Freitag, 22. Mai 2015

Aus dem Archiv: Renzis - Bayern oder Texas, das hier die Frage

Der Text erschien erstmals in "Duisburg geht aus 2015/2016"
Das Restaurant gibt esin dieser Form  seit 2022 nicht mehr. Seitdem betreibt Sven Nöthel auf dem Anwesen das Sterne-Restaurant "MOD".


Wenn man das Renzis in Duisburg-Baerl besucht, kommt man nicht umhin sich zu fragen, sind die Niederrheiner jetzt die Bayern oder die Texaner des Ruhrgebiets. Denn es gibt nur wenige gastronomische Locations wie den ehemalige Bauernhof an der Grafschafter Straße, die das sozio-kulturelle Ideal des bayerischen Biergartens in die Tat umsetzen, die volkstümliche amerikanische Burger- und Steak-Küche mit so viel individuellem Charme zelebrieren und dabei den Ruhrgebiets-Mythos Currywurst nicht vergessen.

Doch der Reihe nach. Ihre professionellen Meriten errangen die Betreiber Astrid und Tobias Bähner mit dem Restaurant Bähner’s am See, doch seit 2013 Jahren konzentrieren sie sich aufs Renzis, das sie mit dem bajuwarischen Kosenamen ihres Sohnemanns Laurenz benannt haben. Und der Erfolg gibt ihnen Recht. Besonders der große Biergarten mit Kinderspielplatz ist bei Familien beliebt, die mit Kind, Kegel und Hund essen gehen wollen. Aber auch bei Leuten, die die nur unkompliziert und preisgünstig essen wollen, ist der Laden angesagt. Zahlreiche Veranstaltungen von kulinarischen Aktionstagen bis hin zu Rockkonzerten finden in dem stattlichen Anwesen statt.

Maßgeblich für den Erfolg ist jedoch das Speisenangebot, das keinerlei Schwellenangst aufbaut und der Leidenschaft der Kundschaft fürs Grillen entgegenkommt. Die Burger (180 g Beef 6,45 Euro, 250 g Beef 8,45 Euro) sind hausgemacht, die Brötchen dazu werden extra in einer befreundeten Bäckerei gebacken. Spareribs gibt es natürlich auch, Steaks und Schnitzel in verschiedenen Varianten, Salate und natürlich die B“aer“liner Currywurst, unterarmlange, goldig gegrillte Bratwürste, die Pelle appetitlich eingeritzt, je nach Größe 4,50 oder 7,90 Euro.

Mein Testbesuch ist dann auch ein Ausflug ins satte Leben. Die Innenplätze sind alle reserviert, nicht zuletzt, weil in einem der Räume zeitgleich auch eine geschlossene Hochzeitsfeier stattfindet. Doch unter freiem Himmel ist es sowieso schöner, und so verzehre ich en Special-Burger Smokie BBQ (7,45 Euro) aus 180 g feinstem Rinderhack mit Salat, Tomaten, karamellisierten Schmorzwiebeln, Bacon, Käse und BBQ Sauce, eine geschmacklich ausgewogene Angelegenheit, wie sie mir kein Imbiss bieten kann. Auch das Rinderhacksteak ist schön saftig. Auf Pommes verzichte ich wohlweislich, denn das Ding ist so groß, wie man es aus den Burger-Referenzmodellen der einschlägigen Ketten nicht kennt. Vitaminlich abgerundet wird die Mahlzeit von einem knackigen Krautsalat (2,50 Euro) und einer großen Apfelschorle (4,50 Euro). Aber immerhin passt noch ein Schokoladen-Brownie mit Straciatella- und Schokoladeneis (4,50 Euro) zum Nachtisch rein.

Zum wahren Erlebnis wird der Besuch jedoch durch die Beobachtungen des satten Biergartenlebens, die ich machen kann. Etwa, wie seelenruhig große Hunde bei all dem Trubel unterm Tisch schlafen können oder welch immense Mengen von Pommes fünfjährige Mädchen verdrücken können, um zwischendurch immer mal wieder aufs Trampolin auf dem Spielplatz springen.
-kopf

7199 Duisburg-Baerl, Grafschafter Straße 197

Donnerstag, 21. Mai 2015

Aus dem Archiv: Angerhof - Deutsche Exotik

 Der Text erschien erstmals in "Duisburg geht aus 2015/2016".

„Was ist denn das Rheinische an der Rheinischen Fischsuppe?“, möchte ich vom Kellner im Angerhof wissen. „Es ist wohl die Zubereitung mit klassischem Suppengrün wie beim Rheinischen Muschelessen“, sinniert nach einigem Nachdenken der stattliche Mann in weißem Hemd und schwarzer Bistroschürze mit sonorer Stimme. Tatsächlich finde ich auch keinerlei mediterrane Bouillabaisse-Einflüsse wie Safran oder Knoblauch in der leckeren Suppe, und bei der Fischeinlage tippe ich mal auf Lachs und Zander, in der guten alten Zeit, als das Wasser des Stromes noch richtig sauber war, klassische Rheinfische. Deutsche Küche kann richtig exotisch sein.

Die Suppe wird einer nostalgischen Emailleterrine mit Deckel serviert, und mit gleicher unaufdringlicher Gemütlichkeit präsentiert sich das weitläufige Landhaus direkt an einer Ausfahrt der B288 in Duisburg-Huckingen – ideal für Veranstaltungen und Familienfeiern, auch für Gäste aus der nahen Landeshauptstadt. Im Laufe des frühen Abends stellen sich zahlreiche Leute ein, die die frische Küche des Hauses genießen wollen. Schweinefilet mit Senfzwiebelkruste, Gurkenscheiben, Tomaten und Spiegelei (18 Euro) oder Rücken vom irischen Weidelamm mit Tomatenkruste (23,90 Euro) sind Beispiele für die bodenständigen Gerichte, die hier serviert werden. Ergänzt werden sie durch eine Tageskarte mit Fisch und saisonalen Angeboten, von der auch die anfangs erwähnte Rheinische Fischsuppe (6,50 Euro) stammt. Freudig überrascht bin ich, als mir im Angerhof unerwarteter Weise ein Amuse bouche serviert wird, ein deutsch-asiatisch-mediterranes Häppchen aus Rettich, rosa Ingwer und Balsamicocrème.

Beim Hauptgericht will ich mal auf Nummer sicher gehen und bestelle etwas aus der Abteilung „Unsere Klassiker“: Entenbrüstchen mit einer Meerrettich-Honigglasur (19,50 Euro). Nach dem witzigen Suppenentree kommt dieser Teller allerdings etwas lieblos daher. Uninspiriert tummeln sich da die Entenbrust (rosa und lecker) mit den Beilagen Bratkartoffeln (einigermaßen) und gemischtes Gemüse (langweilig und viel zu viel) auf dem Teller. Das Gemüse lasse ich dann auch liegen, werde aber von einem Durbacher Klingelberger (0,25-l-Glas 7,50 Euro) entschädigt, der mir empfohlen wurde. Dieser Riesling stammt aus der großen Auswahl badischer Weine, die eine Spezialität des Hauses sind, und passt mit seiner feinherben Süße prima zur Honigglasur der Ente.

Beim Nachtisch schwanke ich zwischen dem Huckinger Kaffeeschaum auf Grand Manier Parfait (5 Euro) und einem sog. Tiretto (5 Euro). Die Italiensehnsucht setzt sich schließlich gegen die Niederrhein-Versuchung durch, und so schlürfe ich mit Behagen den Eis-Capuccino mit Schuss.

-kopf

47259 Duisburg-Huckingen, Düsseldorfer Landstraße 431
Fon 02 03. 93 57 72 34
https://angerhof-duisburg.de/

Mittwoch, 20. Mai 2015

Aus dem Archiv: Landhaus Freesmann - Gott zum Segen

Der Text erschien erstmals in "Duisburg geht aus 2015/2016"

Dass für manchen Gast der Besuch eines Restaurants noch so etwas wie ein Gottesdienst ist, konnte ich bei meiner Einkehr im Landaus Freesmann in Dinslaken erleben. Da beobachtete ich, wie ein ganz normales Paar mittleren Alters kurz bevor es sich über ein großes Schnitzelgericht hermachte die Hände faltete und gemeinsam ein kurzes Tischgebet sprach. Das hatte ich so noch nie gesehen.

Überhaupt ist das Landhaus Freesmann im dörflichen Dinslakener Ortsteil Eppinghoven durchaus eine gelungene Mischung aus Tradition und Moderne. Der Bau selbst stammt aus dem Jahr 1650. Heute wird das in elegant-mediterranem Landhausstil eingerichtete Restaurant mit angeschlossener Tapas-Kneipe von der Familie Ortmann betrieben. Steffen Ortmann hat das Kochhandwerk unter anderem auf Schloß Lerbach bei Dieter Müller gelernt, Inka Ortmann eine Service-Ausbildung im Nobelhotel Schloss Hugenpoet in Essen-Kettwig absolviert.

Blickt in die regional und mediterran geprägte Speisekarte, so hat man die Qual der Wahl. Wählt man nun aus der Kategorie „Landhausspezialitäten“ üppige Tellergerichte wie Hühnchenbrust in Ananas-Mango-Curry-Sauce (17 Euro) oder Wiener Schnitzel aus dem Kalbsrücken mit Preiselbeeren, Kartoffelpüree und Rahmkarotten (17,50 Euro), oder entscheidet man sich für das Menüangebot, bei dem man aus fünf Gängen auswählen kann (drei Gänge 28,50 Euro, fünf Gänge 39,50)?

Ich wähle ein Vier-Gänge-Menu (35,50 Euro), doch dem abwechslungsreichen Streifzug durch Steffen Ortmanns Frischeküche scheint ein wenig von Gottes Segen zu fehlen. In der eigentlich gelungenen Bärlauchsuppe mit gebackenen Kartoffelstreifen suche ich letztere vergebens, aber sie ist auch so mächtig genug. Nach diesem saisonalen Einstieg folgt ein mediterranes Zwischengericht, Trüffelgnocchi auf Blattspinat, beides leider kaum gewürzt und ohne Aroma. Der Hauptgang, Geschnetzeltes aus der Maibockkeule in Preiselbeeren und Portweinsauce, zeugt zwar von der Vorliebe des Hauses für Wild, ist aber wie ein eigenständiges Tellergericht portioniert und sprengt komplett die Menüfolge. Zwar esse ich das durchaus schmackhafte Fleisch auf, lasse aber die beiden Riesenrösti-Taler und den lieblosen Broccoli und Blumenkohl der Beilagen kaum angebissen zurückgehen.

Versöhnlich stimmt dann der Nachtisch, Erdbeermascarpone mit Püree aus frischen Erdbeeren und Vanilleeis. Und vor allem, dass der Empfangscocktails aus Prosecco, Passionsfruchtsirup und Granatapfelsaft, der mit 6,50 Euro auf der Karte ausgewiesen ist, bereits im Menüpreis inbegriffen ist. Völlig glücklich macht dann der Spaziergang auf dem nahen Rheindeich, der einen gewaltigen Blick auf den breiten Niederrhein und die Emschermündung bietet.

-kopf

46535 Dinslaken-Eppinghoven, Heerstraße 335
Fon 0 20 64. 7 00 06
Mi-So 11.30-14.30 & 17-23 Uhr, Di 17-22 Uh. Mo, Di geschlossen
https://landhaus-freesmann.de/

Dienstag, 19. Mai 2015

Aus dem Archiv: Zur Bockmühle - Auch die Augen essen mit

Der Text erschien erstmals in "Duisburg geht aus 2015/2016".

Es ist eine frohe Überraschung, als ich nach längerer Zeit wieder einmal zum Kontrollbesuch im Restaurant Zur Bockmühle im Best Western Park Hotel in Oberhausen-Sterkrade einkehren kann. Die geschmackvolle Renovierung des Restaurants, die vor zwei Jahren noch in vollem Gange war, ist abgeschlossen und der damalige wuchtige 1970-er-Jahre-Biertresen einem modernen, stilsicheren Thekenbereich gewichen, der lichtdurchflutete Eleganz mit rustikalem Holzdesign verbindet. Sofort fühle ich mich wohl, und da scheine ich nicht der einzige zu sein. Bereits freitags zuvor hatte ich versucht, hier ohne Reservierung zu essen. Doch da waren das Restaurant und auch die ebenfalls zum Haus gehörende „Schottes Kneipe“ komplett durch Gruppen belegt, so dass ich unverrichteter Dinge wieder abziehen musste. Das Best Western Park Hotel ist eben weit mehr als nur eine verkehrsgünstig gelegene Übernachtungsmöglichkeit für durchreisende Gäste, sondern auch oder vor allem ein gastronomischer Treffpunkt für den Oberhausener Norden.

Den erneuten Versuch an einem Dienstag, das Restaurant zu testen, muss ich nicht bereuen. Wie schon vor zwei Jahren überzeugt das Haus durch eine kreative Frischeküche, die das Motto „Auch die Augen essen mit“ geschmacklich und optisch auf den Punkt bringt. Der Curry-Aufstrich zum Brot besticht nicht nur durch seinen pikant-exotischen Geschmack, sondern auch durch die sonnig gelbe Farbe. Lindgrün kommt die Crèmesuppe vom Sauerampfer (6,50 Euro) daher. Das Wiesenkraut mit der säuerlichen Note geht mit einem Schlag süßer Sahne auf der Zunge eine prickelnde Allianz ein und versetzt farblich in Frühlingsstimmung.

Liebevoll ist auch der Hauptgang angerichtet. Die Barbarieentenbrust, innen rosa und außen knusprig, ist auf präzise weich geschmortem Orangenspitzkohl angerichtet und variiert so eine klassische Aromakombination zur Ente. Dazu gibt es eine Honig-Pfeffer-Sauce, Brezenknödeln und einen knusprigen Körnerbrot-Chip (20 Euro). Das Ganze ist eine richtig leckere Angelegenheit, und der offen ausgeschenkte, einfache Cabernet Sauvignon „Le clé du ciel“ aus dem Languedoc (0,2-l-Glas 6,50 Euro)sorgt mit seinen sortentypischen Cassis- und Röstaromen für eine gelungene Abrundung.

Farblich in allerlei Gelb- und Brauntönen gehalten präsentierte sich auch das Dessert. Zum Sorbet aus dunklem, eher süßem Klosterbier (8 Euro) passten die Variationen von der Banane perfekt, wenn auch die karamellisierten Chips ein wenig an den Zähnen klebten.
-kopf

46119 Oberhausen-Sterkrade, Teutoburger Straße 156
Fon 0208. 69 02 00
Mo-Sa 18 bis 22 Uh, So geschlossen
https://parkhotel-oberhausen.de/restaurant-zur-bockmuehle/