Mittwoch, 2. November 2022

Slow Food und Ernährungsrat Essen: Workshop „Alte Kartoffelsorten entdecken und retten“ in Essen

Kartoffelmagie: Wilfried Stegmann referiert über die Vielfalt der Kartoffel

Die Erhaltung alter Nutztierrassen oder Gemüse- und Obstsorten ist ein Schwerpunkt in der Arbeit der weltweiten Genießervereinigung Slow Food. Das Convivium Essen hat für die Umsetzung dieses Ziels die Arbeitsgruppe „Gute Lebensmittel im Revier“ gegründet, die sich als ein Netzwerk von Produzenten, Händlern und Verbrauchern versteht. In diesem Zusammenhang ist auch der Workshop „Alte Kartoffelsorten – Entdecken und retten!“ zu sehen, den Slow Food Essen gemeinsam mit dem Ernährungsrat Essen am 29. Oktober 2022 im Gemeindezentrum der Johanneskirche im Stadtteil Bergerhausen veranstaltete. In diesem Rahmen wurde auch die „Kartoffel des Jahres 2022“ verkündet.

Ralph Kindel (li.) interviewt Slow-Food-Koch Hendrik Peek

Die vierstündige Veranstaltung erwies sich für die ca. 60 Teilnehmer als eine recht kurzweilige und informative Angelegenheit. Das lag nicht allein an den hochkarätigen Referenten, sondern auch an der Moderation von Kommunikationsfachmann Ralph Kindel, der durch das Programm führte und die Beteiligten interviewte.

Wilfried Stegmann vom Kompetenzzentrum Okolandbau Niedersachsen

Den Anfang machte Wilfried Stegmann vom Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen und Sprecher des Arbeitskreises „Kartoffel des Jahres“. Stegmann referierte über die Geschichte der Kartoffel, die aus Südamerika stammt und seit 400 Jahren auch in Europa heimisch ist. Es gibt unzählige verschiedene Sorten, nicht nur gelbe, sondern auch blaue und rote. Als „alte“ Sorten werden jene Kartoffeln bezeichnet, die älter als 30 Jahre und deshalb ohne Lizenzgebühren angebaut werden. So war Stegmann mit der Aktion „Rettet die Linda“ daran beteiligt, dass seinerzeit diese beliebte Sorte nicht vom Lizenzinhaber vom Markt genommen wurde. Stegmanns Hinweis, dass man eine gute Kartoffelsorte daran erkennen kann, dass sie im gekochten Zustand beim Zerdrücken „Sollbruchstellen“ aufweist, leitete fast schon zum nächsten Programmpunkt über.

 


Slow-Food-Koch Hendrik Peek von der Mausefalle

Da interviewte Ralph Kindel den Mülheimer Koch Hendrik Peek über die Kartoffel in der Küche als „Sättigungsbeilage oder kulinarischen Genuss“. Hendrik Peek betreibt in der Mülheimer Altstadt in einem mehrstöckigen Fachwerkhaus das Restaurant „Mausefalle“, das als eines der wenigen Restaurants im Ruhrgebiet im Slow Food Genussführer empfohlen wird, und ist Mitglied der Slow Food Chef Alliance. Die Gemüse, die er in der „Mausefalle" anbietet, stammen aus eigenem Anbau. Wichtig beim Kartoffelkochen ist das Langsam-Kochen. Bei möglichst niedriger Temperatur muss sich die Hitze bis in die Kartoffelmitte verteilen und gleichmäßig garen – auch wenn das vielleicht etwas länger dauert als die üblichen 20 Minuten.

Natur- und Umweltpädagogin Annika Franzen-Wegener 

Das Stichwort Selbstanbau nahm anschließend die die Natur- und Umweltpädagogin Annika Franzen-Wegener vom Ernährungsrat Essen auf und referierte mit vielerlei Tipps über den „Kartoffelanbau zu Hause“, im Garten oder sogar auf dem Balkon.

Oliver Kornrumpf (Schepershof), Ralph Kindel, Manfred Weniger (Slow Food Essen), Hendrik Peek

Den Abschluss des Vortagsteils machte dann eine Talkrunde mit den Bio-Landwirten Dr. Günter Maas vom Mittelhammshof in Essen und Oliver Kornrumpf vom Schepershof im Windrather Tal in Velbert. Die beiden Bauern berichteten von den Veränderungen beim Kartoffelanbau im Klimawandel und den Möglichkeiten, die sie als Direktvermarkter ihrer Produkte haben.

Wilfried Stegmann und Simone Raskob verkünden
die Kartoffel des Jahres

Feierlicher Höhepunkt des Kartoffelworkshops war dann die Proklamation der „Kartoffel des Jahres 2022“. Die Auszeichnung wird seit 2006 von einem Gremium aus Vertretern deutscher Umwelt- und Verbraucherverbände sowie landwirtschaftlicher Organisationen vergeben. Mitbegründer war Slow Food Hamburg. Die erste Kartoffel des Jahres war 2006 der „Blaue Schwede“, die bislang letzte noch im Vor-Coronajahr 2019 ausgezeichnete war die „Rote Emmalie“. Damit die diesjährige Wiederaufnahme der Auszeichnung einen offiziösen Anstrich bekam, wurde Simone Raskob dazu gebeten, die als Verwaltungsvorstand der Stadt Essen u.a. für die Finanziereung der Aktion „Grüne Hauptstadt“ verantwortlich war. Simone Raskob verkündete gemeinsam mit Wilfried Stegmann, dass zur „Kartoffel des Jahres 2022“ die Sorte „Agria“ gewählt wurde. Die Sorte passt gut ins Ruhrgebiet: „Agria“ wird besonders gern als Pommes-Frites-Kartoffel und für die Chipsherstellung eingesetzt. Die ausführliche Begründung bringt Wilfried Stegmann in seinem Blog „Blaue Kartoffeln“ (klick hier).

Preisträgerin Agria (re.), Weinberger Schlosskipfler (li.)

Zur Verkostung bereit



Köstliche Ergänzung: Goldleinöl von der Ruhrmühle

Den Abschluss des Workshops bildete dann ein große Kartoffelverkostung, der sich die Teilnehmer mit Appetit hingaben. Die Essener Slowfoodies hatten sechs alte Sorten besorgt und zu wunderbaren Pellkartoffeln verarbeitet, so dass man die verschiedenen Farben, Konsistenzen und Geschmäcker entdecken konnte. Mit dabei war die der diesjährige Preisträger Agria, der Angeliter Tannenzapfen, der Blaue Schwede, Mayan Gold, die Schwarze Ungarin und der Weinberger Schlosskipferl. Zur Geschmacksunterstützung gab es das Goldleinöl von der Essener Manufaktur Ruhrmühle in Bottrop, Tiefensalz aus Natursole der Saline Luisenhall in Göttingen und 40 prozentigen Bioquark.

Slow Food Essen 

Ernährungsrat Essen 

1 Kommentar:

  1. Annika Franzen-Wegener2. November 2022 um 19:26

    Danke, für den schönen Rückblick.
    Kleine Korrektur: Ich bin Natur- und Umweltpädagogin und ehrenamtlich für den Ernährungsrat tätig.

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