Dienstag, 12. Juli 2005

Aus dem Archiv: Da Daniele - Erinnerungen an ein Schweinekotelett

Der Text erschien erstmalig in "Essen geht aus 2005/2006".

Von außen prächtig anzusehen ist die imposante ehemalige wilhelminische Eckkneipe an der Steeler Straße in Essen, in der Daniele delle Vedove jetzt schon seit Jahrzehnten sein Ristorante mit fast unitalienischem Understatement führt. Manchmal muss man sich um die im Eingangsbereich aufgestapelten Weinkisten drängen, um in den großen Gastraum zu kommen. Der aus dem Venezianischen stammende Patron ist nämlich bekannt für seine Weine, darunter so exklusive Kreszenzen wie Barolo, Brunello und andere Supertoskaner.

Zur Mittagszeit ist kaum einer der edel eingedeckten Tische besetzt. Ob es daran liegt, dass es kein preiswertes Mittagsangebot gibt? Mir als Tester ist es jedenfalls recht, von der normalen Karte auswählen zu können. Die gibt einen Querschnitt durch die Gerichte der gehobenen italienischen Küche. Vorspeisen, Pasta, Fisch und besonders Fleisch in zahlreichen Variationen. Ein Schweinekotelett, das ich vor Jahren einmal ganz nature gebraten bei Daniele vorgesetzt bekam, gehört noch heute zu meinen kulinarischen Schlüsselerlebnissen. Auch eine kleine Anzahl an Pizze ist im Angebot, belegt allerdings mit ausgefallenen Zutaten wie Lachs oder Schnecken.

Die Aufschnittmaschine auf der Theke hat heute Mittag allerdings Siesta, und in der Antipastitheke stehen nur zwei Gläser in Gastronomiegebindegröße mit grünen eingelegten Peperoni. Unwillkürlich muss ich an eine alte Studentenmutprobe denken: Wer beißt in ein solches Ding, ohne dabei Tränen in die Augen zu bekommen? Die pikante Paprikaschote, die als kleiner Starter zusammen mit Brot, Kräuterbutter und Oliven vorab serviert wird, erweist sich dann jedoch als abgenehm mild. Dafür ist das Carpaccio (EUR 10), das ich als Vorspeise bestellt habe, wesentlich überladener. Vom Rot des rohen Rindfleisches ist zwischen lauter Parmesansplittern, Rucola und anderen Garnitur-Salaten kaum noch etwas zu sehen, und der Einsatz des Olivenöls scheint mir fast dazu zu dienen, die mangelnden Aromen des Fleisches zu überdecken. Ob der gute Maestro Cipriani aus Harry’s Bar in Venedig sich das so vorgestellt hatte, als er seiner Kreation den Namen eines Renaissance-Malers gab?

Die Kalbsleber mit Salbei (EUR 16) als Hauptgericht war tadellos, außen knusprig, innen zart, und konnte bei meiner Erinnerung an das Schweinekotelett mithalten. Zum Abschluss dann ein gemischtes Dessert (EUR 6), das die Vorzüge italienischer Konditorenkunst vorbildlich vereinigte. Gern hätte ich das Mahl mit einem der vielen ausgezeichneten Grappe beendet, nahm aber aufgrund der Tageszeit davon Abstand. Als ich Da Daniele verließ, war mir zwiespältig zu Mute. Lag es an mir oder am Laden? Als Mittagstisch war es jedenfalls zu teuer, als Abendessen zu früh.

-kopf

Essen-Huttrop, Steeler Straße 279/Hilgenborn 2,
Fon 0201. 27 27 11
Di-So 11.30-14.30 & 17-22  Uhr, Mo geschlossen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen