Sonntag, 20. September 2009

An der Ahr


An diesem Wochenende machten der Genießer, der Weindeuter und drei weitere Weinfreunde ihren alljährlichen Herbstausflug an die Ahr: Weingüter besuchen, den Rotweinwanderweg entlanglaufen und natürlich Wein trinken. Vom Ruhrgebiet ist die Ahr nur etwa eineinhalb Autostunden entfernt, und dennoch kommt man sich vor wie in einer anderen Welt. Bizarre Schieferfelsen mit sensationellen Steillagen prägen den Canyon des kleinen Rheinzuflusses. Bei herrlichem Spätsommerwetter war die wunderbare Landschaft in Wagner-Farben gehüllt (wenn es so etwas gibt): Nebel waberten, die Sonnenstrahlen blitzten wie das Rheingold - und die Touristen im Weinort Rech tanzten Polonaise.


Unsere erste Anlaufstation war das „Weingut Kreuzberg“ in Dernau, einer der innovativsten Betriebe im Ahrtal. Zusammen mit dem Winzer Martin Tesch von der Nahe hat Ludwig Kreuzberg die „unplugged“-Philosophie entwickelt: Wie bei Tesch der Riesling, kommt bei ihm der Spätburgunder völlig unmanipuliert auf die Flasche. Besonderen Spaß macht es, sich die phantastischen Früh- und Spätburgunder des Hauses von Kundenbetreuer Paul Schneider präsentieren zu lassen. Mit Pferdeschwanz, Tattoos und unnachahmlichem rheinischen Akzent erläutert er kompetent die edlen Tropfen des Spitzenweinguts. Aber auch Senior-Chef Jupp Kreuzberg ist ein Original. Zur Gitarre singt er Lieder über die Ahr, die man gern auch als Cover-Versionen von Helge Schneider hören würde.
Die obligatorische Wanderung durch die Weinberge führte uns nachmittags nach Rech, wo der Weindeuter sich auf dem Weinfest um ein Rendezvous mit der frischgekürten Weinkönigin bemühte. Die holde Maid war jedoch immer gerade da, wo wir nicht waren, so dass wir schließlich das trubelige Weinfest verließen, um in Mayschoss im Gasthof „Zur Saffenburg“ zu Abend zu essen. Auf den ersten Blick wirkte die die Speisekarte wie eine langweilige Schnitzel- und Steakparade. Doch das war reinstes Understatement. Was auf dem Tisch kam, waren erstklassiges Fleisch, wunderbare frische Gemüse und beste Bratkartoffeln. Der Genießer konnte nicht genug bekommen vom Wildschweinragout mit Backpflaumensauce.
Der Sonntag begann nach der Übernachtung in der "Martinsklause" mit einem Pflichtbesuch in der Winzergenossenschaft Mayschoss, der ältesten Genossenschaft der Welt und heute ein weintouristischer Fixpunkt für Busunternehmer aus ganz NRW und darüberhinaus. Die Weine, die hier produziert werden, sind aber alles andere als übel. Im Weinmuseum der Genossen hatten wir schließlich doch noch eine Begegnung der anderen Art mit der Weinkönigin: als Schaufensterpuppe in einer schneewittchensargähnlichen Vitrine.
Auf dem Rückweg nach Bochum kehrten wir nach einem erneuten kleineren Spaziergang über den Rotweinwanderweg im „Kloster Marienthal“ ein. Der Betrieb in einer elegant hergerichteten Klosterruine war bis vor ein paar Jahren ein hessisches Staatsweingut auf Rheinland-Pfälzischem Boden. Heute wird es als Joint Venture der renommierten Ahr-Winzer Meyer-Näkel, Brogsitter und der Winzergenossenschaft Mayschoss geführt und produziert zwei großartige Spätburgunder: den „Mönch“ und den „Abt“.
Infos über die Weine, denen wir zusprachen, gibt es beim Weindeuter. (Über Anzahl der geleerten Flaschen, das Schnarchverhalten von Weintrinkern im Dreibettzimmer und den Verbrauch von chemischen und natürlichen Katerbekämpfungsmitteln wurde Stillschweigen vereinbart.)

6 Kommentare:

  1. Wieso hast Du denn hier -fast- den gleichen Geschmack wie wir? Wenn wir aus dem Süden kommen, machen wir immer einen Abstecher nach Dernau, hin und wieder auch nur "morgens hin, abends zurück". Dann aber den Kofferraum voll. Kreuzberg ist klar (erwähnenswert: Hoffest!). Dto. Meyer-Näkel, da kann man auch gut essen. Was Du aber nicht weisst: da gibts in Dernau eine kleine, feine Metzgerei, mit Superwürstchen!! Nicht zum Grillen, zum Braten. Ganz nach Slow Food-Geschmack! Herrlich!

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  2. Ich irrte am Wochenende durch den Rheingau. Anlass war das Lit-Festival und Roger Willamsen, der bei Balthasar Ress sein neues Buch 'Bangkok Noir' vorstellte. So weit so gut - nach einer Stippvisite im Kloster Eberbach wussten wir nicht weiter. Geschockt von der fehlenden Spiritualität des Ortes, machten wir uns auf die Heimfahrt mit einem Abstecher über das Klosterhotel Marienhöh. Dieses bot ebenfalls keinen Grund zur Freude.
    Haben Sie einen Tipp für einen erfreulichen Rheingau-Ausflug?

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  3. @ mvo: ist denn das Grillen als Garmethode von slow food nicht zugelassen ? Muß unter der Wurst bei Hitzeeinwirkung eine geschlossene Fläche (Pfanne) sein, um den slow food-Geschmack zu erzeugen ? Oder liegt es an der Holzkohle ? Was ist dann mit dem Gasgrill ? Fragen über Fragen...mit der Bitte um Aufklärung, herzlichst, der Weindeuter.

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  4. Also, da darf ich antworten. Ich kenne die Metzgerei auch und auch die Würste. Hierbei handelt es sich um kleine, feine Blut- und Leberwürste. Sie sind sehr filigran und platzen sogar in der Pfanne manchmal. Da ist es ja nicht so schlimm, man kann noch alles retten. Beim Grillen ginge zuviel verloren, das wäre schade.
    Sie schmecken bes. köstlich zu sahnigem Kartoffelpüree. Bei Wunsch gibt's die Adresse, sie schicken auch nachhause.

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  5. @ kiss the cook: Für Literaturfreunde ist wohl das Brentanohaus in Oestrich-Winkel ein guter Tipp. Ist natürlich auch ein Weingut mit, naja, Goethewein und hat einen hübschen Restaurant-Hof. www.brentano.de
    @ weindeuter: "Nach Slow Food Geschmack" meint nicht die Art des Garens, sondern sondern die Qualität der Würstchen: handwerklich aus besten Zutaten hergestellt.

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  6. Muss schon sagen, die Ahr ist wirklich ein Thema!!

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