Der Text erschien erstmals in "Ruhrgebiet geht aus 2016/2017"
Das Restaurant gibt es nicht mehr. José António Pereira betreibt seit 2018 einen portugiesischen Feinkostladen in Mülheim (klick hier).
Eigentlich, so sagte José António Pereira einmal, sehe er sich viel mehr als ambitionierter Koch denn als Vertreter der portugiesischen Landesküche, aber um den Erwartungen des Publikums zu entsprechen, biete er in seinem Lokal die Lebensart seines Herkunftslandes. Und das tut er mit viel Eleganz, Charme und kulinarischer Raffinesse, die das Pereira zu einer der ersten Gastro-Adressen in Mülheim gemacht haben. Die ehemalige Eckkneipe in einem der letzten wilhelminischen Prachtbauten an der vielbefahrenen Mellinghofer Straße ist dafür eine ideale Kulisse. Unaufdringlich im Bistro-Stil eingerichtet, verbreiten Original-Gemälde und sanfte Fado-Klänge eine appetitanregende Urlaubsstimmung. Die sorgsam eingedeckten Tische und die aufmerksame kompetente Bedienung, die Stammgäste mit Handschlag begrüßt, immer Zeit für einen kurzen Plausch hat und überaus kompetent über die Speisen und Weine Auskunft geben kann, unterstreichen den Anspruch von José Antonio Pereiras portugiesisch inspirierter mediterraner Küche.
Neben verschiedenen Mittags- und Menüangeboten umfasst die Standardkarte auch jene Kleinigkeiten, die in Portugal eigentlich Petiscos heißen, hier aber mit dem gängigeren spanischen Begriff Tapas bezeichnet werden. Die Abendkarte wechselt monatlich, und hier stehen ausgewählte Zutaten wie Ibericoschwein, Maishähnchen und natürlich Bacalhau, der portugiesische Stockfisch, im Mittelpunkt. Letzterer unterscheidet sich, gut gewässert und fein gebraten, kaum vom frischen Kabeljau und ist in José Antonio Pereiras perfekter Zubereitung immer eine Sünde wert.
Für mein Testmenü entschied ich mich jedoch für die Tapas-Variante des Stockfischs, drei üppige Bolinhos, das sind wunderbar mit Kräutern abgeschmeckte Bacalhau-Kroketten (5 Euro). Zuvor hatte es zum Einstieg Brot mit einer appetitanregenden Aioli und als Gruß aus der Küche einen kleinen pikanten Cappucino von der Lauchsuppe gegeben, und alles zusammen war ein hübsches Vorspeisen-Ritual. Krönung war dann der Hauptgang, Kaninchenrücken im Spitzkohlmantel auf mediterranem Gemüse mit Chourico-Polenta (24,50 Euro). Selten habe ich einen solch saftigen Kaninchenrücken gegessen. Der Wein des Monats, die rote Cuvée Domini von Fonseca im Dourotal (0,2-l-Glas 7,90 Euro), passte dazu kongenial. Zum Nachtisch gab‘s schließlich die portugiesische Variante des Eiskaffees, den Espresso afagado (4,90 Euro): eine Kugel hausgemachtes Vanilleeis, übergossen mit einem Espresso.
-kopf
Mülheim, Mellinghofer Straße 80
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