Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus 2006/2007"
Das Restaurant gibt es nicht mehr.
Über den seltsamen Namen, der an gemütliches 50er-Jahre-Rotlicht erinnert und die riesige Galerie von Promifotos, die die Beliebtheit des Ladens bei Theaterleuten und Tourneekünstlern dokumentiert, ist an dieser Stelle schon mit viel Wohlwollen geschrieben worden. Auch, dass sich die Betreiber Roswitha und Karl Schirmacher an einer eher unwirtlichen Stelle im Essener Westend am Rand eines Gewerbegebiets ihre Idee von einem südfranzösisch inspirierten Restaurant realisierten, das bei Eingeweihten immer noch den Ruf eines Geheimtipps hat. Um letzteres zu ändern, haben die Schirmachers seit einiger Zeit eine flotte Internetseite eingerichtet, und immer, wenn Roswitha Schirmacher einen Gast erspäht, den sie nicht als Stammgast erkennt, fragt sie mit charmanter Neugier: „Sind Sie auf uns vielleicht über unsere Web-Site aufmerksam geworden?“
Die Speisekarte machte richtigen Appetit. Französisch-mediterrane Gerichte dominierten. Schlenker nach Spanien oder Italien, aber auch an die adriatische Küste versprachen sonnig-aromatische Gaumenfreuden. Unser erster Versuch, eine kulinarische Reise in die Provence anzutreten, wurde allerdings sogleich nach Italien umgeleitet. Mit einem südfranzösischen Rosé könne sie leider nicht dienen, bedauerte Roswitha Schirmacher, die hätten in diesem Jahr alle nicht geschmeckt, aber sie könne einen Chiaretto Bardolino (EUR 17 die Flasche) anbieten, der sei toll. Leider stellte sich der Wein dann auch nur als eine leichte Touristen-Brause heraus, die als Ergänzung zum Essen allerdings ausreichte.
Da war unsere Wahl auf das dreigängige Wochenmenü für EUR 25 gefallen. Für jeden Gang gab es die Alternative zwischen einem Fleisch- und einem Fischgericht – gerade richtig für ein abwechslungsreiches Mahl für zwei Personen. Dass die Fleischgerichte durchweg besser gelungen waren als die Fischgerichte, ist sicherlich nicht der Kreativität und Kochkunst Karl Schirmachers anzulasten. Das zeigte z.B. die Wildpaté auf Sommersalat, einen kräftige, rustikale, richtig leckere Vorspeise. Und das mit Spinat überbackene Rinderfilet war ein Fest für den Fleischfreund, das durch die Spinatkruste aus dem üblichen Steak-Einerlei heraus fiel.
Der mit Bärlauch gebeizte Lachs mit kaltem Spargel hingegen war zwar eine schöne Referenz an die Jahreszeit, doch der Beize mit dem modischen Wildkraut fehlte es an eindeutiger Würze. Richtig enttäuschend war das Ragout von Edelfischen in Hummersauce. Was die Verbeugung vor der provençalischen Küche schlechthin hätte sein können, erwies sich als Sammelsurium an Fischen und Meeresfrüchten, wie man es aus den gängigen Fischrestaurant-Ketten kennt: labbrig und trocken. Der Verdacht lag nahe, dass hier an der Qualität der Produkte und Zutaten gespart werden musste. Im Rahmen eines EUR-25-Menüs lässt sich anscheinend kein guter Fischteller realisieren, so traurig das für den Gast ist. Ein ähnliches Problem tauchte auch beim Käseteller aus Frankreich zum Dessert auf. Auch da schien die Kalkulation für die angestrebte Qualität zu niedrig sein. Hinreißend war hingegen das alternative Erdbeerparfait zum Nachtisch. Als Roswitha Schirmacher bemerkte, wie sehr uns das mundete, brachte sie unaufgefordert gleich eine zweite Portion. Und zwar gratis!
-kopf
Essen-Westviertel, Schmiedestr. 5
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