Es war ein Fest der Superlative. Mit einem dreitägigen „Food & Wine Festival“ feierte das Haus Stemberg in Velbert-Neviges vom 5. bis zum 7. September sein 150-jähriges Jubiläum. Walter und Sascha Stemberg sowie ihre Frauen Petra und Coren hatten dafür insgesamt 15 Spitzenköche aus ganz Deutschland eingeladen, davon die meisten mit Michelin-Sternen. Jeweils fünf kochten an jedem Abend für ca. 200 Gäste. Auf einer Wiese hinter dem schmucken Landgasthaus war dafür mit viel Aufwand ein entsprechend großes Partyzelt aufgebaut, zahlreiche Sponsoren und Unterstützer sorgten für ein geradezu mondänes Ambiente, und die anwesenden Gäste sorgten für gesellschaftlichen Glanz.
Für den Genießer war der Besuch der drei Abende sehr lehrreich, konnte er schließlich in kürzester Zeit die Kreationen der Köche-Elite aus ganz Deutschland probieren. Hier also Kurz und knapp die Parade dessen, was es zu Essen gab.
Nudeln aus dem Parmesanlaib mit Burgundertrüffel
Aus dem Archiv: 150 Jahre Haus Stemberg
Was da auf dem Wiesenhang in
Velbert-Neviges stattfand, war eine Geburtstagsparty der Superlative. An drei
Tagen hatte die Familie Stemberg zu einem Food & Wine Festival eingeladen,
um das 150-jährige Bestehen ihres Landgasthauses mit Michelinstern zu feiern.
15 Spitzenköche tischten auf - und 500 Gäste aßen.
Von Peter Krauskopf
Donnerstag, 4. September. Der Tag davor. Ähnlich knisternd muss die Atmosphäre gewesen sein, als vor vierhundert Jahren die Türken vor Wien lagen. Die weißen Spitzen der eleganten Pagodenzelte strahlen in der Sonne, und eine Heerschar von helfenden Händen sorgt für die letzten Aufbauarbeiten vor dem großen Sturm. Und mittendrein zwei Feldherren, die überall sind, wo sie gebraucht werden. Walter Stemberg (63), mit fröhlichem Zwirbelschnäuzer und gemütlichem Spitzbauch das Urbild eines Kochs, gibt wie einst der Großwesir Kara Mustafa die letzten Anweisungen, während sein Sohn Sascha (35) immer wieder wie Prinz Eugen, der edle Ritter, als Retter eingreift, wenn irgendwo Not am Mann ist. Und auch die Gattinnen der beiden Strategen sind voll bei der Sache. Während Walters Frau Petra sybillinisch lächelnd fürs „Ruhe Bewahren“ zuständig ist, packt Schwiegertochter Coren zahlreiche Sponsorengeschenke in Papiertaschen, die jeder Gast beim Abschied in die Hand gedrückt bekommen wird.
Noch immer bewundert Walter die logistische Meisterleistung, die die Firma Grothoff beim Aufbau des 700 Quadratmeter großen Partyzeltes geleistet hat. Das Gelände auf der steilen Wiese zwischen Gasthof, Hubschrauberlandeplatz und Golfplatz erwies sich als ziemlich schwierig. „Die haben extra dafür eine Rampe am steilen Hang gebaut und drei Tonnen Erde bewegt“, staunt er. Und die Stadtwerke Velbert haben eigens die nötigen Stromleitungen gelegt, um die fünf Messeküchen-Elemente von Pallux mit der nötigen Energie zu versorgen und die Feuerwehr die Abwasserleitungen der Toilettenlangen.
Ein Jahr Vorbereitung brauchte es, bis das Mammutprogramm des dreitägigen „Food & Wine Festivals“ stand. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer Geschichte, die im Jahr 1864 ihren Anfang hatte. Damals eröffnete an der vielbefahrenen Kuhlendaler Straße in Neviges, auf der die Kohlen aus dem nahen Ruhrgebiet ins Bergische Land transportiert wurden, der Schmiedemeister Heinrich Stemberg einen Schmiede mit Gasthof. Damit das Bier für die Fuhrleute immer schön kühl blieb, ließ er einen Gewölbekeller in den Fels hauen – eine Tat, die noch heute ihre Früchte trägt. Während der Geburtstagsfeierlichkeiten machten sich die Küchenjungen ein Jux daraus, mit einem Golf-Caddy durch die Botanik zu düsen und aus den Kellern den kalten Champagner-Nachschub zu holen.
Freitag, 5. September, 1. Tag. Schon Stunden, bevor die ersten Gäste eintreffen, tummelt sich eine neugierige Schar von Journalisten auf dem Partygelände. Der WDR hat ein ganzes Aufnahmeteam mitgebracht und dreht für die „Aktuelle Stunde“ einen Beitrag mit den beiden Damen Marita und Nicole Koch, die als Gäste eingeladen sind. Mit diesen beiden Hobbyköchinnen hatte er im letzten Jahr eine Folge für die TV-Sendung „Kochalarm“ gedreht, als ihn der Anruf erreichte, dass dem Haus Stemberg ein Michelinstern verliehen worden sei. Als auch der Senior ein paar Worte sagen soll, versteckt er sich ganz bescheiden hinter dem breiten Rücken des Juniors: „Sascha ist hier der Sternekoch, nicht ich.“
Dabei baut Saschas Erfolg auf dem Konzept auf, das Walter konsequent verfolgt, seit er im Jahr 1975 die Verantwortung im Haus Stemberg übernahm. „Zwei Küchen von einem Herd“ lautet die griffige Formel und bedeutet, dass die bodenständige Hausmannskost des Landgasthauses gleichberechtigt neben den artifiziellen Gerichten der Gourmetküche auf der Karte steht. Ein Konzept, das anfänglich als unentschieden belächelt wurde, dann aber immer mehr auf Akzeptanz stieß, weil es sich als glückliche Verbindung aus kochkünstlerischem Anspruch und geschäftlichem Erfolg erwies. Heute überzeugt es sogar die puristischen Geschmacksrichter des Michelin.
Von seinem Vater hat Sascha aber auch das große Talent zum Kommunikator geerbt, das bei Gästen wie Kollegen gleichermaßen gut ankommt und Professionalität und Herzlichkeit miteinander verbindet. Vielleicht liegt es daran, dass die beiden als Duo auftreten, aber kaum jemand in der Branche ist so gut vernetzt wie die Stembergs. Ohne das wäre es ihnen sicherlich nicht gelungen, fünfzehn Spitzenköche, darunter zwölf mit aktuell einem Michelinstern und zwei mit ehemals zwei Sternen, aus ganz Deutschland nach Neviges zu holen, damit sie jeweils ein Gericht für die Stemberg-Gäste kochen. Bei Peter Nöthel in seinem damaligen „Hummerstübchen“ Günter Maushagen von der Düsseldorfer Confiserie hat Sascha u.a. gelernt, andere Köche kennt er von den Jeunes Restaurateurs d’Europe. Selbstverständlich ist auch Nelson Müller mit dabei, der Nachbar aus dem nahen Essen. Er hat seinen Küchendirektor, den hochdekorierten Henri Bach, mitgebracht, dessen Sohn Philip zurzeit bei Stemberg lernt.
Der erste Abend entwickelte sich dann schließlich zu einem ersten Höhepunkt des Festivals. An den Kochstationen bewegten sich Stefan Prüssmann, Nelson Müller und Henri Bach, Michael Kammermeier, Georg Maushagen, Ralf Bos und Thomas Macyszin. Für die dezente Beschallung sorgte die Foss Doll Lifestyle Music. Als Moderator führte Max Schautzer durch den Abend, der sich allerdings etwas unterfordert fühlte. Als ihm Sascha Stemberg das Mikrofon aus der Hand nahm, erwies er sich als Entertainer vor dem Herrn und machte den alten Fernsehhasen arbeitslos.
Samstag, 6. September, 2. Tag. Auch heute konnte sich die Köche-Parade sehen lassen. Christoph Schmah, Oliver Röder, Marcel Schiefer, Joachim Kaiser und Lothar Buss tischten auf. Musik machte Das Duo. Die Moderation hatte die gewiefte WDR-Frau Martina Esser inne, die aus dem Schaden von Max Schautzer klug geworden war und das Mikrofon nicht aus der Hand gab. Aber es schien, als hätten diesmal die Gäste ihre große Stunde.
