Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus 2005/2006".
Das Restaurant gibt es nicht mehr. heute (2024) befindet scih hier das nepalesische Restaurant "Namaste"
Es ist schon erstaunlich, was man aus den funktionalen Räumlichkeiten einer Bankfiliale alles machen kann. Hakan Yildiz hat vor etwa zwei Jahren eine ehemalige Schalterhalle an der Rellinghauser Straße zu einem großzügigen türkischen Restaurant umgebaut. Mediterrane, fast toskanische Eleganz verbindet sich mit orientalischen Accessoires, große Teppiche bringen Gemütlichkeit in den weitläufigen, luftigen Raum. In einem Separée kann man auf typisch orientalische Art auf weichen Polstern an niedrigen Tischen speisen. Ein weiterer Extra-Raum ist als Spielzimmer für Kinder eingerichtet. Bei gutem Wetter stehen Tische auf dem engen Bürgersteig vor dem Haus. Am Anfang war vorn an der Theke auch ein Imbiss-Bereich untergebracht. Doch den hat Hakan wieder abgeschafft. „Da war immer soviel los, dass wir kaum Kontakt zu unseren richtigen Gästen hatten.“ Mitnehmen kann man alle Speisen aber immer noch.
Wenn Hakan bedient, tut er das in einer typischen Mischung aus gastfreundlicher Herzlich- und levantinischer Überschwänglichkeit. Schnell erfährt man, dass er seit 16 Jahren im Gastrogeschäft ist und als Mitglied des Sponsorenvereins von Rot Weiß Essen als Caterer dort Gesellschaften von 1500 Menschen versorgt hat. Kaum hat er die Speisekarte gebracht, so lädt er auch dazu ein, an die Theke zu kommen und sich die Tagesgerichte anzusehen, wie es türkische Tradition ist. Bis drei Uhr gibt es einen Mittagstisch mit All-You-Can-Eat-Salatbüffet, doch die Gerichte werden auch bis in den späten Nachmittag verkauft, bis sie alle sind.
Dabei ist die Karte eine ausgiebige Lektüre wert. Die gesamte Vielfalt der türkischen Küche ist da vertreten. Salate wie Kumkapı Salatsı, gemischter Salat mit Muscheln und Walnüssen (EUR 8,90), Arnavut Ciğeri (eine warme scharfe Vorspeise mit Lammleber und Zwiebeln EUR 5,90), Grillgerichte wie Kuzu Pirzola (Lammkoteletts mit gegrillten Gemüsen, EUR 11,90), Pfannengerichte wie Tarides Kava (gebratene Krabben mit Knoblauch in Weißweinsauce EUR 11,90) und Ofengerichte wie Kumkapı Tandır (Lammschulter mit buntem Gemüse, Kartoffeln und besonderen Gewürzen EUR 10,50). Sogar Gerichte aus dem Wok sind im Angebot. „Wir haben aber auch Fisch wie Dorade oder Seewolf“, weiß Hakan eilig zu ergänzen. Besonderen Spaß macht die Weinkarte, in der zahlreiche türkische Weinspezialitäten ausgiebig beschrieben werden. Die preiswerteste Flasche, ein weißer Villa Doluca aus der einheimischen Sultaniye-Traube und der französischen Semillon, kostet EUR 11,90, der teuerste, der rote Öküzgözü aus einem exklusiven Anbaugebiet in Südostanatolien, gestandene EUR 54,90.
Ich aber lasse mich von der prächtigen Auslage des mit EUR 10,50 angemessen teuren Mittagstischs überzeugen. Einträchtig liegen da die heutigen Lammhaxen in einer großen Bratreine, farbenfroh garniert mit Auberginen-, roten und gelben Paprikastreifen. Auf dem Teller wird das Fleisch dann ergänzt durch eine sonnig orangefarbene Tomatensauce, einer Portion Reis und frittierten Kartoffelecken. Der herausragende Knochen ist mit Alufolie umwickelt, damit man ihn zum Abnagen in die Hand nehmen kann, was allerdings nicht nötig ist. Denn das Fleisch ist so zart geschmort, dass es fast vom Knochen fällt. Zum Nachtisch gibt es dann einen schaurig-schön süßen, mit frischen Früchten umlegten türkischen Kuchen (EUR 3,90) und einen Cappuccino, den ein Italiener nicht hätte besser machen können.
-kopf
Essen-Südviertel, Rellinghauser Str. 177
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