Donnerstag, 23. August 2007

Aus dem Archiv: Henschel - Nicht billig, aber ein Vergnügen

Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus 2007/2008".
Das Restaurant gibt es nicht mehr.


Es soll ja Köche geben, die glauben, gutes Essen habe etwas mit Fußball zu tun. Marco Henschel ist da jedoch ganz anderer Meinung. Auf die Fußball-WM ist er überhaupt nicht gut sprechen, und auch heute, beim Freundschaftsspiel Deutschland-England, bin ich gegen 19 Uhr der einzige Gast im Haus. Das schadet aber gar nichts, denn so kann ich mich der ungeteilten Aufmerksamkeit des charmanten Servicemannes erfreuen. Freundlich plaudert er aus dem Nähkästchen des ambitionierten Familienbetriebes. Seine Mutter Leonore steht mit viel Leidenschaft in der Küche, und wenn viel Betrieb ist, kommt seine Schwester zum Aushelfen. Bereitwillig zeigt er einen Topf mit dem kleinblättrigen Basilikum vor, das dem Hummersalat des Amuse bouche den letzten aromatischen Schliff gibt, oder bringt in Erfahrung, dass die Bisonlende, die Leonore Henschel mit Rotwein-Schalotten und Macaire-Plätzchen (38 Euro) zubereitet, frisch aus Kanada kommt – was ich innerlich ganz Winnetou-like mit einem lobenden „Uff uff“ honoriere.

Allein diese Auskunftsfreudigkeit hat den Ausflug nach Dorsten gelohnt, jener Gemeinde, die mit „Rosin“ und dem „Goldenen Anker“ die höchste Dichte an Sterne-Restaurants im Ruhrgebiet hat und mit dem Restaurant Henschel einen Top-Kandidaten für einen Stern. Was macht diesen Ort bloß zum Baiersbronn des Reviers?
Leonore Henschels Küche orientiert sich eindeutig an den Erwartungen, die man an den globalisierten Luxus der Sterneküche stellt. So findet man selbstverständlich Jacobsmuscheln (mit Langostinos auf einer Curry-Kokos-Crème, 19 Euro), Gänsestopfleber (als Terrine mit Aprikosen, 19 Euro), oder Valrhona-Schokolade zum Dessert auf der Speisekarte, und die Weinkarte wartet mit großen Namen von Diel bis Gaja auf. Preislich spielt das Restaurant sowieso in der ersten Liga.

Aber beginnen wir ganz von vorn. Als Vor-Amuse-bouche stellte mir Marco Henschel zwei Mini-Windbeutel mit pikanten Käsefüllungen auf den Tisch, um dann rasch den eigentlichen Gruß aus der Küche folgen zu lassen, eine Art Trilogie aus einer Hirschterrine (wunderbar ergänzt durch leicht mit Zimt abgeschmeckte Preiselbeeren), dem mit Basilikum verfeinerten Hummersalat und einem Paprikaschäumchen in der Espressotasse. Als Vorspeis hatte ich mir die bereits oben genannte Gänsestopfleberterrine bestellt, und das war auch richtig so. Handwerklich tadellos zubereitet, ergänzt durch eine in Pumpernickelkrümeln gewälzte normale Leberpraline und kandierte Aprikosen, war ein Gedicht. Selbst die Garnitur aus nicht gewürzten grünen Spargelspitzen hatte ein unnachahmliches Aroma. Ein Gläschen Chardonnay Beerenauslese 2005 von Karl Johner (0,1l 9,80 Euro) machte den Genuss perfekt. Allen politisch korrekten Skrupeln zum Trotz: Keine liebevoll gemästete Gans kann ein schöneres Schicksal haben, als in Leonore Henschels Küche zubereitet zu werden und dann über meine Zunge in meinen Magen zu gelangen.

Dann der Hauptgang: bretonischer Steinbutt mit dicken Bohnen auf Thymian-Rahm (32 Euro). Der Fisch war mit jener Sorgfalt gebraten, die seiner exklusiven Qualität als Wildfang gebührt, außen goldbraun, innen perfekt à point, weiß und saftig, von der Textur her in idealer Harmonie mit dem Thymian-Rahm-Kartoffelpüree. Die köstlichen dicken Bohnen waren verdauungsfreundlich von den Häuten befreit, eine überaus edle Zubereitungsart, die Freunden von deftiger Regionalküche allerdings nur ein Kopfschütteln bereitet. Lediglich die zu einem Päckchen zusammengebunden drei weißen Spargelspitzen sträubten sich eine wenig dagegen, von meinem Fischmesser zerteilt zu werden und ich musste sie ganz verschlingen. (Wo kam der Spargel eigentlich her, jetzt Mitte August?). Auch zum Hauptgang war Marco Henschels Weinempfehlung ein Treffer. Er goss den knackig mineralischen Riesling „Loess Gewanne“ 2006 von Schneider aus der Pfalz (9 Euro) immer wieder nach, was viel Freude bereitete. Zum Nachtisch probierte ich eine Käseauswahl vom Affineur Waltmann (ab 10,50 Euro), bei der mich besonders ein mit Walnusslikör aromatisierter Rohmilchkäse und ein Ziegenkäse mit Lavendel begeisterten.

So, wie mein Mahl begonnen hatte, endete es auch, mit einem überraschenden kleinen Gruß, diesmal aus der Patisserie. Zum Espresso (3,20 Euro) gab’s himmlischen Apfel-Quark-Kuchen.

Am Ende war ich froh und bereute nicht, dass ich das Fußballspiel Deutschland-England verpasst hatte, obwohl Deutschland mit 2:1 gewonnen hatte. Allerdings: Es wäre ein wesentlich billigeres Vergnügen gewesen.
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Dorsten-Holsterhausen, Borkener Str. 47

Mittwoch, 15. August 2007

Aus dem Archiv: Schönebecker Schweiz - Ein Haus voll Sonnenschein

Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus 2007/2008".
Das Restaurant gibt es nicht mehr.

Es gibt Restaurants, die sollte man unbedingt im Hellen besuchen, und die „Schönebecker Schweiz“ gehört unbedingt dazu. In fröhlichem Sonnengelb strahlt die Einrichtung das frisch renovierten alten Gasthauses im dörflichen Essener Stadtteil Schönebeck, und wenn an langen Sommerabenden die Sonne tief steht, schimmert das Laub der Bäume goldgrün durch die Fenster, die dann wie impressionistische Gemälde wirken. 

Diese Bilderbuch-Atmosphäre passt zur Karl Schirmachers südfranzösisch inspirierter Küche, als sei sie extra dafür geschaffen – und sie ist es auch. Bis zum Frühjahr hatte Schirmacher mit seiner Frau Roswitha den „Stop-Club vis à vis“ im innenstadtnahen Westviertel betrieben, der unter den Freunden der mediterranen Küche als Geheimtipp galt, bis die beiden das lieb gewonnene Domizil verlassen mussten. Doch der Umzug an den Stadtrand war ein Volltreffer. Zweimal stand ich vor dem gastlichen Haus und musste wieder gehen, weil alles besetzt war. Beim dritten Mal wollte ich reservieren, aber es war zum Wunschtermin nichts frei, und erst beim vierten Mal ergatterte ich am frühen Abend einen der hellen Holzstühle. Denn nicht nur die alten Stammgäste haben den Umzug mitgemacht, auch die Schönebecker sind vom neuen Gewand ihres alten Dorfgasthofs begeistert. 

Wohlweislich hat Karl Schirmacher das erfolgreiche Konzept seiner Küche nicht verändert. Mit verschiedenen Aktionen wie dem siebengängigen Tapasmenü (16,50 Euro), das nicht nur ein Potpourri von Vorspeisen aus Spanien, sondern auch aus anderen Mittelmeerländern bringt, monatlich wechselnden Saisongerichten oder dem Sonntagsmenü erfüllt er alle Urlaubssehnsüchte auf kulinarische Weise. Dass er die Duft- und Kräuterküche des Mittelmeeres aus dem Effeff beherrscht, zeigt er immer wieder. So war der Vorspeisenteller, den ich mir aus zwei kleinen Portionen von der Vorspeisenkarte zusammenstellen ließ, eine beglückend herzhafte Sache. Die gebratene Chorizo (2,80 Euro) war scharf wie die Sünde, und die französische Landpastete (3 Euro) herrlich abgeschmeckt. Pfiffig auch die Beilagen zum bretonischen Fischspieß. Das Linsen-Apfelgemüse war in Calvados geschmort, und das Couscous mit Minze orientalisch aromatisiert. Der Fischspieß selbst, eine Art Schaschlik aus verschiedenen Fischsorten, war tadellos gegrillt, doch leider entsprachen die weiteren maritimen Beilagen, die das Gericht rein optisch zu einem Augenschmaus machten, nicht ganz den Erwartungen, die sie erweckten. Die beiden Pfahlmuscheln waren zäh, und bei den ungeschälten Scampi war der Darm nicht entfernt. So sehr ich mich über den äußerst fairen Preis von 14,40 Euro für das Gericht freute – ich wäre bei der gelungenen Präsentation durchaus bereit gewesen, für edlere Zutaten ein paar Euro mehr zu bezahlen.

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Essen-Schönebeck, Schönebecker Str. 30

Freitag, 10. August 2007

Aus dem Archiv: Weinhaus an der Ruhr - Seltene Genüsse

Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus 2007/2008".
Das Restaurant gibt es nicht meher. Heute (2024) befindet sich hier das Tapasrestaurant Buena Vida.

Die Arbeit an „Essen geht aus“ macht besonders Spaß, wenn man beim Testen etwas zu essen bekommt, was man so noch nie gegessen hat. Letztes Jahr war das ein Dessert mit Pesto aus weißer Schokolade, diesmal Milchreis mit Paprika. Das heißt, so richtiger Milchreis war es nicht, sondern mit luftig geschlagener Sahne-Mousse aufgebauschte Kugeln aus süßem Reis, in die bunte Paprikastückchen eingerührt waren, als seien sie Zitronat oder so etwas. Ergänzt wurden die pikant-süßen Bällchen durch knackige Schoko-Pellets und eine Aprikosensauce.

Diesen überraschenden, leckeren Nachtisch (3,70 Euro) fand ich als Bestandteil eines der beiden dreigängigen Menüs (26 Euro, dazu gehörten noch Kaltschale mit Oliven-Crostini und Kalbsfilet mit Bohnen und Marsala-Sauce), die die Krönung der kleinen, aber feinen Speisekarte des Weinhauses an der Ruhr bilden. Als Hauptgericht hatte ich jedoch sizilianischer Rindfleischscheiben mit Salat (17 Euro) bestellt, ein Wahl, die ich nicht bereute. Selten habe ich so zartes und köstliches Fleisch auf dem Teller gehabt. Sollte es daran gelegen haben, dass es sich um Bio-Fleisch handelte?

Dabei legt der Weinhaus-Betreiber Rainer Freund gar nicht so großen Wert darauf, sein Haus als Restaurant zu betrachten, sondern er sieht es viel mehr als Weinstube, in der man auch gut essen kann. Über fünfzig Flaschenweine bietet er an, vom „Burkheimer Feuerberg“ des Badener Spätburgunder-Meiseters Bercher (24,50 Euro) bis zum „Clos du Caillou“ von der Rhone (21 Euro), und zwanzig glasweise wie etwa einen Chianti Riserva von Renzo Masi (0,2l 4,30 Euro), in dem ich wunderbare Trüffelaromen entdeckte. Dazu gibt es dann hübsche kleine Speisen wie Kalbsleber mit Äpfeln, Zwiebeln und Baguette (9,50 Euro) oder gebratene französische Blutwurst mit Speck-Kartoffelpüree (7,50 Euro). Aber auch Vegetarier kommen nicht zu kurz.

Bis vor Kurzem hat Rainer Freund das Café im Museum Folkwang betrieben, das zur Zeit jedoch teilweise abgerissen und für die Kulturhauptstadt 2010 durch einen Neubau ersetzt wird. Die schönen Räumlichkeiten mit der großen Terrasse an der Laupendahler Landstraße hat er auf Bitten des Hausbesitzers übernommen. Jahre lang waren sie Domizil eines In-Italieners „La Terrazza“ und standen nach einem Zwischenspiel als „Jedermann’s“ jedoch lange leer. „Das Weinhaus ist in Werden durchaus Stadtgespräch“, meint Rainer Freund. „Ich hoffe nun, das die Werdener jetzt auch als Gäste kommen!“
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Essen-Werden, Laupendahler Landstr. 11

Mittwoch, 8. August 2007

Aus dem Archiv: Gallo Nero im Alten Zollhaus - Die Menge macht’s

Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus 2007/2008".

Gallo Nero nennt sich ein Konsortium von Winzern im Chianti Classico, die sich vor etwa dreißig Jahren zusammengeschlossen haben, um ihre Weine über die Vorschriften ihrer Denomination hinaus gemeinsam zu verkaufen. Aber Italien wäre nicht Italien, wenn die Regeln, die gerade aufgestellt wurden, nicht sofort unterlaufen würden. So sind zahlreiche namhafte Chianti-Produzenten nicht im Konsortium, und unter dem Label mit dem schwarzen Hahn wird so mancher billige Discounter-Wein vermarktet.

Gallo Nero heißt auch das italienische Ristorante, das neuerdings in den hübschen Fachwerk-Räumlichkeiten des Alten Zollhauses am Anfang der August-Thyssen-Straße in Kettwig beherbergt ist. Bis letztes Jahr gab es hier einen mäßigen Spanier, doch der neue Laden hat sich schnell die Sympathien der Gäste erobert. Häufig sind die Tische reserviert, und die Stammgäste werden bereits mit Küsschen begrüßt. Die Fachwerkgemütlichkeit des Hauses ist nicht verändert worden, lediglich durch überbordenden Flohmarktkitsch charmant der barocken italienischen Lebensart angepasst. Dass sich das Haus den Namen eines Wein-Konsortiums gegeben hat, kommt nicht von ungefähr, denn er gibt sich auch als Feinkost- und Weinladen mit einer Auswahl von angeblich über 700 Weinen.

Das Ristorante gibt sich leutselig, großzügig und nobel. Elegant wird der Wein eingegossen, und einer Dame, der das Lammfilet in Salbeibutter-Sauce (16 Euro) zu zäh war, wurde umgehend ein Lammkarree all erbe (17 Euro) als Ersatz geliefert, auf dessen Tellerrand mit Sauce „Entschuldigung“ geschrieben war.

Bei meinem ersten Besuch hatte ich ebenfalls Lammkarree, aber in Chiantisauce, an dem nichts auszusetzen war. Außer, dass ich dazu keinen offenen Chianti bekam, was mich bei dem Namen des Hauses allerdings wunderte. Stattdessen gab es einen apulischen Sangiovese (0,2l 4,20 Euro), der nicht übel war. Etwas übertrieben schien mir die Behauptung, regionale italienische Küche zu bekommen. Die Karte, bzw. die Ankündigungstafel besteht hauptsächlich aus gegrilltem oder gebratenem Fleisch und Fisch, die meist durch die Saucen geschmacklich akzentuiert werden, wie zum Beispiel meine Fasanenbrust in Currysauce (14 Euro), die ich mir durchgebratener gewünscht hätte. Zahlreich auch die verschiedenen Pastagerichte. Die Spaghetti mit Muscheln (11 Euro) waren okay, vor allem, weil ich sie auch als halbe Portion als Vorspeise bekam (5,50 Euro). Als ich die Vorspeise Porcini Trifolate auf Rucola (8,50 Euro) bestellte, vergaß ich leider, auf einer halben Portion zu bestehen, und so bekam ich eine allzu üppigen Teller voll, und ich musste eine Menge des in einer köstlichen Sauce schwimmenden Rucola zurückgehen lassen.

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Essen-Kettwig, August-Thyssen-Straße 1
Fon 02054.125854
Mo-Sa. 17-1 Uhr, so ab 11 Uhr
http://www.gallonero-kettwig.de/

Montag, 6. August 2007

Aus dem Archiv: Hackbarth’s - Schöner Erfolg

Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus 2007/2008"
Das Restaurant steht sei 2023 unter neuer Leitung..


Es ist schon ein amüsantes Erlebnis, wenn Jörg Hackbarth bei seinen Kochkursen, die er regelmäßig veranstaltet, mit trockenem Humor die Geheimnisse des Profi-Kochens preisgibt: dass viele Zutaten in der Metro gekauft werden, dass die schönen Farben gewisser Fruchtdesserts durchaus mit Lebensmittelfarbe hergestellt werden, oder dass nicht nur Restauranttester, sondern auch Köche gern in Euphemismen sprechen: „Wissen Sie, was Kaninchenfond ist? Nein? Einfach klares Wasser.“ Doch dann zeigt er voll Stolz eine riesige Pfanne, in der echte Geflügelkarkassen und würziges Würzelgemüse langsam vor sich hinschmoren. „Daraus werden bei uns die Saucen gemacht“, sagt er.

Bereits seit 15 Jahren betreibt Hackbarth das Restaurant in der rosa Neubau-Villa mit der von hohen Hecken umschlossenen kleinen Gartenterrasse vor den Toren des Oberhausener CentrO. Mit Kreativität und Geschäftstüchtigkeit hat er es zu einem der beliebtesten Restaurants im Ruhrgebiet empor gekocht. Die lässige, ungezwungene Atmosphäre lockt abends Genießer aus der ganzen Region ins Haus, zu verschiedenen Aktionen oder ganz einfach zum fünfgängigen Überraschungsmenü (38 Euro). Mittags wird der Laden gern von Geschäftsleuten des umliegenden Gewerbegebiets besucht, auch ohne besondere Mittags- oder Business-Lunch-Karte. Denn Jörg Hackbarths Gerichte sind auch à la Carte bestellt schnell auf dem Tisch.

Witzige Kreationen, meist mediterran, häufig asiatisch und manchmal auch einheimisch inspiriert, stellt er zu Geschmackserlebnissen zusammen, die ein weltoffenes Publikum schätzt. Da gibt es z. B. mariniertes Thai-Gemüse zur Bauernente (9,50 Euro als Vorspeise) oder Fischstäbchen und Flusskrebse als Einlage in einer Sauerampfersuppe (6,50 Euro). Der Erfolg gibt diesem Konzept Recht, hat gelegentlich aber auch seine Schattenseiten. Es mag am Stress gelegen haben, dem die Küche mit den Vorbereitungen eines großen Caterings ausgesetzt war, dass mein mittägliches Menü beim Testbesuch nicht ganz hundertprozentig ausfiel. Das Mittelmeergefühl, das das Kaninchen Saltimbocca (also mit Schinken und Salbei gebraten) auf spanischem Gemüsesalat, Oliven und Balsamicojus (10,50 Euro) auf den Teller brachte, wurde dadurch gestört, dass einige der Gemüse Zimmertemperatur hatten, andere anscheinend direkt aus der Kühlung kamen; zur gelungenen Aromenentfaltung hätte ich es mir durchgängig lauwarm gewünscht. Die geschmorten Kalbsbäckchen auf Kartoffel-Vanilleschaum (17 Euro) waren mit zu strohig-hart frittierten Lauch-Juliennes garniert und es fehlte der weich-süßen Komposition der pikant-scharfe Kontrapunkt. Erst zusammen mit dem Rotwein Black Print, einer großartigen Cuvée französischer Trauben aus der Pfalz (0,1l 3,30 Euro), bekam die Sache den nötigen Pfiff. Versöhnlich dann der frische Abschluss, ein geeister Macchiato von exotischen Früchten (6,50 Euro), eine optisch farbenfrohe und geschmacklich belebende Milch-Erfrischung.

