintraube

Adana Kebap ve kuzu file
Adana Kebap und Lammfilet


Dessert

Dondurmalı künefe
Feine Kadayıfnudeln, Käse, Antep-Pistazien, Vanilleeis



Restaurant tablo, Huyssenalle 5, 45128 Essen. Tel. 0201/8 11 95 85. Mo, So und Feiertage 16.30-23 Uhr. Di-Do 12-23 Uhr. Fr 12-23.30 Uhr . Sa 16.30-23.30 Uhr. www.tablo-restaurant.de

Der Genießer bedankt sich für Einladung
Dank an Michael Alisch für die Organisation.


1 Kommentar:

  1. Einer der besten Küchen weit u breit auf Türkische Art! Das Meeres Angebot nicht zu vergessen !Top Service.kann nur empfehlen.

    AntwortenLöschen