Leider war das Cassoulet nicht hausgemacht, sondern man bezieht es von einem kleinen Familienbetrieb in Frankreich, wie Müller-Menden-Chefin Nicola Riese einräumte. Aber ob das wirklich ein Wermutstropfen ist, glaubt der Genießer nicht. Frankophile Genussfreunde wissen, wie großartig diese artisanalen Produkte sein können.
Aus dem Archiv:
Müller-Menden - Wie Gott in Frankreich
Natürlich bestellt man sich ein Cassoulet, wenn man diese Spezialität aus dem südfranzösischen Languedoc auf der Speisekarte eines bürgerlichen Restaurants im Ruhrtal findet – was denn sonst! Ein Cassoulet ist ein langsam im Ofen geschmorter Weiße-Bohnen-Eintopf, bei dem die entstandene Kruste immer wieder untergehoben wird. Fleisch ist natürlich auch drin und vor allem Würstchen, und richtig französisch wird es, wenn die Einlagen von der Ente stammen.
So war die Freude groß, als ich bei Müller-Menden nach dem etwas im Dressing ertränkten Salat mit gebratenen Pfifferlingen von der Tageskarte (13,90 Euro) die dampfende Schüssel mit den Bohnen hingestellt bekam. Oft genug war ich an dem traditionsreichen Ausflugslokal an der Mendener Straße in Mülheim, dessen Ursprünge bis ins Jahr 1772 reichen, vorbei gefahren. Den Namen hat es von dem beliebten Gastronomen Fritz Müller, der das Haus Anfang des 20 Jahrhunderts führte und – um Verwechselungen z.B. mit Herrn Müller-Thurgau zu vermeiden – den Namen seines Herkunftsortes an seinen Namen hängte. In den 1970er Jahren brannte das historische Gebäude ab, und so präsentiert sich das Gasthaus heute als wiederaufgebautes Fachwerkhaus, von dessen Parkplatz eine bunkerähnliche Einfahrt in eine Tiefgarage führt.
Hier französische Landküche zu bekommen, hätte ich nie gedacht, doch verwunderlich ist es nicht. Stephan Soutre, der zusammen mit Nicola Riese das Haus seit 2008 führt, stammt aus Frankreich und ist diplomierter Sommelier. So stehen Fischsuppe „Pêcheur d’Arcachon“ mit Croutons, Rouille und Käse (9,50 Euro), „Cuisse de canard confit“ (Entenkeule mit Bratkartoffeln, 12,90 Euro) und sogar Foie Gras von der Ente mit Landbrot (28 Euro) in holder Eintracht mit „Sauerbraten Rheinische Art“ (15,50 Euro) und Wiener Schnitzel (18,60 Euro) auf der Speisekarte. Und es gibt natürlich einen gut bestückten Weinkeller.
Die weißen Bohnen meines „Cassoulet au confit de canard“ sind von einer knusperbraunen Schicht Semmelbrösel überzogen und so zart, dass sie auf der Zunge zergehen. Dabei sind sie gar nicht mal besonders deftig gewürzt. Das Gläschen Cabernet Sauvignon aus dem Languedoc (4,80 Euro), das Stephan Soutre dazu empfohlen hat, sorgt für die nötige Säure. Das Fleisch des kleinen Entenschlegels, gebraten und als „confit“ im eigenen Schmalz konserviert, fällt vom Knochen, als ich daran klopfe. Ob das Entenwürstchen, das daneben in seiner Prallheit „Iss mich“ flüstert, hausgemacht ist? „Nein“, lächelt Nicola Riese verbindlich, „das gesamte Cassoulet bekommen wir fertig aus einem kleinen Betrieb aus dem Bordelais.“
Hm. Während ich das tatsächlich hausgemachte „Vacherin de
framboises“, ein deftiges Himbeersorbet mit Vanilleeis, krachendem Baiser und
Sahne (6,70 Euro), zum Dessert verputze, denke ich darüber nach, ob ich jetzt
enttäuscht sein soll oder nicht. Doch beim Preis von 14,50 Euro für das
Cassoulet komme ich zu dem Schluss: nein, das ist nicht nötig.
-kopf
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