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Hackbarth‘s Restaurant. Im Lipperfeld 44, Oberhausen. 0208/22188. Di-Fr 12-14 und 18-23:30 Uhr, Sa 18-23 Uhr. Küche bis 21 Uhr. Sonntag und Montag Ruhetag. Reservierung empfohlen. www.hackbarths.de

Freitag, 3. August 2007

Aus dem Archiv: Ange d’Or Junior - Jetsettige Drag Queen

Der Text erschien in "Essen geht aus 2007/2008".
Das Restaurant gibt es nicht mehr.

Junior ist gut. Es muss wohl an die 15 Jahre her sein, seit Claude Huppertz sein „Ange d’Or“ mit großem Erfolg zu einem modischen Szenetreff der Reichen und Schönen umkonzeptionierte. Und so präsentiert sich das in die Jahre gekommene „Ange d’Or Junior“ heute noch als eine gut besuchte und noch besser erhaltene Drag Queen der Postmoderne. Ein spiegelig glitzernder Bartresen und schwarz lackierte Tische wie aus den 80ern, allerlei Popzitate an den im mittlerweile zeitlosen Terracotta-Orange gestrichenen Wänden und kesse, charmante Kellner (jung, männlich) dekorieren die Bühne für eine Bussi-Gesellschaft, die mit sichtlichem Vergnügen ihre prächtigen Cabrios oder bulligen Geländewagen um die güldenen Engels-Putten vor dem Haus parken. Der lockere Humor, der im Hause herrscht, wird bestens von einem Spruch auf Speisekarte dokumentiert: „Bitte keine Hunde, Handys, Pfeifen oder getrennte Rechnungen“. Rauchen darf man noch immer. Live kann sich diese Flappsigkeit dann so äußern. Als zwei Geschäftsleute am Nebentisch in der knappen Auswahl an offenen Weinen nichts finden, was ihnen geschmacklich zusagt, wird ihnen mit unwiderstehlicher Unverschämtheit geraten, doch eine ganze Flasche zu nehmen, da wäre die Auswahl schließlich größer.

Was Claude Huppertz auf die japanisch eckigen Teller bringt, ist so jetsettig wie die Warteschleifen, die die Flugzeuge des nahe liegenden Düsseldorfer Airports gelegentlich über dem Ruhrtal fliegen. Die Mischung aus Asiatischem, klassischen Zutaten der europäischen Edelküche und unkomplizierter Zubereitung wirkt wie ein Echo auf den globalisierten Luxus. Da kann man durchaus himmlische Highlights erleben wie etwa beim „Maguro Thunfischsteak“ (26 Euro, mit Zwiebelrotweinsauce und Gemüsenudeln), das „kross und roh“ serviert wird. Herrlich zart und saftig, nur auf einer Seite gebraten, das hat wirklich Weltniveau. „Perlhuhn Saté & Spring Rolls auf asiatischem Gurkensalat und Spicy Saucen“ als Vorspeise (13 Euro) versetzte uns in die prickelnde Atmosphäre eines Imbissstandes in den Häuserschluchten einer asiatischen Boomtown: erstklassige Frühlingsrollen, leckerzartes Fleisch, das leider nur schwierig von den Einweg-Holzspießchen herunter zu schneiden war, und (hoffentlich selbst gemachte) pikante Süßsauer- und Erdnusssaucen. Der kulinarische Ausflug ins alte Europa geriet teils-teils. Der „Zarenkuss, Tatar vom schottischen Wildlax (!) auf gerösteten Crostini und BabyLeaf Salaten (was wohl kleine Blätter heißen soll)“ (12,50 Euro) schmeckte dann doch etwas lax. Der Fisch reichte kaum an die Qualität des Maguro-Thunfisches heran, was die eher fade Marinade auch nicht überdecken konnte. Klassisch dann die eindeutig aromatisierten, „hausgemachten Taglierini à la crème mit Sommertrüffen“ (24,50 Euro), eine mächtige Angelegenheit, die es zum Glück auch als Medium-Portion (19,50 Euro) gab. Die Auswahl an Desserts war genauso knapp bemessen wie die der offenen Weine, für Freunde von Schokolade der Edelmarke Valrhona jedoch sicherlich ein Paradies. Immerhin, die Vanilleprofiteroles auf dunkler Schokoladensauce“ (7,50 Euro) waren tadellos, das Birnensorbet „Homemade“ (8,50 Euro, mit Poire Williams Obstbrand) schmeckte eindeutig nach Birne. Und dennoch: beim Amuse bouche zum Entrée, einem witzigen Stück gegrillter Weißwurst im Blätterteig samt chili-scharfem Kartoffelpüree zum Brot, hatte ich mehr Freude.

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Essen-Kettwig, Ruhrtalstr. 326/328

Donnerstag, 2. August 2007

Aus dem Archiv: Elsässer Stube - Elsass in Herne

Der Text erschien erstmalig in "Essen geht aus 2007/2008
Das Restaurant ist umgezogen und befindet sich jetzt /2024) in der Wiescher Straße in Herne.


Zugegeben, von Essen nach Herne zu kommen, ist gar nicht so einfach, da bündeln sich die Schwächen der Autobahnplaner und der ÖPNV-Streckenführung der Region beispielhaft. Ein schwacher Trost ist es in diesem Zusammenhang, dass man von Bochum aus in nullkommanichts da ist. Um die Elsässer Stube zu erreichen, braucht man bloß in die U-Bahn zu steigen und an der Haltestelle Kreuzkirche wieder auszusteigen.

Hier, nicht weit vom Westfälischen Museum für Archäologie, widmen sich in einem schönen, historischen Fachwerkhaus Gudrun und Herbert Kroll seit über 20 Jahren der Elsässischen Küche und haben sich so zur guten kulinarischen Stube von Herne entwickelt. Als zentrales Bekenntnis zu ihrer Lieblingsregion steht ständig das „Rustikale Elsässer Menü“ auf der Karte: Zwiebelsuppe mit Brotcroutons und Käse gratiniert, Choucroute Alsacienne, d.i eine Elsässer Sauerkrautplatte mit Kassler, Schweinebauch und Würstchen, dazu Röstkartoffeln und Apfelstrudel mit Vanillesauce. Seit Jahren schon kostet es 16,90 Euro, ein sensationelles Preis-Leistungs-Verhältnis, wie es in der Ruhrgebietsmetropole Essen sicherlich nicht zu halten wäre. Und auch die ausgesuchten Weine sind trinkfreudig kalkuliert. So kostet der Gewürztraminer von Hauswinzer Francois Schwach in Hunawihr 14,50 Euro die Flasche, der Riesling 16,50 Euro und der Tokay Pinot Gris 19,50 Euro. Da wünscht man sich, es gäbe eine direkt U-Bahn-Verbindung wie nach Bochum.

Wem die Elsässische Sauerkrautplatte zu deftig und zu schwer ist (und Herbert Kroll bereitet sie deftig zu), dem stehen, neben der vierteljährlich wechselnden Karte eine Auswahl von zwei weiteren preiswerten, französisch inspirierten Menüs zur Verfügung. Bei unserem Testbesuch, den wir an einem lauen Sommerabend an einem Tisch vor der Haustür verbrachten, ließen wir uns die tadellos ohne Chi-Chi zubereiteten Gänge schmecken: Gänseleberterrine mit Confit von roten Zwiebeln, Bressehuhnfilet an einer Curry-Mangosahne und Mangoparfait auf Himbeermark als „Drei Gang Gourmet Menü“ (23,50 Euro) und bunter Salat mit gebratenem Rotbarbenfilet, Jakobsmuscheln auf Blattspinat mit Béarnaise gratiniert, Passionsfruchtsorbet mit Marc de Muscat, Entenbrustfilet an einer Himbeeressigsahne und kleine Variationen aus Mousse und Parfait als „Schlemmer Menü“ (32,50). Das Bressehuhn machte seiner edlen Herkunft alle Ehre, die Rotbarben waren prima gebraten, allerdings wurden die Jacobsmuscheln mit Corail serviert, was nicht jedermanns Sache ist.

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Wiescherstraße 156, 44625 Herne
Fon 02323. 1 05 80
Mi-Fr: 17 - 23 Uhr, Sa 16 - 23 Uhr,So 12 -21.30 Uhr, Mo,Di geschlossen
https://elsaesser-stube.de/

Aus dem Archiv: Schote

Der Artikel erschien erstmalig im Restaurantführer „Essen geht aus 2007/2008“.

Beim Überfliegen der Tagestafel in der „Schote“ ging mir altem Karl-May-Fan das Herz auf wie das Crescendo in den Winnetou-Melodien des Filmkomponisten Martin Böttcher. Da war doch tatsächlich „Bison-Filet“ im Angebot. Das letzte Mal hatte ich dieses köstliche Fleisch des amerikanischen Büffels im Frühjahr bei Sascha Heitfeld hoch oben im Dortmunder Fernsehturm gegessen, und dann noch einmal im Weinrestaurant „Julius“ in Herne, als Hartmut Meimberg ein Karl-May-Menü gekocht hatte, zu dem ich – man verzeihe die Eigenwerbung – passende Texte aus den Gesammelten Werken Karl Mays vorgelesen hatte. Bis zu acht Pfund Bisonfleisch, so schwadronierte der alte Märchenerzähler vor 115 Jahren in seinem Buch „Winnetou I“, müsse ein alter Trapper vertilgen, nur um bei der einseitigen Westmannsernährung auf genügend „Kohlenstoff“ zu kommen; dass er dabei Unmengen von „Eiweiß zu sich nahm, musste im gleichgültig sein“. O sächsischer Lügenbold, wenn Du gewusst hättest: das kurzfaserige, also ungemein zarte Bisonfleisch ist äußerst gesund, hat so gut wie kein Fett, und das Eiweiß ist leicht verdaulich und cholesterinfrei.

Hans Klapdor von der „Schote“ bereitete es folgerichtig pur zu, als rosa gebratenes 200-Gramm-Medaillon, und der trotz der Fettarmut herzhafte Eigenschmack wurde nur von einer aromatischen, dünnen Pesto-Kruste unterstützt. Dazu gab es ganz klassisch Bratkartoffeln und einen gemischten Salat, ein Gericht also, durch das nicht nur Old Shatterhand, sondern auch Arnold Schwarzenegger groß und stark geworden ist. Dass ich am Ende die seltene Energiekost mit 28 Euro berappen musste – nun ja, Bison ist halt nichts für jeden Tag, aber als Sonntagsbraten auch dienstags jeden Cent wert.

Zusammen mit einem herrlich trinkreifen Merlot-Cabernet Sauvignon aus Südafrika (0,2l 7,70 Euro) war der kanadische Büffel ein unwiderstehlicher Ausflug in die Exotik, denn eigentlich ist die Küche der „Schote“ von einem regionalem Bewusstsein geprägt, das jedoch mit einem Schuss mediterraner und französischer Raffinesse aufgepeppt ist. Die schlanken Prosecco-Damen, die sich das kleine elegante Ecklokal im Herzen von Rüttenscheid zum Treffpunkt auserkoren haben, wissen das sicherlich zu schätzen. Kartoffeldippe mit Schinken oder Filetwürfel in Senf-Rübenkrautsauce mit Wirsing oder auch „Himmel und Erde“ als Amuse bouche haben beispielsweise einen rheinisch-westfälischen Einschlag, während meine Vorspeise von der italienischen Kochbuch-Fürstin Lorenza di Medici hätte stammen können: Wachtelbrust auf süßsauren Linsen (8,50 Euro). Wie beim Bison zeigte sich auch hier Heinz Klapdors Virtuosität bei der einfachen Zubereitung. Die zarte Wachtelbrust war rosa gebraten und zerging auf der Zunge, während die vermutlich in Rotwein mit Speck geschmorten Linsen mit Balsamico fein abgeschmeckt waren und mit ein paar Rucolablättern als Garnitur fast prickelnd ergänzt wurden. Das Rübenkrauteis mit Backpflaumen (6,50 Euro) zum Nachtisch erinnerte mich dann wieder an einen Ausflug an Niederrhein, wo ich die süß-herbe Eiskreation zum ersten Mal beim Ruhrgebietskoch Manfred Schulte im „Mühlenberger Hof“ gekostet hatte.
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Essen-Rüttenscheid, Emmastr. 55

Mittwoch, 1. August 2007

Aus dem Archiv: Sengelmannshof - Solide und verlässlich

Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus "2007/2008"

Es gibt Lokale, die man als Restauranttester ganz gern besucht, weil sie keine besondere Mühe machen. Das Essen schmeckt, der Service funktioniert, das Ambiente ist angenehm – einfacher kann man sein täglich Brot kaum verzehren und dabei noch Geld verdienen. Nur, wenn es dann ans Schreiben geht, wird’s schwierig. Worüber soll man berichten? Das alles so geblieben ist, wie es war, ist eigentlich keine Nachricht – selbst wenn es gut ist.

Den Sengelmannshof hatte ich vor drei Jahren das letzte Mal für „Essen geht aus“ getestet, und der diesjährige Besuch war wie ein Dèjá-vu. In der über sechshundertjährigen Geschichte des ehemaligen Bauernhofs mag diese Zeit nur ein Wimpernschlag gewesen sein. Nach wie vor liegt das renommierte Messe-Hotel inmitten eines Wohngebietes in der hügeligen Landschaft vor den Toren Kettwigs. Das Restaurant befindet sich immer noch im historischen Fachwerkhaus des Hotelkomplexes, ein liebenswert gestalteter Hof lädt zum Barbecue ein (zumindest, wenn der Sommer nicht verregnet ist), und im sog. „Rübenkeller“ geht’s beim Kegeln deftig zu. Augenblick mal, standen die Tische in dem durch Fachwerkbalken unterteilten Gastraum vor drei Jahren nicht etwas anders? Neinnein, ich muss mich irren.

Die professionelle, verlässliche Solidität, mit der Gisela und Reinhard Schriever das Hotel führen, setzt sich auch auf der Speisekarte fort. Eine moderne gutbürgerliche Küche wird dem Gast serviert, saisonal, deutsch, mit gelegentlichen Schlenkern ins Exotische und Mediterrane, die man zu Hause nicht unbedingt machen würde, die aber manchmal so gut schmecken. Eine gelungene Mischung aus handwerklicher Routine und präziser Küchentechnik. Also sitze ich auch dieses Jahr wieder zwischen verschiedenen Grüppchen von nicht mehr ganz jungen Herrschaften, die wissen, wie sie ihr ruhiges Leben genießen wollen, und tue mich an einer kleinen Portion saisonalem und mildem Matjestartar (6,80 Euro), an einer üppigen Portion regionalem und herzhaftem „Kettwiger Rostbraten“ (15,50 Euro, mit Röstzwiebeln, Bratkartoffeln und Salat), der in Hattingen allerdings auch „Hattinger“ und in Dorsten „Dorstener Röstbraten“ heißen könnte, und einem Rhabarberkompott mit Quark-Windbeutel und Vanilleeis (5,80 Euro) gütlich. Was soll ich viel darüber schreiben? Lecker war’s, wie immer.

