Der Text erschien erstmals in "Essen geht aus 2006/2007".
Das Restaurant gibt es nicht mehr. Heute (2024) befindet sich hier das soanische Restaurant "Tio Pepe".
Ähnlich wie Wilfried Hensels „La Buvette“ in Werden ist Thierry Eidenweils 1974 gegründete „Bonne Auberge“ im Südviertel ein Urgestein der französischen Küche in Essen. Doch anders als in dem schmucken Landgasthaus hoch über Ruhr geht es in der von außen recht trutzig wirkenden Bastille der Kochkunst an der Witteringstraße nicht so prätentiös zu. Das mag einerseits an der mittlerweile etwas altmodisch gewordenen Ausstattung liegen, die im 80er-Jahre-Chic mit schwarzen (!) Möbeln die Ausschweifungen der Pariser Belle Époque zitiert. Andrerseits liegt es natürlich an dem burschikosen Charme von Service-Chefin Susanne Förster, die mit energischer Verve die routinierten Küchenkreationen ihres Lebensgefährten an den Kunden bringt. Und die sind ganz einfach fantastisch. Das wissen nicht nur die Geschäftsleute, die mit den dreigängigen Mittagmenüs zu EUR 22 geschmackvoll repräsentieren können, sondern ganz besonders jene Feinschmecker, die sich die großen Menüs (5 Gänge EUR 39, 7 Gänge EUR 62) servieren lassen oder ganz einfach à la carte bestellen. Thierry Eidenweil hat schließlich sein Handwerk in ersten Häusern in Paris gelernt, in Kairo und an der Cote d’Azur.
Und so kommt man schon beim Lesen der Speisekarte ins Schwelgen. Vorspeisen wie Rosa Krevetten mit Baby Ananas (EUR 9,50), Gebratene Wachtelbrust auf warmen Linsensalat und Trüffeljus (EUR 11) oder Gänsestopfleberparfait in Sauerkirschgelee und Brioche (EUR 14) orientieren sich gleichwohl an der Kreativität des Pariser Lebens wie an der Bodenständigkeit der französischen Regionen, und es ist kein Wunder, wenn sich Thierry Eidenweil im heißen Sommer an den Köstlichkeiten Südfrankreichs inspirieren lässt. Hauptspeisen wie Zartes Lammkarree in Tomatenkruste gebraten mit Kräuterpesto (EUR 19,50) oder Hummerkrabben mit Nudeln auf Knoblauchcreme "Marseillaise" (EUR 17,50) sind solch mediterrane Offenbarungen. Wir wählten von der Sommerkarte den gemischten Vorspeisenteller „Bonne Auberge“, der einen guten Überblick bot. Ein wunderbares Carpaccio (eine von Eidenweils Spezialitäten), leicht geräucherter Bayonne-Schinken, Wildschweinpastete mit Preiselbeeren, Crevetten, Räucherlachs und, als besonderer regionaler Tribut an die Jahreszeit, ein Matjesfilet, gingen wie ein begeisterndes O làlà über die Zunge. Die Lammhüfte auf schwarzen Linsen (EUR 19,50), schön erdig mit Kartoffeln und Zuckerschoten serviert, war von doppelbödiger Zartheit: zartrosa gebraten und zartkernig im Biss. Auch der Seeteufel in Orangenschaum war à point, fast noch glasig und trotzdem schön durchgegart und ein konsistenzieller Widerhall des beigegebenen Kartoffelpürees. Nicht zu süß war der Orangenschaum, der schön mit den Böhnchen und Karotten der Beilage harmonierte. Zum Abschluss dann ein erfrischendes Ananas-Melonen-Eis und eine französische Crème Karamell (beides je EUR 8), von der uns Susanne Förster leider nicht erklären konnte, was an ihr typisch französisch sei. Aber egal, das kleine Menü war es mehr als wert gewesen, dass wir vor einem sonnigen Sommerabend in die fensterlose Bonne Auberge geflohen waren. Denn draußen auf dem allzu schmalen staubigen Trottoir mit dem Kunstrasen und den Eisdielentischen hätte ein wenig das Pariser Flair gefehlt.
