Der Text erschien erstmals in "Duisburg geht aus 2015/2016"
Dass für manchen Gast der Besuch eines Restaurants noch so etwas wie ein Gottesdienst ist, konnte ich bei meiner Einkehr im Landaus Freesmann in Dinslaken erleben. Da beobachtete ich, wie ein ganz normales Paar mittleren Alters kurz bevor es sich über ein großes Schnitzelgericht hermachte die Hände faltete und gemeinsam ein kurzes Tischgebet sprach. Das hatte ich so noch nie gesehen.
Überhaupt ist das Landhaus Freesmann im dörflichen Dinslakener Ortsteil Eppinghoven durchaus eine gelungene Mischung aus Tradition und Moderne. Der Bau selbst stammt aus dem Jahr 1650. Heute wird das in elegant-mediterranem Landhausstil eingerichtete Restaurant mit angeschlossener Tapas-Kneipe von der Familie Ortmann betrieben. Steffen Ortmann hat das Kochhandwerk unter anderem auf Schloß Lerbach bei Dieter Müller gelernt, Inka Ortmann eine Service-Ausbildung im Nobelhotel Schloss Hugenpoet in Essen-Kettwig absolviert.
Blickt in die regional und mediterran geprägte Speisekarte, so hat man die Qual der Wahl. Wählt man nun aus der Kategorie „Landhausspezialitäten“ üppige Tellergerichte wie Hühnchenbrust in Ananas-Mango-Curry-Sauce (17 Euro) oder Wiener Schnitzel aus dem Kalbsrücken mit Preiselbeeren, Kartoffelpüree und Rahmkarotten (17,50 Euro), oder entscheidet man sich für das Menüangebot, bei dem man aus fünf Gängen auswählen kann (drei Gänge 28,50 Euro, fünf Gänge 39,50)?
Ich wähle ein Vier-Gänge-Menu (35,50 Euro), doch dem abwechslungsreichen Streifzug durch Steffen Ortmanns Frischeküche scheint ein wenig von Gottes Segen zu fehlen. In der eigentlich gelungenen Bärlauchsuppe mit gebackenen Kartoffelstreifen suche ich letztere vergebens, aber sie ist auch so mächtig genug. Nach diesem saisonalen Einstieg folgt ein mediterranes Zwischengericht, Trüffelgnocchi auf Blattspinat, beides leider kaum gewürzt und ohne Aroma. Der Hauptgang, Geschnetzeltes aus der Maibockkeule in Preiselbeeren und Portweinsauce, zeugt zwar von der Vorliebe des Hauses für Wild, ist aber wie ein eigenständiges Tellergericht portioniert und sprengt komplett die Menüfolge. Zwar esse ich das durchaus schmackhafte Fleisch auf, lasse aber die beiden Riesenrösti-Taler und den lieblosen Broccoli und Blumenkohl der Beilagen kaum angebissen zurückgehen.
Versöhnlich stimmt dann der Nachtisch, Erdbeermascarpone mit Püree aus frischen Erdbeeren und Vanilleeis. Und vor allem, dass der Empfangscocktails aus Prosecco, Passionsfruchtsirup und Granatapfelsaft, der mit 6,50 Euro auf der Karte ausgewiesen ist, bereits im Menüpreis inbegriffen ist. Völlig glücklich macht dann der Spaziergang auf dem nahen Rheindeich, der einen gewaltigen Blick auf den breiten Niederrhein und die Emschermündung bietet.
-kopf
46535 Dinslaken-Eppinghoven, Heerstraße 335
Fon 0 20 64. 7 00 06
Mi-So 11.30-14.30 & 17-23 Uhr, Di 17-22 Uh. Mo, Di geschlossen
https://landhaus-freesmann.de/
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