Der Artikel erschien in "Essen geht aus 2018"
Ruckzuck waren die Termine Anfang März 2017 ausgebucht, an dem Axel und Thomas Stauder ihr Jubiläumsbier präsentierten. An zwei Abenden kamen jeweils 200 Bier-Fans in die Brauerei in Essen-Altenessen, um das „Jacob“ zu probieren. Benannt nach dem Ur-Ur-Großvater der beiden heutigen Chefs, abgefüllt in die nostalgisch anmutende bauchige Euro-Flasche, ist „das Bier stärker eingebraut als ein Pils“, erklärt Axel Stauder, als Diplom-Brauingenieur für die Bier-Entwicklung des Familienunternehmens zuständig. Es hat mit 5,6 Prozent deutlich mehr Alkohol als ein normales Bier, der Saphir-Hopfen verleiht ihm eine ganz feine Note und es sei, so Stauder, „am besten aus einem Weinglas zu trinken“.Ob eingefleischte Bierfans über diese Glaswahl den Kopf schütteln würden, sei einmal dahin gestellt. Namenspatron Jacob Stauder jedenfalls hätte sie nicht irritiert, kam doch sein Vater Theodor, der als Brauereigeselle und Fassmacher im Jahr 1867 in Essen eine kleine Hausbrauerei pachtete, aus einer bayerischen Winzerfamilie. Aus Bayern mit seinen langen Wintern brachte er auch die untergärige Brauweise mit, die kühle Brautemperaturen erfordert. Dass er damit im Ruhrgebiet, wo man wegen der wärmeren klimatischen Bedingungen bislang nur obergärig brauen konnte, reüssieren konnte, lag an dem Siegeszug der Technik. Denn mittlerweile war das Kühlaggregat erfunden, mit dessen Hilfe langlebige Biere von stabiler Qualität erzeugt werden können.
Jacob Stauder war es dann, der aus der Hausbrauerei seines Vaters das größte Bierunternehmen in Essen und Umgebung machte. Er verlagerte die Produktion auf ein eigenes Grundstück nach Altenessen, ließ das Unternehmen unter seinem Namen eintragen und versorgte die explosionsartig wachsende Zahl der durstigen Kumpel in der Region mit ihrem Lieblingsgetränk. Das funktionierte, trotz großer politsicher Umbrüche und zweier Weltkriege in Deutschland, bis in die 1970-er Jahre auch ganz gut.
Mittlerweile war es in der Hohle- und Stahlregion Ruhrgebiet zu einem tiefgreifenden Strukturwandel gekommen, der auch die Bier-Industrie der Region in Mitleidenschaft zog. Jacobs Urenkel, die Brüder Claus und Rolf Stauder, die mittlerweile die Geschicke des Unternehmens leiteten, fanden jedoch eine zukunftsweisende Lösung der Probleme. Sie verschrieben ihrem Produkt einen radikalen Imagewechsel, weg vom nahrhaften Kumpel-Lebensmittel hin zum edlen Genussmittel. Unter dem Slogan „Die kleine Persönlichkeit“ gelang es ihnen, Stauder Pils in ganz Deutschland in der gehobenen Gastronomie als exklusive Marke zu etablieren.
Seit 2005 leiten Claus und Rolfs Söhne, die Cousins Axel und Thomas Stauder den Betrieb. Den beiden gelang es, das mittlerweile exklusive Image von Stauder Pils zu festigen und vor allem wiederum für die Gastronomie im Ruhrgebiet nutzbar zu machen. In der Metropole Ruhr ist Essen mit seinen ausgezeichneten Restaurants das kulinarische Aushängeschild der Region schlechthin, und da ist die traditionsreiche Privatbrauerei eine logische Ergänzung. Aber auch die unverkrampfte, direkte Leutseligkeit, die die sich wandelnde Kneipenkultur im Ruhrgebiet auszeichnet, wird von Stauder gepflegt. Die regelmäßigen Besuche der Cousins in Essener Kneipen, bei denen sie höchstpersönlich ihr Bier an die Gäste ausschenken, sind von der gleichen herzlichkeit wie die Werbeanzeigen, auf denen Axel und Thomas Stauder mit viel Selbstironie ihrem Unternehmen ihr Gesicht geben.
Nicht nur mit dem Festbier „Jacob“ spiegelt sich im Produktangebot der Privatbrauerei Jacob Stauder die 150-jährige Tradition des Hauses wider. Neben dem Klassiker Stauder Pils gibt es unter dem Namen Stauder Ruhrtyp Hell auch ein nicht weniger klassisches Export-Bier, wie es die Kumpel in der Hochzeit von Kohle und Stahl getrunken haben. Und mit dem Hellen aus der Borbecker Dampfbier-Brauerei wird sogar die Tradition der Stern-Brauerei gepflegt, der anderen großen Essener Brauerei, die den Strukturwandel aber nicht überlebt hat.
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