Das Restaurant gibt es nicht mehr. Heute (2024) befindet sich hier das soanische Restaurant "Tio Pepe".
Ähnlich wie Wilfried Hensels „La Buvette“ in Werden ist Thierry Eidenweils 1974 gegründete „Bonne Auberge“ im Südviertel ein Urgestein der französischen Küche in Essen. Doch anders als in dem schmucken Landgasthaus hoch über Ruhr geht es in der von außen recht trutzig wirkenden Bastille der Kochkunst an der Witteringstraße nicht so prätentiös zu. Das mag einerseits an der mittlerweile etwas altmodisch gewordenen Ausstattung liegen, die im 80er-Jahre-Chic mit schwarzen (!) Möbeln die Ausschweifungen der Pariser Belle Époque zitiert. Andrerseits liegt es natürlich an dem burschikosen Charme von Service-Chefin Susanne Förster, die mit energischer Verve die routinierten Küchenkreationen ihres Lebensgefährten an den Kunden bringt. Und die sind ganz einfach fantastisch. Das wissen nicht nur die Geschäftsleute, die mit den dreigängigen Mittagmenüs zu EUR 22 geschmackvoll repräsentieren können, sondern ganz besonders jene Feinschmecker, die sich die großen Menüs (5 Gänge EUR 39, 7 Gänge EUR 62) servieren lassen oder ganz einfach à la carte bestellen. Thierry Eidenweil hat schließlich sein Handwerk in ersten Häusern in Paris gelernt, in Kairo und an der Cote d’Azur.
Und so kommt man schon beim Lesen der Speisekarte ins Schwelgen. Vorspeisen wie Rosa Krevetten mit Baby Ananas (EUR 9,50), Gebratene Wachtelbrust auf warmen Linsensalat und Trüffeljus (EUR 11) oder Gänsestopfleberparfait in Sauerkirschgelee und Brioche (EUR 14) orientieren sich gleichwohl an der Kreativität des Pariser Lebens wie an der Bodenständigkeit der französischen Regionen, und es ist kein Wunder, wenn sich Thierry Eidenweil im heißen Sommer an den Köstlichkeiten Südfrankreichs inspirieren lässt. Hauptspeisen wie Zartes Lammkarree in Tomatenkruste gebraten mit Kräuterpesto (EUR 19,50) oder Hummerkrabben mit Nudeln auf Knoblauchcreme "Marseillaise" (EUR 17,50) sind solch mediterrane Offenbarungen. Wir wählten von der Sommerkarte den gemischten Vorspeisenteller „Bonne Auberge“, der einen guten Überblick bot. Ein wunderbares Carpaccio (eine von Eidenweils Spezialitäten), leicht geräucherter Bayonne-Schinken, Wildschweinpastete mit Preiselbeeren, Crevetten, Räucherlachs und, als besonderer regionaler Tribut an die Jahreszeit, ein Matjesfilet, gingen wie ein begeisterndes O làlà über die Zunge. Die Lammhüfte auf schwarzen Linsen (EUR 19,50), schön erdig mit Kartoffeln und Zuckerschoten serviert, war von doppelbödiger Zartheit: zartrosa gebraten und zartkernig im Biss. Auch der Seeteufel in Orangenschaum war à point, fast noch glasig und trotzdem schön durchgegart und ein konsistenzieller Widerhall des beigegebenen Kartoffelpürees. Nicht zu süß war der Orangenschaum, der schön mit den Böhnchen und Karotten der Beilage harmonierte. Zum Abschluss dann ein erfrischendes Ananas-Melonen-Eis und eine französische Crème Karamell (beides je EUR 8), von der uns Susanne Förster leider nicht erklären konnte, was an ihr typisch französisch sei. Aber egal, das kleine Menü war es mehr als wert gewesen, dass wir vor einem sonnigen Sommerabend in die fensterlose Bonne Auberge geflohen waren. Denn draußen auf dem allzu schmalen staubigen Trottoir mit dem Kunstrasen und den Eisdielentischen hätte ein wenig das Pariser Flair gefehlt.
-kopf
Essen-Südviertel, Witteringstr.92
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen