Die riesige Straßenkreuzung Freiheit am Südausgang des Essener Hauptbahnhofs ist ein überwältigender Ausdruck der Auto-Dominanz in der Stadtplanung der letzten 60 Jahre. Zu Fuß gehende Flaneure haben es nicht einfach, hier von der Innenstadt zu den repräsentativen Essener Kulturstätten Aalto-Oper oder Philharmonie zu kommen. In den Geschäftshäusern im Schatten der Wolkenkratzer Westenergie Turm (Ex-RWE Turm) und von Evonik findet man kaum Läden mit attraktiven Schaufenstern. So ist es umso überraschender, dass sich ausgerechnet in dem Straßenkarree Rellinghauser und Juliusstraße, Huyssenallee und Freiheit eine ganze Reihe von Spitzen-Restaurants angesiedelt haben: Rino Frattesis La Grappa (klick hier), der Edel-Türke Tablo (klick hier) und der Bilderbuch-Franzose Paul’s Brasserie (klick hier), allesamt Gault&Millau-dekoriert, das chinesische Dim-Sum-Restaurant Jade, die Cocktailbar Daktari und – last but not least- das südindische Restaurant Suvai.
Am 13. November 2022 können Vino und Sulaxsanan Puthisigamany das fünfjährige Jubiläum des Suvai, auf Deutsch „Geschmack“, an der Ecke Rellinghauser und Juliusstraße feiern. Ich erinnere mich noch daran, als die Location ein Italiener war und La Scala hieß, wohl wegen der Nähe zur Aalto-Oper und der Treppe, die mitten im Raum in den Keller führte und von einem riesigen Kronleuchter überspannt wurde. Die Treppe ist immer noch da, doch der Kronleuchter ist einer eleganten, indisch-orientalischen Dekoration gewichen, die das kulinarische Konzept von Vino und Sulaxsanan widerspiegelt.
Ich muss bei dem Ehepaar unwillkürlich an den Helden von Martin Suters Bestseller-Roman „Der Koch“ denken. Wie dieser sind die beiden Tamilen aus Sri Lanka und seit 1994 in Essen. Sulaxsanan machte eine Ausbildung zum Hotelfachmann im Holiday Inn Essen und arbeitete im Atlantic Congress Essen und dem Sheraton Airport Düsseldorf, Vino lernte Systemgastronomie bei Kentucky Fried Chicken. Dieses fachliche Können nutzen sie nun dazu, um ihren Gästen die Küche ihrer Heimat nahezubringen. „Indische Restaurants im Ruhrgebiet machen eher nordindische Küche“, sagt Vino. „Die traditionelle südindische Küche unterscheidet sich jedoch sehr davon.“ Als Küchenchef fungiert Sulaxsanan, der dabei seine große familiäre Koch- und Rezepte-Tradition einbringt.
Wichtige Zutaten sind verschiedene Sorten Reis und Kokosnuss, beiden Zutaten hat Vino selbstgemachte Kunstwerke gewidmet, die die Wände zieren. Als Fleischersatz für die zahlreichen vegetarischen Gerichte wird gern die Jackfruit verwendet, eine Frucht mit entsprechender Konsistenz. Aber auch Grünkohl findet man hier. In Südindien wird mit Chilis, Pfeffer, Ingwer und Knoblauch gern sehr scharf gewürzt, und so wird der Gast vorher gefragt, wie er es haben will. Wer sich nicht entscheiden kann, dem wird ein Schälchen mit scharfer Sauce serviert, mit der er selbst würzen kann. Die Schärfe, so stark sie auch sein mag, übertüncht jedoch nicht den Einsatz der anderen Gewürze wie Kreuzkümmel, Kurkuma, Koriander und natürlich die kleinen, grünen Curry-Blätter. Viele dieser Gewürze sind Heilmittel in der ayurvedischen Medizin. einer ca. 5000 Jahre alten tamilischen Heilkunde.
Zerstoßen werden die Gewürze im Mörser oder auf einem traditionellen Gerät namens Ammi, das einer steinernen Nudelrolle ähnelt. Die Arbeit damit inspirierte Sulaxsanan dazu, eine eigene Kollektion mit Gewürzmischungen herauszubringen, die man im Restaurant bekommen kann. Ein Internetshop ist im Aufbau.
Rechtzeitig zu ihrem 5-jährigen Jubiläum stellten Vino und Sulaxsanan bei einem Pressemenü die südindische Küche des Suvai vor. Die Schärfe war europäisch dosiert und gut zu genießen. Interessant war die Weinauswahl, die von Weinfachmann Christian Frigge empfohlen wurde. Die fruchtigsüßen Mosel-Rieslinge konnten sich prächtig gegen die pikant-scharfen Gerichte durchsetzen. Daneben wurden auch die süffigen Cocktails des Hauses serviert und das traditionelle Getränk Lassie aus Yoghurt, das sich als Milchprodukt prächtig als Gegenpol zur Schärfe eignet. Zum Digestif gab es einen Arrak, der aus der Kokosblüte destilliert wurde.
Südindisches Menü
Suvai, 27.10.2022
Suppen
Kartoffelbällchen mit Thunfisch
Knusprig ausgebackene Zwiebeln mit Cashew und Curryblättern
Hauptgänge
Chedinad Kokos Chicken Curry
Hähnchenbrustfilet in einer milden Masala mit gerösteten Kokosraspeln
Digestif
Suvai Bar & Restaurant. Juliusstr. 4, 45128 Essen. Tel 0201 40870049. Di-Fr 16:30- 21:30 Uhr. Sa & So 12-21:30 Uhr. Mo Ruhetag. www.suvai-restaurant.de
Der Genießer bedankt sich für die Einladung.
Dank an Michael Alisch für die Organisation.
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