Donnerstag, 8. August 2013

Aus dem Archiv: Gummersbach - Appetit auf mehr

Der Text erschien erstmalig in "Essen geht aus 2014".

Achtung, dieser Mann mag’s hochprozentig! Wenn Klaus Gummersbach seinen Gästen von den Erzeugern seiner Spirituosen oder Weinen erzählt, stehen ihm vor Leidenschaft die Haare auf den Armen zu Berge. Immer hat er schöne Geschichten parat, von den faszinierenden Weinkellern des bekannten Winzers Franz Keller am Kaiserstuhl oder von den Brennern der exklusiven Schnäpse. Deren Flaschen glitzern auf dem Tresen des eleganten Lokals mit den Weinkaraffen um die Wette, die ihre Tüllen wie versilberte Entenschnäbel in die Höhe recken. Manchmal lässt Klaus Gummersbach sich auch auf einen kleinen Clinch mit seiner charmanten Frau Helene ein, etwa wenn sie zur Gänsemastleber eher einen trockenen Riesling aus dem Rheingau empfiehlt, er aber einen süßen Banyuls aus Südwestfrankreich.


Doch der Reihe nach. Das „Gummersbach“ in dem wuchtigen wilhelminischen Bau an der Ecke Frintroper/Fürstenbergstraße ist eines der bekanntesten Restaurants nicht nur im Nordosten Essens, sondern der ganzen Stadt. Die Gummersbachs sind eine feste Größe auf den Essener Gourmetmeilen in der Innenstadt und auf Zollverein, und dieses Jahr waren sie das erste Mal auch in Mülheim dabei. Da konnte ich mit Begeisterung die Wachtelschenkel auf Castelluccio-Linsen mit Balsamico Vinaigrette und Kernöl probieren, die ich jetzt beim Testbesuch auch auf der Karte wiederfand (12,90 Euro). So war es eigentlich klar, dass ich das Kleine Menü (36 Euro) bestellte, dann dazu gehörte auch eine Suppe von den toskanischen Linsen, die ich mir nicht entgehen lassen wollte. Allerdings erweiterte ich die drei Gänge um einen vierten, die bereits erwähnte Gänsemastleber mit Pfirsich-Thymian-Ingwer Konfitüre und Pfirsichspalten (18,50 Euro). Zu dieser fruchtig-süß-pikanten Angelegenheit dann doch den Banyuls zu probieren, war eine gute Entscheidung. Die zarte Gänseleber in Kombination mit den Pfirsichen hatte glatt etwas von einem süßen Dessert.

Der trockene Johannisberger Riesling Gelblack war dann eine ideale Begleitung zum regulären ersten Gang, der Suppe von Castelluccio-Linsen. Die wurde geradezu zelebriert. Auf dem Teller lag ein Häufchen Linsen, das von einer Ziegenkäsenocke gekrönt und mit einer Balsamico-Malerei verziert war. Dieses Kunstwerk wurde dann am Tisch mit der eigentlichen, sämigen Linsensuppe übergossen.

Der Hauptgang war ein Böff la Motte, der bajuwarisierten Form des französischen „boeuf à la mode“. Im „Gummersbach“ war dafür US Beef IBP löffelzart und wunderbar saftig geschmort und wurde von einer Morchel-Chili-Sauce und einem mit Tahiti-Vanille aromatisierten Kartoffel-Karotten-Stampf ergänzt. Dazu öffnete Klaus Gummersbach eine Cabernet Franc-Merlot-Cuvée aus dem spanischen Penedes, der die Vanille-Noten der Sauce widerspiegelte.

Das Dessert, eine schön buttrige Mousse von der Jivara Valrhona Schokolade, fand schließlich ihre Entsprechung in einem Ruländer, der breithüftigen älteren Schwester des spritzigen italienischen Pinot Grigio.

Und wie’s geschmeckt hat? Natürlich großartig. Allerdings war die Würzung sehr eindeutig. Das Curry-Süppchen, das es als Amuse Bouche gab, war „curryscharf“, die Linsensuppe „süßsauer“, die Chili-Sauce zum Fleisch „chili-pfeffrig“. Das biss manchmal ein wenig im Rachen, machte aber ungeheuren Appetit auf mehr.

Übrigens: Als Aperitif gab es ein bayerisches Bier, ein „Spezial“ vom Tegernsee, das einem wie mir, der mit der herben Pils-Tradition des Ruhrgebiets nichts anfangen kann, vortrefflich mundete.
-kopf

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