Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus 2005/2006".
Das Restaurant gibt es nicht mehr.
Schon immer hatte mich die imposante Bruchsteinfassade des bestimmt über einhundert Jahre alten Hauses am Beginn der Hammer Straße gegenüber des freundlichen Fachwerkhotels mit dem schönen Namen Gastgeb beeindruckt. Besonders verlockend fand ich den Hinweis auf den terrassenartigen Biergarten am dicht bewachsenen Steilhang hinter dem Haus, in dem man an warmen Sommertagen bestimmt kühl und schattig sitzen kann. Doch als ich jetzt die Gelegenheit beim Schopfe griff, um im Akropolis einzukehren, war das Wetter schlecht. Als ich das Restaurant betrat, konnte der Gegensatz zum düsteren Äußeren kaum größer sein. Der in schönstem Hellblau gehaltene, mit allerlei charmantem Hellaskitsch ausgestattete Gastraum versetzte mich sofort ans warme Mittelmeer.
Irgendwie hatte der gute Kellner heute nicht seinen besten Tag. Als er den obligatorischen Begrüßungs-Ouzo auf den Tisch stellen wollte, stieß er fast die Tischdekoration um, als er am Nebentisch abräumte, kullerte ihm klackend ein Olivenkern aufs Laminat, und als ich zum Nachtisch den griechischen Joghurt mit Honig und Walnüssen (EUR 3) bestellte, wusste er gar nicht, dass dieses Dessert auf der Karte stand. Kein Wunder, denn sie weist allein 99 Positionen zum Essen auf, mit den Getränken sind es über 150. Hier findet der Griechenlandurlauber alles, was sein Herz begehrt: Vorspeisen wie Dolmadakia (gefüllte Weinblätter kalt EUR 3,50, warm EUR 5,50), Zaziki (EUR 3,50) oder Saganki (gegrillter Schafskäse EUR 6), Fleischgerichte vom Grill wie Gyros (EUR 9,80), Bifteki (EUR 10,80), Lamm und Steaks, Moussaka aus dem Backofen (EUR 9,50). Für Kinder und Senioren gibt es extra kleine Gerichte. So wunderte ich mich nicht, dass sich das Lokal bald mit Familien füllte, teils mit erwachsenen, teils mit kleinen Kindern.
Auch ich kapitulierte schnell vor der Riesenauswahl und zog es vor, von der vorgeschalteten Empfehlungskarte zu bestellen. Flusskrebsschwänze in Tomatensauce (EUR 6) schienen mir als Vorspeise verlockend, und schon bald wurde mir ein simpel angerichteter Teller gebracht. Ein schönes Häufchen, wie sich herausstellte recht bissfester Flusskrebsschwänze lag in einem bestimmt einen halben Zentimeter dicken Saucenspiegel, der mit seinem leuchtenden Rot Kräuterwürze und süß-saure Tomatenfruchtigkeit versprach, stattdessen aber nur den Hang des Kochs zum Salztopf hielt. Versöhnlicher stimmte dann der Hauptgang, ein gemischter Lammteller vom Grill (EUR 15). Zwei aus dem Lammkarree geschnittene Koteletts waren schön mit Zitrone beträufelt, das durchgebratene, lecker gewürzte Lammsteak unterschied sich aber kaum von dem gleichgroßen Filet. Dazu gab es knackig gekochtes Gemüse und einen rustikalen Salatteller. Der griechische Joghurt, den ich dann doch noch zum Dessert bekam, war nach orientalischer Art kräftig mit Gelatine eingedickt. Mit Honig überzogen und Walnüssen garniert, bildete er einen nahrhaften Abschluss der deftigen Mahlzeit.
-kopf
Essen-Werden, Hammer Str. 2
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen