Der Text erschien erstmals in "Dortmund geht aus 2006/2007".
Der Kellner zierte sich wie der Haushofmeister eines Rokokofürsten und verdrehte in gespielter Empörung die Augen: „Nein, das kann die Küche nicht verraten!“ Dabei hatte ich doch nur gefragt, ob Küchenchef Thomas Barsties der „Schaumsuppe von Edelpilzen mit geräucherter Entenbrust“ (EUR 4,50) einen Schuss Cognac zufügen ließe. Denn das intensive Aroma des Süppchens befriedigte nicht nur die Geschmackspapillen auf meiner Zunge, sondern regte darüber hinaus auch meine Phantasie als Hobbykoch an. Was will man mehr?
Leute-Gucken konnte ich an diesem frühen Freitagabend im Stravinski leider nicht. Zwei junge Frauen verließen gerade, als ich kam, das Lokal, nachdem sie sich nach einem Shoppingausflug bei einem Caffe Latte Macchiato an den auf den Bistro-Tafeln annoncierten Kuchen gütlich getan hatten, und das Konzerthaus hatte spielfrei, so dass sich kein Musikfreund die Zeit bis zum Konzert mit einem guten Essen vertreiben lassen wollte. Erst nach einer Weile erschien eine entspannte Familie unter der Führung eines jovialen Opas, die anscheinend das hochelegante, bis zur Coolness moderne Ambiente des Restaurants in der Konzerthauspassage mit der preiswürdigen Frische- und unkomplizierten kleinen Küche zu würdigen wusste. Also nahm ich Blickkontakt mit dem Namenspatron des Lokals auf den großformatigen Fotos an der Wand auf und es fielen mir einige spanische Musiker seiner Generation wie der Cellist Pablo Casals und der Gitarrist André Segovia ein – in Barcelona wäre dieser schöne Neo-Art-Déco-Laden rappelvoll.
Rasch brachte mein serviler Kellner den Hauptgang, ein „Duett von Reh und Kaninchen“ (EUR 16,20). Passend zum Raum-Design waren Fleisch und Beilagen auf dem elliptischen Teller fast japanisch abstrakt arrangiert, mundeten aber wie aus der feudalen Küche eines Jagdschlösschens in Mitteleuropa. Die beiden Fleischstücke waren mit einem Karottenstreifen zu einer Einheit vermählt, behaupteten jedoch ihren individuellen Geschmack genauso wie die hübsch anzusehenden Gemüse und das Kartoffel-Sellerie-Püree. Nach diesem Genuss mochte ich der Dessertempfehlung des Kellners, „Crème Brûlée mit Cassis-Sorbet“ (EUR 5,90) nur allzu gern glauben und wurde auch nicht enttäuscht.
Dortmund-Brückstr. 21 (in der Konzerthauspassage)
Fon 0231. 58 44 98 50
Die-Fr ab 11.30-14.30 Uhr, So, So, Mo geschlossen. Sonderöffnungszeiten an Konzerttagen.
https://restaurantstravinski.de/
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen