Hackbarth’s Restaurant am Centro Oberhausen ist seit über 30 Jahren eine kulinarische Institution im Ruhrgebiet. Am 31. März 2023 haben sich Patron Jörg Hackbarth und seine Frau Uschi Geisinger aus dem Geschäft zurück gezogen und das Restaurant an drei ehemalige Auszubildende übergeben. Ab 13. April 2023 empfangen Küchenchef Stephan Conze, Restaurantleiter Konstantinos Georgiadis und Geschäftsführer Stefan Kutzner von der Red Door Gastro GmbH die Gäste.
Grund genug, einen Artikel, den ich im Jahr 2017 für den Restaurantführer „Essen geht aus 2018“ zum 25-jährigen Jubiläum de Hauses geschrieben habe, hier unter der Rubrik „Aus dem Archiv“ zu bringen.
Jörg Hackbarth kann in diesem Jahr (2017, Anm. d. Verf.) auf das 25-jährige Bestehen seines Restaurants in Oberhausens Neuer Mitte zurückblicken. Bei der Eröffnung eher skeptisch beäugt, ist es heute zwischen Centro, Gasometer und Schloss Oberhausen der Leuchtturm des kulinarischen Strukturwandels im nordwestlichen Ruhrgebiet.
Peter Krauskopf gratuliert.
Wir schreiben das Jahr 1992. In Amerika wird Bill Clinton zum 42. Präsidenten gewählt, in Bonn hat es sich Bundeskanzler Helmut Kohl in der Mitte seiner dritten Amtszeit mit der FDP gemütlich gemacht. Es soll noch sechs Jahre dauern, bis Gerhard Schröder es schafft, mit der Proklamierung der „Neuen Mitte“ als Standort der SPD seine Partei aus der Opposition und sich selbst zur Kanzlerschaft zu führen.
Doch 1992 haben seine Genossen in Oberhausen die „Neue Mitte“ schon längst für sich entdeckt. Unter diesem Namen wollen die Stadtplaner das riesige Gelände der ehemaligen Gutehoffnungshütte zu einem neuen Stadtteil der Industriestadt machen. Plan ist es, ein riesiges Einkaufszentrum anzusiedeln. Doch das ist gar nicht so einfach. Aus den Nachbarstädten kommt Protest, ein erster kanadischer Investor springt ab, und bis das Centro, wie wir es heute kennen, mit einem neuen Investor endlich eröffnen kann, soll es noch vier Jahre dauern. Erst einmal müssen die alten Industrieruinen abgerissen werden.
Auch vor den Toren der eigentlichen Baustelle wird in diesen Zeiten des Umbruchs investiert. Zwei Geschäftsleute haben im Lipperfeld ein Grundstück gekauft, auf dem früher ein Hochofen stand. Hier bauen sie ein Geschäftshaus, in dessen Erdgeschoss sie gern ein Restaurant eröffnen wollen. Für dessen Betrieb suchen sie einen mutigen Gastronomen und werden in Essen auf der Rüttenscheider Straße fündig. Dort arbeitet in einem Restaurant, das heute nicht mehr existiert, der damalige Mittzwanziger Jörg Hackbarth aus Hamburg als Koch, und der ist zu jedem Abenteuer bereit.
„Die Kollegen in Hamburg haben damals den Kopf geschüttelt. Was willst Du in Oberhausen? Da gibt es doch nur Currywurst und Pommes“, erinnert sich der heute 54-Jährige. „Und die in Oberhausen haben darüber gewettet, ob wir an diesem Standort länger als ein Jahr durchhalten. An uns glaubte nur Hermann Frintrop. Naja, und der konnte dann den Gewinn einstreichen.“
Denn dann sollte alles anders kommen. Jörg Hackbarth konnte die Erfahrung machen, dass es sogar „in Oberhausen Leute gibt, die Spaß am Essen haben, Ärzte, Rechtsanwälte, Apotheker“. Das Lokal, anfangs als Restaurant und Bistro konzipiert, kam an. „Allerdings wurde die Bistro-Abteilung nie nachgefragt“, wundert er sich noch heute.
Basis des Erfolges war die unkomplizierte Art des Restaurants. Während seine Frau Uschi Freisinger sich als Gastgeberin und Guter Geist des Hauses um die Gäste kümmerte, stand Jörg in der Küche, am Anfang sieben Tage die Woche. Noch heute passt die Speisekarte auf ein DIN-A-4-Blatt. „Ich habe von Anfang an nur das gekocht, von dem ich meinte, dass es den Leuten Spaß macht“, erklärt er. „Deswegen hat es bei mir auch nie so etwas wie Sterneküche gegeben. In den letzten Jahren war das in meinen Augen ziemlich übertrieben, wenn man nur Pürees und Gelees auf dem Teller bekommt und man gar nicht mehr erkennen kann, was es ist. Das ist nicht mein Stil.“
Aber er immer mit der Zeit gegangen. So hatten seine Gerichte eine Zeitlang einen asiatischen Touch, aber das ist jetzt vorbei. „Wir machen zwar immer noch eine Crossover-Küche, doch wir sehen zu, dass immer die Produkte der Saison auf dem Teller sind. Aber vielleicht etwas frecher als bei unseren Mitbewerber.“ Auch wird nicht mehr so schnell gewechselt. „Wir haben viele Klassiker, auf die die Leute Bock haben. Würde ich z.B. die Blutwurst von der Karte nehmen, würden sich die Leute beschweren. Das ist echt krass.“
Das Geburtstagsmenü, das noch bis Ende des Jahres auf der Karte steht, bietet ein exemplarischen Streifzug durch die Hackbarth’sche Küche. Probierportionen von fünfzehn Gerichten in fünf Gängen gibt es da, von Bison-Rücken rosa gebraten mit Potatoe Skins, Rucola und Spicy Mayo über gelierte Bouillabaisse mit Safran & Knoblauch bis Ochsenbacke in Portwein auf Gemüse-Risotto und gebackene Zartbitter-Schokolade mit Aprikose und Vanille (klick hier).
Heute kommen Hackbarths Stammgäste aus Bottrop, Duisburg und sogar aus Düsseldorf. 50 Prozent des Umsatzes werden im Restaurant gemacht, die andere Hälfte beim Catering. Kochkurse und Weinverkauf außer Haus runden das Geschäftsmodell ab. Am Herd steht er dabei kaum noch, aber das funktioniert, weil Hackbarth sich auf seine Küchencrew verlassen kann. „Die jungen Leute heute ticken ganz anders“ konnte er feststellen. „Sie kochen viel mehr im Team, jeder muss alles machen, und es klappt super.“
Das liegt nicht zuletzt daran, dass er mit seinen Leuten eine ganz entspannte Absprache über die Arbeitszeiten hat. Dabei hat er aus der Not eine Tugend gemacht. „Als der Mindestlohn und die damit verbundene Bürokratie eingeführt wurde, habe ich geschimpft wie ein Rohrspatz“, gesteht er. „Aber bei aller Mehrarbeit hat er in der Branche viel Gutes bewirkt. Durch die Dokumentationspflicht wissen wir jetzt genau, wieviel Stunden die Leute tatsächlich arbeiten. Und die vorgeschriebenen elf Stunden Nachtruhe stehen ja auch noch im Raum. Ich habe mich mit meinen Jungs auf eine Viertagewoche geeinigt. Wenn sie über ihre Anzahl an Stunden in der Woche kommen und das später nicht ausgeglichen werden kann, bekommen sie die Überstunden bezahlt. Wenn’s gut läuft, partizipieren sie also daran und haben Spaß über beide Backen.“
Anders als vor fünf Jahren zum 20-jährigen Jubiläum, als berühmte Köchefreunde wie Steffen Henssler, Frank Rosin oder auch Nelson Müller, die Hackbarth z.T. seit seinen Anfangstagen kennt, für die Gäste kochten, werden auf der Party zum Fünfundzwanzigsten am 10. September ehemalige Azubis und Mitarbeiter die Bewirtung bestreiten. Das dass den Gästen gefallen wird, daran hat Jörg Hackbarth keine Zweifel. „Die Leute sind in ganz Deutschland verteilt. Einer war Küchenchef bei Frank Buchholz, einer bei Nelson Müller. Da kommen Sie nicht hin, wenn Sie nichts gelernt haben.“
Auch im 25. Jahr sieht Jörg Hackbarth gelassen in die Zukunft. Dass es mit Hackbarth’s Restaurant weiter geht, dafür hat er gesorgt. Seine beiden Gründungspartner sind mittlerweile zwar verstorben, aber er hat sich schon einen jüngeren Teilhaber ins Geschäft geholt und mit einem noch jüngeren ist er in Verhandlungen. Als Familienbetrieb wird er den Laden wohl nicht vererben, seine 15-jährige Tochter Sophie zeigt da wenig Ambition. Aber wer weiß, vielleicht macht er ja noch ein zweites Restaurant auf, bevor er in den Ruhestand geht. Denn eins hat er im letzten Vierteljahrhundert gelernt: „Vielleicht muss man sich seinen Markt einfach selbst schaffen. Das hat von Anfang an funktioniert.“
Hackbarth‘s, Im Lipperfeld 44, Oberhausen. www.hackbarths. de
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