Küchenchef Hendrik Peek und Elsbeth Trzaska
von Slow Food Essen präsentierten den
Genussführer in der Mausefalle in Mülheim.
Im Buchhandel gibt es ihn schon seit Ende September, jetzt präsentierte das Slow Food Convivium Essen die dritte Ausgabe des Slow Food Genussführers Deutschland.
Vorbild für den Genussführer ist der Osteriaführer von Slow Food Italien, der schon so manchem Italienreisenden eine Offenbarung beschert hat. Es geht dabei nicht um Sterneküche, sondern um alltagstaugliches Essen in unprätentiösen Gasthäusern, die den Kriterien der internationalen Genießer-Bewegung genügen. Die universelle Slow-Food-Losung „Gut, sauber und fair“ muss gelten, darüber hinaus soll handwerklich gekocht werden, bei den Gerichten die regionalen Wurzeln von Rezepten und Zutaten gepflegt werden und die Lokale möglichst Familienbetriebe sein.
Erstellt wird der Genussführer ehrenamtlich von den Mitgliedern der örtlichen Convivien, die sich dabei um Amateure, sprich „Liebhaber“, im besten Sinne des Wortes erweisen. Ihre Unabhängigkeit (und Leidenschaft für die Sache) beweisen sie dadurch, dass sie die Testessen aus eigener Tasche bezahlen und somit der regionalen Gastronomie einen schönen Umsatz und dem Oekom-Verlag einen kompetent erstellten, aber honorar- und unkostenfreien Content bescheren. Die ersten beiden Ausgaben haben sich jeweils 35.000 Mal verkauft. Die Slow-Food-Zugehörigkeit ist dabei sicherlich ein Garant für Verantwortung. Shitstorms sind im Genussführer nicht zu erwarten, weil Lokale, die beim Testen die Erwartungen nicht erfüllen, erst gar nicht aufgenommen werden.
Ein Problem ist jedoch, dass nicht alle Slow-Food-Mitglieder bereit sind, dieses finanzielle Engagement einzugehen. Unter den vier Ruhrgebiets-Convivien (Bochum, Dortmund, Duisburg und Essen) sind die Essener dabei am eifrigsten. Dort testen an die 25 Mitglieder, und die Genussführer-Beauftragte Elsbeth Trzaska berichtete, dass man z.B. für den Testbesuch im Gasthaus Stemberg in Velbert gleich in Kompanie-Stärke mit 13 Mann (bzw. Frau) anrückte. Im Genussführer taucht es unverständlicherweise nicht auf, da es doch alle Kriterien ideal erfüllt. Und durch seine Bekanntheit würde es den Slow-Food-Gedanken gerade im Ruhrgebiet nur fördern.
Insgesamt stehen gerade einmal sechs Restaurants aus dem Ruhrgebiet im Slow Food Genussführer, bei 502 Adressen aus ganz Deutschland und 35 in NRW einmal mehr ein Zeichen dafür, dass das Ruhrgebiet Slow-Food-Diaspora ist. Ein Wunder ist das in einer Region, die sich die Currywurst zu ihrem kulinarischen Symbol erwählt hat und die Pommesbude für den Hort gutbürgerlicher Küche hält, nicht. Aber es liegt sicherlich auch daran, dass der Genussführer ehrenamtlich erstellt wird und die Mitglieder die Region bei allem Enthusiasmus nur lückenhaft erschließen können.
Attraktion der Mausefalle ist ein eigener
Kräutergarten vor der Tür.
Die Präsentation des Genussführers fand in der Mausefalle in der Mülheimer Altstadt statt, eine Slow-Food-Entdeckung. Die mehrstöckige Traditionskneipe in einem verwinkelten Fachwerkhaus aus dem 16 Jahrhundert steht seit drei Jahren unter neuer Leitung. Küchenchef Hendrik Peek, der bei Erika Bergheim auf Schloss Hugenpoet sein Handwerk lernte, hat die überkommene Kneipenspeisenkarte behutsam in Richtung anspruchsvoller und saisonaler Regionalküche verändert. Die Slowfoodies wurden auf ihn aufmerksam, weil er an einem Hang unterhalb der Petri-Kirche gegenüber einen eigenen Kräutergarten angelegt hat und so wichtige Zutaten für seine Küche jetzt mitten in Mülheim zieht.
Hier die fünf Genussführer-Restaurants im Ruhrgebiet: Restaurant Altes Casino (Dinslaken), Lecker Werden (Essen), Rôtiserie du Sommelier (Essen), Schnitzlers Restaurant und Catering (Essen), Restaurant Mausefalle (Mülheim)und Landgasthof Auf dem Brink (Sprockhövel).
Slow Food Genussführer Deutschland 2017/18. 608 Seiten. 24,95 Euro. Oekom Verlag.
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