Montag, 19. September 2011

Aus dem Archiv: Hürster’s Kochwerkstatt - Das ewige Mittagessen

Der Text erschien erstmals in "Dortmund geht aus 2012".
Das Restaurant ist seit Ende 2013 geschlossen.


In Bodelschwingh ist Dortmund so, wie man sich eine Metropole vorstellt - eine Westfalen-Metropole jedenfalls. Eine idyllische Straßenkreuzung mit einem Bauernhof, vielen hohen Bäumen, und ein paar hundert Meter weiter liegt das gleichnamige Schloss. Einen Biergarten gibt es hier auch. Der gehört zu Hürster’s Kochwerkstatt, ein prächtiges Fachwerkhaus, das hier wie der Mittelpunkt einer Dorfgemeinschaft eine kulinarisch-soziale Funktion mit herzlicher Atmosphäre und allerlei Räumlichkeiten für Familienfeiern erfüllt. Der Name des Lokals ist Programm, denn Stefan Hürster, der mit seiner Frau Sylke seit 2006 das Lokal betreibt, veranstaltet hier seine Kochkurse, für die es sogar Wartelisten gibt.

Aber man kann hier auch einfach nur essen, abends und natürlich auch mittags. Eine Mittagskarte gibt es nicht, doch Stefan Hürsters Küche ist wie ein ewiges Mittagessen. Hier manifestiert sich seine Auffassung von handwerklichem Kochen, die er auch in seinen Kursen vermitteln will. Hervorragende Zutaten, wie sie der Lebensmittelhandel bereit hält, werden mit Witz und Originalität zu traditionellen Gerichten verarbeitet. Nicht von ungefähr haben ihm seine Gäste 2010 im Rahmen des Westfälischen Gastronomiepreises die Note 1,63 gegeben – und das, obwohl auch Gerichte wie Bami Goreng von der Ente (9,80 Euro) oder Tessiner Brotsalat (12,50 Euro) auf der Karte stehen.

Rote-Beete-Rahmsüppchen mit Grünschalmuscheln

Kotelett vom Ibericoschwein mit Kartoffel-Sellerie-Püree,
Wirsing à la créme und Dörrobst-Sauce



Fassbrause von Bergmann

Satt wird man hier allemal, wie ich verschiedentlich am eigenen Leibe erleben durfte. Vor einiger Zeit z.B. zauberte Stefan Hürster für eine Gruppe von Slow-Food-Mitgliedern ein hervorragendes Menü mit Zutaten ganz nach Wünschen der anspruchsvollen Besseresser. Und neulich war es tatsächlich ein Mittagessen, das ich mir von der Wochenkarte bestellte, und das durch die Kombination von mehr oder weniger exotischen Zutaten mit heimischen Geschmacksvorstellungen bestach. So vermählte Stefan Hürster für das Rote-Beete-Rahmsüppchen (4 Euro 80) elegant die westfälische Erdigkeit der roten Knolle mit der Süße von gebratenen Grünschalmuscheln, die an den neuseeländischen Küsten gezüchtet werden. Das saftige Kotelett des Hauptgangs (17 Euro 50) stammte vom spanischen Iberico-Schwein, sicherlich das beste Fleisch, das die Gastronomie zur Zeit zu erschwinglichen Preisen anbieten kann. Gebraten wurde es am, serviert aber ohne Knochen, dafür aber in doppelter Karbonnaden-Dicke. Die Beilagen überzeugten wie das Süppchen zuvor durch deftige Eleganz. Der Wirsing war à la crème mit Sahne zubereitet, die Sauce ein feiner Jus mit Dörrobst, das Sellerie-Kartoffel-Püree sogar dezent mit Trüffel(öl?) abgeschmeckt.

Schoko-Chili-Mousse mit Ananas-Kompott

Der Nachtisch (5 Euro 80) bedeutete schließlich eine Kapitulation vor einem Übermaß an Verführung. Zwei mächtig-sanfte Halbkugeln von intensiver, zart schmelzender Schokoladen-Chili-Mousse, die von einem Klecks chili-scharf abgeschmecktem Ananas-Kompott getrennt wurden, mussten leider zur Hälfte auf dem Teller bleiben.


-kopf

44357 Dortmund-Bodelschwingh, Schlossstr. 44

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