Der Text erschien in "Essen geht aus 2007/2008".
Das Restaurant gibt es nicht mehr.
Junior ist gut. Es muss wohl an die 15 Jahre her sein, seit Claude Huppertz sein „Ange d’Or“ mit großem Erfolg zu einem modischen Szenetreff der Reichen und Schönen umkonzeptionierte. Und so präsentiert sich das in die Jahre gekommene „Ange d’Or Junior“ heute noch als eine gut besuchte und noch besser erhaltene Drag Queen der Postmoderne. Ein spiegelig glitzernder Bartresen und schwarz lackierte Tische wie aus den 80ern, allerlei Popzitate an den im mittlerweile zeitlosen Terracotta-Orange gestrichenen Wänden und kesse, charmante Kellner (jung, männlich) dekorieren die Bühne für eine Bussi-Gesellschaft, die mit sichtlichem Vergnügen ihre prächtigen Cabrios oder bulligen Geländewagen um die güldenen Engels-Putten vor dem Haus parken. Der lockere Humor, der im Hause herrscht, wird bestens von einem Spruch auf Speisekarte dokumentiert: „Bitte keine Hunde, Handys, Pfeifen oder getrennte Rechnungen“. Rauchen darf man noch immer. Live kann sich diese Flappsigkeit dann so äußern. Als zwei Geschäftsleute am Nebentisch in der knappen Auswahl an offenen Weinen nichts finden, was ihnen geschmacklich zusagt, wird ihnen mit unwiderstehlicher Unverschämtheit geraten, doch eine ganze Flasche zu nehmen, da wäre die Auswahl schließlich größer.
Was Claude Huppertz auf die japanisch eckigen Teller bringt, ist so jetsettig wie die Warteschleifen, die die Flugzeuge des nahe liegenden Düsseldorfer Airports gelegentlich über dem Ruhrtal fliegen. Die Mischung aus Asiatischem, klassischen Zutaten der europäischen Edelküche und unkomplizierter Zubereitung wirkt wie ein Echo auf den globalisierten Luxus. Da kann man durchaus himmlische Highlights erleben wie etwa beim „Maguro Thunfischsteak“ (26 Euro, mit Zwiebelrotweinsauce und Gemüsenudeln), das „kross und roh“ serviert wird. Herrlich zart und saftig, nur auf einer Seite gebraten, das hat wirklich Weltniveau. „Perlhuhn Saté & Spring Rolls auf asiatischem Gurkensalat und Spicy Saucen“ als Vorspeise (13 Euro) versetzte uns in die prickelnde Atmosphäre eines Imbissstandes in den Häuserschluchten einer asiatischen Boomtown: erstklassige Frühlingsrollen, leckerzartes Fleisch, das leider nur schwierig von den Einweg-Holzspießchen herunter zu schneiden war, und (hoffentlich selbst gemachte) pikante Süßsauer- und Erdnusssaucen. Der kulinarische Ausflug ins alte Europa geriet teils-teils. Der „Zarenkuss, Tatar vom schottischen Wildlax (!) auf gerösteten Crostini und BabyLeaf Salaten (was wohl kleine Blätter heißen soll)“ (12,50 Euro) schmeckte dann doch etwas lax. Der Fisch reichte kaum an die Qualität des Maguro-Thunfisches heran, was die eher fade Marinade auch nicht überdecken konnte. Klassisch dann die eindeutig aromatisierten, „hausgemachten Taglierini à la crème mit Sommertrüffen“ (24,50 Euro), eine mächtige Angelegenheit, die es zum Glück auch als Medium-Portion (19,50 Euro) gab. Die Auswahl an Desserts war genauso knapp bemessen wie die der offenen Weine, für Freunde von Schokolade der Edelmarke Valrhona jedoch sicherlich ein Paradies. Immerhin, die Vanilleprofiteroles auf dunkler Schokoladensauce“ (7,50 Euro) waren tadellos, das Birnensorbet „Homemade“ (8,50 Euro, mit Poire Williams Obstbrand) schmeckte eindeutig nach Birne. Und dennoch: beim Amuse bouche zum Entrée, einem witzigen Stück gegrillter Weißwurst im Blätterteig samt chili-scharfem Kartoffelpüree zum Brot, hatte ich mehr Freude.
-kopf
Essen-Kettwig, Ruhrtalstr. 326/328
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