Wie am Abend zuvor feierten eine bunte Mischung aus Stammgästen aus der Nachbarschaft und der großen weiten Welt und anderen Freunden des Hauses, und selbstverständlich gab sich auch der Velberter Bürgermeister Dirk Lukrafka die Ehre. Manche hatten keine Mühen und Kosten gescheut hatten, um an dem denkwürdigen Fest teilzunehmen. Andere wurden sogar an allen drei Tagen gesichtet. Am heutigen Samstagabend war für viele Gäste große Gala angesagt, und viele Damen verbreiteten mit ihren Cocktailkleidern und Stöckelschuhen auf der Nevigeser Festwiese jene Düsseldorfer oder Sylter Eleganz, die die Stembergs so lässig bedienen können. Damit die Herrschaften sicher zu ihren Unterkünften kommen konnten, hatte Mercedes Lueg einen eigenen Shuttle-Dienst eingerichtet, und einen ambulanten Taxistand gab es auch. Seit jeher haben die Stembergs für die Verkehrsgünstigkeit ihres Hauses gesorgt. Dem Fortbewegungsmittel des 19. Jahrhunderts entsprechend, war es als Hufschmiede gegründet worden, später kam einen Bahnstation dazu, die heute eine Bushaltestelle ist, in den 1920-er Jahren eine Tankstelle, und schließlich der legendäre Hubschrauberlandeplatz, der aber in letzter Zeit eher weniger genutzt wird. „Die Unternehmen sind sehr sparsam geworden“, meint Walter Stemberg.
Sonntag, 7. September, 3. Tag. Das, was heute über die Bühne ging, könnte man eher als Brunch bezeichnen. Morgens um elf trudelten die ersten Gäste ein, um einen entspannten Sonntag im Festzelt zu verbringen. Die Damen waren wieder in bequeme Outfits geschlüpft, die Herren hatte es, dem guten Wetter sei Dank, an allen drei Tagen nicht in Schlips und Kragen gehalten. Fürs Essen sorgten Daniel Fehrenbacher, Peter Nöthel, Benjamin Peifer, Anton Schmaus und Michael Quendler, fürs Easy Listening sorgte die Köstritzer-Band, die Moderation besorgte die routinierte Reporter-Legende Manni Breuckmann, und der Varietékünstler Charlie Martin und seine Kollegen sorgten für allerlei Schabernack.
An allen drei Tagen hatten exquisite Winzer für die Getränke gesorgt. Am ersten Abend waren Harald Poss von der Nahe, mit dem das Haus Stemberg einen eigen Weinlinie herausgibt, und Conte Tasca d‘ Almerita aus Sizilien da, am zweiten Tag wurden Weine vom Gut Freiherr von Gleichenstein und dem Importeur „Alpina – die Wein-Referenz“ ausgeschenkt, am dritten von Brogsitter. Der Champagner stammte vom Reimser Haus Lanson, das gleich die Champagnertheke mitlieferte.
„Das sind alles alte Geschäftsfreunde von uns“, meinte Walter Stemberg. „Ich halte nichts davon, ständig die Lieferanten zu wechseln, sondern man muss zuverlässige Geschäftskontakte aufbauen. Dann findet man auch die notwendige Unterstützung, wenn man so eine Mammutveranstaltung wie unseren Geburtstag stemmen will.“ Neben den Feinkostlieferanten wie Rungis Express oder Bosfood gehören auch die Windrather Höfe dazu, ein Zusammenschluss von Bio-Bauernhöfen in der Nachbarschaft, die die regionalen Produkte liefern und auf der Party mit ihren Brotspezialitäten, Käse und Butter vertreten waren.
Am späten Sonntagnachmittag neigte sich der Kulinarik-Marathon langsam dem Ende entgegen. Während Sascha Stemberg seine Köchefreunde verabschiedete, saß Walter mit einigen Stammgästen an einem der Tische und aß – eine hausgemachte Currywurst, die jeden Abend den Abschluss der Party versüßte. Müde, aber glücklich ließ er die geschlagene Schlacht Revue passieren. Die Bestandsaufnahme ein paar Tage später sollte folgende Statistik ergeben: 1 Jahr Vorbereitung, 14000 Geschirrteile, 15 Köche, 5 Winzer, 1200 Austern, 4800 Gerichte, 700 Flaschen Wein und Champagner, Blumen ohne Ende, 3 Bands, 3 Künstler, 500, Gäste, hunderte helfende Hände.
Eigentlich wäre das jetzt der richtige Zeitpunkt für den Senior, sich in den Ruhestand zurückzuziehen und den Laden komplett dem Junior zu übergeben. Der 65. Geburtstag ist nicht weit. „Fest eingeplant ist es“, sagt er. Aber glauben tut es ihm keiner – wohl nicht einmal er selbst.
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