-kopf

Essen-Kettwig, Sengelmannsweg 35,
Fon 0 20 54.9 59 70
Mi-Sa 17-23 Uhr, So 12-22 Uhr
(Küche 17-21 Uhr, So 12-14.30 & 17.30-21 Uhr)
Mo, Di geschlossen
https://www.sengelmannshof.de/

Aus dem Archiv: Banker’s Inn - Die Metropole Ruhr lebt

Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus 2007/2008".
Das Restaurant gibt es nicht mehr.

“Metropole Ruhr“ heißt das Schlagwort, unter dem sich das Ruhrgebiet zur Zeit als Wirtschaftsstandort vermarktet, und ein sichtbares Zeichen für die ökonomische Vitalität der Region ist sicherlich das eindrucksvolle Gebäude der Nationalbank am Bredeneyer Kreuz. Gleich dahinter befindet sich, nomen est omen, schon seit einigen Jahren das Banker’s Inn, eine Adresse, die mir schon öfters empfohlen worden war, die ich aber noch nie besucht hatte. Die Ausstattung, die mit ihrer schweren Holzvertäfelung an einen typischen englischen Club erinnert, und die Küche, gehoben, gepflegt und gut, all das müsse man gesehen und genossen haben.

Der Blick auf die Speisekarte im Internet überzeugte: Gebratene Blutwurst auf Beluga-Linsensalat, Gemüseremoulade (9,80 Euro), Venusmuscheln mit Pancetta und Pastinaken, Petersilienpesto (12,50 Euro), irisches Lachsfilet in Kokosmilch und Chili mit Stielmusgemüse (18,50 Euro) oder geschmorte Ochsenbäckchen auf Kohlrabi-Kartoffelragout (15,50 Euro) bildeten ein Vertrauen erweckendes regionales Gegengewicht zur immer globaler agierenden Wirtschaft mit internationalem Flair. Als dann der „Essen geht aus“-Chefredakteur auch noch betonte, es gäbe im Banker’s Inn einen prima Mittagstisch, ergriff ich eines Montags die Gelegenheit beim Schopfe stellte mich gegen 12.30 Uhr dort ein. Schön fand ich, dass ich im Hinterhof der Nationalbank sofort einen Parkplatz fand, befremdlich, dass trotz schönem Wetter die Terrassenstühle noch angekettet waren und die aufgestapelten Sitzkissen ihr Dasein hinter einer Fensterscheibe fristeten statt unter den Allerwertesten der Essener Wirtschaftselite. Hatte der Laden etwa zu? Doch da winkte mir ein aufmerksamer Kellner und lotste mich zum versteckten Eingang.

An der Theke hielt sich allerdings nicht der junge Sean Connery am Whiskytumbler fest, sondern zwei fröhliche Frührentner am kleinen Stauder, und ich wurde als einziger Gast in einen Souterrain-ähnlichen, aber tageshellen Nebenraum gesetzt; im Hauptraum wollte man kein Licht anmachen. Von hier aus hatte ich durchs Fenster die Bodenplatten des Hinterhofes auf Augenhöhe und hätte bei einem vorbeigehenden Mädchen prima die schönen Beine bewundern können wie einst Jean-Louis Trintignant in Truffauts Krimi „Auf Liebe und Tod“ bei Fanny Ardant, aber es kam keins vorbei.

Zum Mittagstisch (15 Euro) gab’s Hamburger Pannfisch, gebratene Lachswürfel mit goldigen Bratkartoffeln und einer Remouladensauce, die stilecht eine Senfsauce hätte sein müssen. Das war nahrhaft, leicht und lecker und machte mit der Tagesuppe vorher und dem Kaffee hinterher auch angenehm satt. Meine Stimmung hob sich besonders, weil der freundliche Kellner den ganzen großen Rest aus der Literflasche Riesling von Franz Keller (0,25l 4,80 Euro) nach und nach in mein Glas entsorgte. Endlich kam doch noch ein Pärchen zum Mittagessen, während dessen die Dame ganz business-woman-like per Handy ihren Dienstwagen vor die Tür bestellte. Ich konnte aufatmen: Die Metropole Ruhr lebt.

„Ist hier mittags immer so ein Betrieb?“, fragte ich beim Hinausgehen mit sardonisch hochgezogener Augenbraue. Nein nein, wurde mir gesagt. Normalerweise sei es voller, besonders abends.

-kopf

Essen-Bredeney, Bredeneyer Str. 110