Dienstag, 18. Mai 2010

Dortmund: GEORGE auf dem Weg zum Stern

Das Restaurant ist ab August 2011 geschlossen.

Champagner, Lachs, Entenbrust, Physalis
und eine essbare Rose: Empfang im "GEORGE"

Wenn unter den sternverdächtigen Spitzenköchen Dortmunds Mario Kalweit von „la cuisine Mario Kalweit“ der nachdenkliche Intellektuelle ist und Dennis Rother vom „Turmrestaurant Florians“ der agile Springinsfeld, so ist Sascha Heitfeld vom „GEORGE Fine Dine“ im Pullman Hotel der barocke Verwöhner. Ganz direkt umschmeicheln seine Kreationen die Sinne des Genießenden, voll süßer, überwältigender und betörender Kraft. Wer bei Sascha Heitfeld essen geht, geht auf Nummer Sicher. „Schmeckt nicht“ gibt es bei ihm nicht.

Barocker Verwöhner: Sascha Heitfeld

Dass es hinter dieser opulenten Pracht aber äußerst differenziert und ausgewogen zu geht, davon konnten sich der Genießer und Frau Sch. letzten Samstag überzeugen. Das fünfgängige Menü (108 Euro) des Genießers war ein Crossover-Trip durch erstklassige Zutaten aus aller Welt – ein weiteres Merkmal der Küche des Sascha Heitfeld. Bottarga, d.i. Thunfisch-Rogen aus Sizilien, Milchferkel aus Westfalen, Mahi Mahi, d.i. eine Makrelen-Art aus Südamerika und Limousin-Lamm aus Frankreich bildeten ein kulinarisches Potpourri der Superlative.

Dabei lebten die einzelnen Gänge immer vom Kontrast der Zutaten. Herbes wurde durch Sanftes gedämpft, Scharfes durch Süßes gemildert. So wurde die wie Trüffel in hauchdünne Scheiben gehobelte, deutlich nach Salz und Fisch schmeckende und nur mit Arganöl geschmeidig gemachte Bottarga mit Parmesan und Rucola durch süßen Vincotto, d.i. eingedickter Traubenmost, ergänzt.

Der schaumig-zarte Milchferkelrücken kam im süß-sauer-waldigem Aromenspiel einer Apfel-Speck-Schmelze mit Balsamico-Schalotten und Steinpilzen herrlich zur Geltung.

Das feste, so gut wie nicht gewürzte Fleisch des Mahi Mahi bekam seinen Geschmack durch ein scharfes Chorizo-Sößchen (die Denaturierung des spanischen Salami zur Sauce erschien dem Genießer zu einem der seltenen Ausflüge Heitfelds in die Molekularküche), wiederum süßem Aprikosen-Konfit und Thai-Garnelen-Reis im Teigmantel.

Das Karree vom Limousin-Lamm, erstaunlich kernig im Fleisch, bekam seine exotisch-fruchtig-süße Ausrichtung durch ein Chutney von Mango, Chili und Cashewnüssen sowie ein Rosinen-Couscous.

Weinempfehlungen von Format

Auch die Weinempfehlungen, die der Genießer bekam, waren vorzüglich. Zur Bottarga, die er vorher noch nie gegessen hatte, wünschte er sich einen roten Süditaliener und wurde mit einem 2004er Terre Brune der sardischen Cantine Santadi bestens bedient. Aus Carignan gekeltert, war er von südlicher Frische, was gut zum Fischgeschmack passte, und die dezente, weiche Vanillenote ergänzte die Süße des Vincotto. Im Abgang kam dann noch eine angenehme Herbheit dazu, die ihn ebenfalls als Begleiter zum Lammkarree empfahl. (Frau Sch. bekam zu ihrem Bisonfilet einen 2004er Valserrano Reserva aus der Rioja, etwas markanter, wie es das Fleisch verlangte – aber dieses Menü ist eine andere Geschichte.) Der Mahi Mahi wurde durch einen einen 2008er Riesling Marcobrunn von Schloss Schönborn begleitet, der lässig die nötige Kraft hatte, gegen Fisch und Chorizo-Sößchen zu bestehen.

Amuse Gueulle

Bereits beim Betreten des „GEORGE“ waren Frau Sch. und der Genießer mit einem Gläschen Champagner Bauget-Jouette empfangen worden, zusammen mit einer Palette filgraner Köstlichkeiten aus Lachs, Physalis, Entenbrust und einer essbaren Rose. Diese Schmankerln gipfelten schließlich in einem Amuse Gueulle aus Seeteufel, Paprika-Karotten-Confit und Currysauce. Der eigenwillige Champagner bildete auch die Basis des gelierten Champagner-Süppchens mit Waldbeeren und Himbeer-Mascarpone-Eis zum Dessert.

Champagnersüppchen zum Dessert

Das ganze Menü zeigte deutlich, wie zielstrebig Sascha Heitfeld auf einen Michelin-Stern hinarbeitet. Bereits als Vorgänger von Dennis Rother im „Turmrestaurant Florians“ hatte er Maßstäbe gesetzt, konnte aber vor drei Jahren nicht widerstehen, ins „Pullman Hotel“ zu wechseln und dort das „GEORGE Fine Dine“ einzurichten. Mit Uwe Schlünsen, dem Direktor des Pullman Hotels, hat er einen Sponsor hinter sich, der ihm den Rücken frei hält. Doch selbstverständlich ist es nicht, dass sich ein Hotel so ein ambitioniertes kulinarisches Refugium mit 16 Plätzen leistet, selbst wenn es in die Luxusklasse eines internationalen Konzerns wie Accor gehört. Für Uwe Schlünsen ist das „GEORGE“ Standortpolitik über das Hotel hinaus. „Dortmund braucht so ein Restaurant, damit die Stadt in der Welt besser wahrgenommen wird“, meint er.

1 Kommentar:

  1. Top!Top!Top! Der barocke Verwöhner, wer wäre das nicht auch gern...

    AntwortenLöschen