Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus 2006/2007".
Wussten Sie, dass das Café Sprenger eigentlich Café Fritsch heißen müsste? Denn schon seit Jahren haben die Inhaber das Café an die Familie Fritsch verpachtet, und Sprenger steht nur noch außen am Haus. Auf der Speisekarte und auf dem Verpackungspapier für Brot, Torten und Kuchen hingegen steht Fritsch – um die Kundschaft langsam an den „neuen“ Namen zu gewöhnen, wie mir die Bedienung nach Anfrage mitteilt.
Die Einschätzung, dass die Kunden des über 70 Jahre alten Traditionshauses keine radikalen Änderungen mögen, scheint richtig zu sein. Seit meinem letzten Testbesuch im ersten Haus am Stadtwaldplatz hat sich kaum etwas verändert. Immer noch taucht man in die braun getönten 70er Jahre, wenn man die Treppe zum Gastraum im ersten Stock erklommen hat. Die großen Fenster des gläsernen Erkers, der von außen wie ein Eisenbahnstellwerk aus den 60er Jahren wirkt und einst der Gipfel der Moderne war, taucht alles in ein gemütliches Licht. Nur die Frühstückskarte mit den 50er-Jahre-Vignetten kann ich diesmal nicht finden – was nicht heißt, dass man hier ab 6 Uhr morgens nicht ausgezeichnet frühstücken kann. Dafür bringen die gelblichen und goldumrandeten Porzellanaschenbecher der Firma Asbach frühkindliche Erinnerungen ans Werbefernsehen zurück. „Im Asbach Uralt ist der Geist des Weines“ steht da, und mir fällt sofort die exaltierte Aussprache des Sprechers ein, der damals diesen Spruch artikulierte. Den Ruheständlern, die hier zur Mittagszeit ein geradezu quirliges Leben verbreiten, scheint diese Atmosphäre recht gut zu gefallen.
Und so spreche ich wie sie mit großem Appetit dem täglichen Mittagstisch zu, der heute aus einem Schweinefilettopf mit frischen (!) Champignons, Spätzle und Bohnensalat (EUR 7,50) besteht und genauso zubereitet ist, wie Mutter es zu Hause auch machen würde. Als Zugeständnis an die neue Zeit gönne ich mir zum Nachtisch eine Latte Macchiato, die formvollendet mit einem Glas klarem Wasser serviert wird (EUR 2,40). Gut gesättigt entschließe ich mich, für den Tortentest ein Stückchen Arbeit mit nach Hause zu nehmen. Beim Schlangestehen an der Tortentheke kann ich mir den unteren Verkaufsraum ausgiebig ansehen. Links ist die Brottheke mit zahlreichen Spezialitäten wie etwa Senfsaatbrot, links eine Imbisstheke mit Nudel- und Kartoffelsalat, Frikadellen und Schnitzeln, und vor mir ein Schlemmerparadies aus Hefeteilchen, Nussecken, Obstkuchen und Sahnetorten. Ich kaufe mir ein Stück Trüffelbuttercrèmetorte (EUR 1,50), das später an der heimischen Kaffeetafel auf der Zunge zergeht.
-kopf
/torte.de/cafe_sprenger.html
Essen-Stadtwald, Frankenstr. 282
Fon 0201. 43 95 75 35
Di-Fr 9-18 Uhr, Sa, So 8-18 Uhr
Mo Ruhetag
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