Mittwoch, 30. März 2016

Aus dem Archiv: Haus Stemberg - Drei Küchengrüße und ein Vordessert

Der Text erschien erstmals in "Ruhrgebiet geht aus 2016/2017".
Zu den Fotos des beschriebenen Menüs klick hier.

Mit viel Energie hat Walter Stemberg das traditionsreiche Gasthaus in Velbert-Neviges, das vor zwei Jahren seinen 150-jähriges Jubiläum als Familienbetrieb feiern konnte, in den letzten Jahrzehnten zu einer der bekanntesten kulinarischen Adressen Nordrhein-Westfalens gemacht. Für das Tüpfelchen auf dem I sorgte dann sein Sohn Sascha, der mit dem gleichen Temperament und noch mehr Talent wie sein Vater gesegnet ist, als er vor drei Jahren als Küchenchef den ersten Michelin-Stern für Haus Stemberg erkochte.

„Zwei Küchen von einem Herd“ lautet die Formel, die Walter einst erdachte und die von Sascha perfektioniert wurde. Die eine Küche, das sind Gourmet-Gerichte, die den Ansprüchen der Freunde des Fine-Dining genügen, die andere, das sind kulinarisch durchdachte Regional-Gerichte, die der bodenständigen Tradition des Hauses entsprechen und mit der die Stembergs nicht brechen wollen.

Also lasse ich fürs diesjährige Testessen das 7-gängige Degustationsmenü (85 Euro) links liegen – Sterneküche gibt es schließlich auf der ganzen Welt zu genießen. Vielmehr widme ich mich dem 4-gängigen Regional-Menü, das es in dieser Form nur hier geben kann. Die 49 Euro scheinen mir für ein Sterne-Restaurant geradezu sensationell. Schließlich gibt es zu den eigentlichen Gängen auch noch eine Reihe jener kleinen Sattmacher, mit denen die Sterne-Küche so gern glänzt. In diesem Fall sind es gleich zu Anfang drei hocharomatische Grüße aus der Küche, Tatar von der Fjordforelle, Bulgursalat und ein orientalisches Linsenschäumchen. Ehe mir am Schluss der Nachtisch serviert wird, gibt es erst noch ein Vordessert: ein Mangosorbert mit je einem Stückchen Apfelgelee und Litschi-Mausespeck.

Doch kommen wir zu den eigentlichen Gängen. Für den ersten ist zerzupfte Räucherforelle aus dem Spessart mit Radieschen, Pflücksalaten, Sauerteigbrot-Krumen und Waldorfvinaigrette zu einem Salat angemacht – optisch eine bunte Blumenwiese, geschmacklich nicht weniger bezaubernd. Auch der zweite Gang verheißt Frühling. Ebenfalls zerzupftes mariniertes Eisbein vom Thüringer Landschwein und allerlei Gemüse wird am Tisch mit einem Süppchen übergossen, das aus den Kräutern der grünen Frankfurter Sauce besteht.

Und dann der Hauptgang. Ob es wirklich klug ist, Sascha Stembergs vorgesehene Interpretation der Königsberger Klopse gegen einen Gang von der Tageskarte zu tauschen, weiß ich nicht. Aber das Kotelett vom Thüringer Landschwein mit geschmorten Zwiebeln, grünem Spargel und Bamberger Hörnchen ist eine Wucht. Es ist saftig, zart und kernig zugleich und hat die Größe der Handfläche von Dirk Nowitzki, und der kann schließlich einen Basketball mit einer Hand vom Boden aufheben.

Der Nachtisch schließlich ist eine Symphonie in sauer. Rhabarber, kombiniert mit Weizengras, Buchweizen und Quark veranstalten ein reines Feuerwerk auf der Zunge.

Übrigens: Bei den Getränken verzichte ich auf Alkoholisches. Stattdessen genehmige ich mir Saftreise (15 Euro), bei der vier verschiedene Säfte der Kelterei Van Nahmen in Hamminkeln die Gänge begleiten. Holunder-Apfel, Riesling, Schwarze Johannisbeere und natürlich Rhabarber können es dabei mit jedem Wein aufnehmen. Und mit Bier allemal.

-kopf


Kuhlendahler Str. 295, 42535 Velbert-Neviges
Fon 0 20 53. 56 49
Mo-Mi 18–23 Uhr, Sa, So 12-15 & 18-23 Uhr. Do, Fr geschlossen
https://haus-stemberg.de/

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