Montag, 12. September 2022

Kreative Küche: „Delikat Essen“ im Dortmunder Saarlandstraßenviertel

Update 2024: Das "Delikat" zieht im April 2024 in Räumlichkeiten des "Stadewäldchen".

Seelen des Geschäfts: Tanja Gorodynska (re.) und ihre Tochter Katherina

Ein wenig war ich ja doch verblüfft, als ich die Gerichte sah, die meinen Kollegen Silke, Tom und Michael und mir bei einem Presseessen im Restaurant „Delikat Essen“ aufgetischt wurden. Um für den Besuch vorbereitet zu sein, hatte ich zuvor die Internetseite des hübschen Lokals im Dortmunder Saarlandstraßenviertel studiert, und da war mir die trendige Selbstbeschreibung „Als veganes Restaurant sind wir überregional bekannt“ im Gedächtnis geblieben. Und nun leuchteten mir Entrecôte vom Simmentaler Rind, Lammfilet, Filet Mignon, Brathähnchen, Rindertatar und Garnelen in einer Üppigkeit entgegen, die barocker nicht hätte sein können. Nein, einen Widerspruch sieht Betreiberin Tetyana Gorodynska, die alle nur Tanja nennen, darin nicht. Denn in der Tat gehören zahlreiche vegetarische und vegane Gerichte zum täglichen Angebot von „Delikat Essen“ und erfreuen sich bei der einschlägigen Kundschaft auch großer Beliebtheit, aber die Fleischgerichte sind selbstverständlich Bestandteile der kreativen Küche des Lokals. Und die, das bemerkt man als Gast ziemlich schnell, umfasst ein ganzes kulinarisches Universum.


Seele der Küche: Tanjas Mann Pawel

Seit dem Jahr 2000 sind Tanja und ihr Mann Pawel aus der Ukraine in Deutschland. Ihre Tochter Katherina studiert in den Niederlanden und ist extra nach Dortmund gekommen, um die Eltern beim Presseessen zu unterstützen. Von Anfang an haben sie in Deutschland Gastronomie betrieben, seit 2012 dann das „Delikat Essen“ im Saarlandstraßenviertel. Im Oktober kommt noch ein zweites Restaurant „Tapa“ in der Chemnitzer-Straße dazu, worauf alle gespannt sind.


Modern und gemütlich

Obwohl Pawel eigentlich Schiffsbauingenieur ist, ist er die Seele der Küche und sprudelt als Küchenchef geradezu vor Ideen. Das mag an seiner Herkunft aus Odessa liegen, der legendären Hafenstadt am Schwarzen Meer. Wie kaum eine andere Metropole vereinigt sie die multikulturellen Einflüsse, auf die sich die Ukraine so gern beruft. Hier haben viele große Reiche ihre Spuren hinterlassen, das russische, das osmanische, die Habsburger, die Sowjets, hier war und ist ein Zentrum jüdischen Lebens. Dazu das mediterrane Klima der ukrainischen Riviera – bessere Voraussetzungen kann eine Küche gar nicht haben. Bei Pawel kommen noch die Eindrücke dazu, die er bei Reisen in die Urlaubsländer der Welt empfangen hat. Und so geht es auf den Tellern nicht nur ukrainisch und russisch zu, sondern auch italienisch, griechisch, thailändisch und sogar japanisch.

Warten auf die Dinge, die kommen sollen

Unser Presseessen war ein Galopp durch die Speisekarte und in seiner Üppigkeit Ausdruck osteuropäischer Gastlichkeit. Acht Vorspeisen, ein Zwischengang und fünf Hauptgänge kamen auf den Tisch, jeder von uns konnte sich nach moderner „Sharing“-Art davon nehmen. So ungestüm Pawels Aroma-Kombinationen auch wirkten, letztendlich waren sie stimmig und schmeckten, was ja das wichtigste ist. Und auch die optische Präsentation war der reinste Genuss. Manchmal musste ich an den israelisch-britischen Sternekoch Yotam Ottolenghi denken, der die Küche des östlichen Mittelmeerraums zu einem ähnlichen kulinarischen Feuerwerk kombiniert. Vorweg gab’s einen alkoholfreien Minze-Limetten-Cocktail, als Weinbegleitung einen italienischen Verdicchio dei Castelli di Jesi und reichlich Wasser und zum Abschluss als Digestif einen mit Honig und Pfeffer aromatisierten ukrainischen Vodka.


Presse-Mahl im „Delikat Essen“
8.9.2022

 

Alkoholfreier Aperitif mit Minze und Limette



Vorspeisen


Lauwarmer Quinoa Schichtsalat mit Avocado, Roter Bete, Wildkräutern, glasierten Erdbeeren

Schichtsalat ist typisch für die russische Küche, hier mit dem aus Südamerika stammenden trendigen Superfood Quinoa. 
 

Simmentaler Entrecôte, Cantaloupe Melone, Chimichurri
Fast ein südamerikanischer Asado

 

Rindertatar, Avocado, Aioli aus fermentiertem Knoblauch
Im Tatar steckt kein westfälisches Pumpernickel, sondern eine ukrainische Brotspezialität

 

Steinpilzkroketten, Trüffelmayonnaise
Die Kroketten sind mit frischen Steinpilzen gefüllt.

 


Garnelenkroketten mit Nero di Sepia, Bisque Mousse
Spanische Tapa trifft venezianische Tintenfisch- und Hummer-Eleganz


Burrata, Steinpilzmousse, Parmaschinkenchips
Der gefüllte Mozzarella ist eine beliebte Zutat im "Delikat Essen"


Caprese anderer Art mit Burratina
Die Tomaten des klassischen Caprese stecken in der Sauce


Gegrillte Melone und gegrillter Halloumi mit scharfem Gurkensalat
Ein Essen wie im Strandlokal


Chili-Knoblauch-Garnelen, gegrillter Fenchel, Orangen, Cherrytomaten, Wildkräutersalat
Tolle Kombination, fast schon klassisch 
 
 
 
Octopus auf Sepiarisotto mit Parmesanchip

Auch optisch bestechend.

 

 

Zwischengang

Kürbis-Kokos-Eis mit Rote-Bete-Chips
Ein Eis aus Gemüse – muss man erst mal drauf kommen.



Hauptgänge

Vegane Bolognese mit japanischer Note
Soba Nudeln, Sesam, Daikan, Koriander

Beim ersten Schmecken irritierend, dann überraschend stimmig.


Coq a Vin
Maishähnchen in Weinsoße, Blumenkohlpüree, gegrillter Pfirsich

Eigenwillige Interpretion eines Klassikers. Die Schmorgemüse werden mitserviert und ergänzen deftig das zarte Blumenkohlpüree.

 


Kyiver Kotelett
Maishähnchenbrustfilet gefüllt mit Butter, paniert und frittiert, Kartoffelpüree
Ein Spezialität der jüdischen Küche aus der Ukraine. Das Hähnchenfleisch ist unter der Panade mit flüssiger Butter gefüllt.

 

Filet Mignon, gegrillte Tomaten und Auberginen, Wildkräuter, Chili Feigen


Rückenfilet vom Lamm unter Dattel-Portwein Glasur, Süßkartoffelpüree, grüner Spargel


Digestif
Ukrainischer Vodka mit Honig und Pfeffer


Delikat Essen. Alter Mühlenweg 14, 44139 Dortmund. Tel. 0231/33017503. Di-Fr 16-23 Uhr. Sa 12-24 Uhr. So 12-21 Uhr. Mo Ruhetag. delikat-dortmund.de

Der Genießer bedankt sich für die Einladung.
Dank an Michael Alisch für die Organisation.


2 Kommentare:

  1. Eines von unseren Lieblingslokalen im Dortmunder Saarlandstrassenviertel. Danke für den tollen Artikel.

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    1. Danke für den Hinweis, dass sich der Alte Mühlenweg im Saarlandstraßenviertel und nicht im Kreuzviertel befindet. Ich habe mich als Nicht-Dortmunder an einem Hinweis auf der Internetseite des Restaurnts orientiert. Ich habe es oben im Text korrigiert.
      Andereseits ist das Restaurant aber auch nur einen Katzensprung vom Kreuzviertel entfernt.

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