Das Resurant gibt es nicht mehr. Heute (2024) befindet sich hier das Ristorante Lucente.
Auch südlich des Giradetzentrums erweist sich die Rüttenscheider Straße als Gourmetmeile par excellence. “raum.eins” und “Mörchens Eis” sind Schlemmeradressen unterschiedlichster Art; das “Mille Miglia” lockt seit anderthalb Jahren zum Genuss. Früher war hier ein Wäsche-Fachgeschäft traditioneller Art zu finden, heute herrscht italienische Eleganz vor.
Im Sommer drängeln sich mittags beschlipste Rüttenscheider Geschäftsleute an zwei Biertischen auf dem Bürgersteig, um sich kurz und knapp an Kleinigkeiten wie San Daniele-Schinken mit Mozzarella (EUR 7,70), einer Pizza Parmaschinken, Rucola e Parmigiano (EUR 8) oder Gnocchi Gorgonzola (EUR 6,50) zu laben. Etwas ruhiger und vor allem eleganter ist es jedoch drinnen. Cremefarbene Wände mit übergroßen Schwarzweißfotos von der namensgebenden Italien-Rallye und dunkles, geschmackvolles Holzmobiliar versetzen den Gast nach Mailand oder sonst wohin. Auf dem mit rotem Marmor belegten Bartresen imponieren eine “Brasilia”-Kaffeemaschine und eine aus den 30-er Jahren stammende Aufschnitt-Maschine. Auf großen Tafeln werden die Tagesangebote annonciert, meistens frische Fischgerichte. Davon bestelle ich mir eine Fischsuppe (EUR 7,50) und gebratene Sardellen-Filets mit Salat (EUR 7). Auf ein Glas Wein (EUR 4-5) oder gar eine Flasche (EUR 17-40) verzichte ich auf Grund der frühen Tageszeit und nehme mit einer 0,75-l-Flasche San Pellegrino vorlieb (EUR 4). Während ich die mächtige Portion Fischsuppe auslöffele, die als Mittagsmahlzeit vollständig ausgereicht hätte und etwa der Hummersuppe in der “Kluse“ in Sachen Reichhaltigkeit in Nichts nachsteht, und mich frage, ob sie nicht ein wenig zu salzig ist, kommt noch der Teller voll mit frittierten Sardellenfilets - ausgenommen und ohne Kopf, aber mit Schwänzchen, damit man zugreifen und daran knabbern kann.
Und plötzlich wird aus dem Routine-Testbesuch in geheimer Mission ein gelungener Klatsch-und-Tratsch-Ausflug. Denn am Nebentisch haben sich zwei attraktive Rüttenscheiderinnen niedergelassen, die natürlich sofort von Patron Lorenzo Ruffelo (“Il Giradino”, “La Fontaine”) charmant beflirtet werden, während der arme Barmann nicht nur hinterm Tresen alle Arbeit machen muss. Erst als Signor Ruffelo das Haus verlassen hat, beschweren sich die beiden Damen, dass die Fischsuppe zu salzig war - natürlich beim Barmann. Das ist Wasser auf die Mühlen des Schwerstarbeiters. Am Anfang hätten sie ja noch einen guten Koch gehabt, den aber entlassen müssen, weil sein Lebenswandel den guten Ruf des Hauses geschädigt hätte, gesteht er den Damen, die aufmerksam zuhören. Jetzt seien zwei junge Burschen in der Küche zu Gange, die unkonzentriert seien und so gar nicht den Qualitätsansprüchen genügen würden, die er bei seiner Ausbildung bei großen Hotelkonzernen kennen gelernt hat. Dass Essen sei jetzt mal so und mal so. Er sei froh, dass er bald seinen eigenen Laden aufmachen könne. Wo der denn sei, wollten die interessierten Damen wissen. Nun ja, gestand der Mann, es würde kein Restaurant, sondern ein Fachhandel für Aquarienfreunde.
Dankbar für diesen unfreiwilligen Einblick hinter die Kulissen der Gastronomie denke ich, naja, da hat wohl die Fischsuppe in die Kategorie “mal so” gehört, während die Sardellen “mal so” waren.
Essen-Rüttenscheid, Rüttenscheider Str. 212