Der Text erschein erstmals in "Bochum geht aus 2013".
Das Restaurant ist geschlossen. Zur Zeit (2024) hat der Golfclub Bochum keine öffentliche Gastronomie.Während der friedliche Wanderer in den Ruhrwiesen von Hattingen-Winz-Baak Schilder mit der Aufschrift „Betreten verboten, freilaufende Auerochsen“ findet, geht es ein paar Kilometer weiter östlich des Flusses nicht weniger gefährlich zu. Hier wird vor tief fliegenden Golfbällen gewarnt, wenn man die Straße „Im Mailand“ verlassen sollte. Schließlich befindet sich in der idyllischen Wiesen- und Waldlandschaft nördlich des Kemnader Sees der weitläufige Golfplatz des Bochumer Golfclubs, und quer geschlagene Bälle haben etwas von scharfen Geschossen.
Zentrum der Anlage ist ein historisches Fachwerkensemble, das neben dem Vereinsheim auch das „Landhaus im Mailand“ beherbergt. Seit Andreas Birk vor knapp drei Jahren die elegant-rustikale Gastronomie übernommen hat, ist sie als öffentliches Restaurant im Bewusstsein der Bochumer ein wenig verschwunden. Der gebürtige Thüringer, der zuvor als Küchenchef in einem Golfclub im österreichischen Salzburg gearbeitet hatte, konzentrierte sich bislang aufs Catering der Clubmitglieder. Dennoch war das Landhaus immer auch für die Öffentlichkeit geöffnet. Bislang fand man die Speisekarte nur auf der Internetseite des Golfclubs, in Kürze soll aber auch eine eigene Homepage freigeschaltet werden.
Ein Besuch lohnt sich allemal. Im Sommer bietet die schöne Terrasse manch schattiges und ruhiges Plätzchen, und mit viel Genuss konnte ich dort im Spätsommer von der normalen Standardkarte Andreas Birks appetitliche Frischeküche mit mediterraner und manchmal auch asiatischer Raffinesse ausprobieren. Als Amuse gueulle gab’s kleine Reibeküchlein mit Lachs, zur Vorspeise knackig sautierte Garnelen mit Aioli und Baguette (7,50 Euro). Für den Hauptgang folgte ich der Tagesempfehlung, die ganz unkompliziert für hungrige Golfspieler gedacht war: Rumpsteak mit gebratenen Steinpilzen und Salat, aber ganz ohne Sättigungsbeilage wie Kartoffeln o.ä. (16,50 Euro). Den Magen füllte schließlich der Nachtisch, ein Erdbeer-Quark-Palatschinken mit Nougatsauce (5,90 Euro).
Wer Andreas Birks kreative Art, mit den Zutaten seiner Standardkarte umzugehen, besser kennen lernen will, sollte sich jedoch freitags anmelden. Da bietet er ein 7-gängiges Degustationsmenü für 48,50 Euro inkl. Weinbegleitung an – aber nur, wenn genügend Leute reservieren. Bei meinem zweiten Besuch hatte ich Glück. Bei frühherbstlichem Wetter war die gemütliche Gaststube mit zwei Gruppen von fünf bzw. 9 Personen gut besetzt und es herrschte eine gesellige Atmosphäre. Mit gewinnendem Charme servierte die Bedienung ein improvisiertes, grundsolide zubereitetes Menü. Nach dem Amuse gueulle, geräucherte Entenbrust auf Kürbis, ging es Schlag auf Schlag weiter: carpaccioartiger Tafelspitz mit marinierten Pfifferlingen, Parmesan und Pesto, gebratene Dorade auf Bouillabaisse-Gemüse, Karotten-Ingwersuppe mit gebratenen Garnelen, Lammfilet und mit Schafskäse gefüllte Zucchini, Linsenrisotto mit Kokos, Curry und gebratener Jacobsmuschel, Filet vom Reh mit Serviettenknödel und Rosenkohl, Vanilleparfait mit frischen Beeren. Die Weine waren aus der knappen, aber durchdachten Weinkarte gut ausgewählt. Als Weißen gab es einen Grünen Veltliner von Gerhardt Markowitsch, als Roten einen Montepulciano d‘Abruzzo „Bucaro“ von Botter.
Kein Gang fiel heraus, alles schmeckte gut und war erfrischend unprätentiös. Hoffentlich erwacht das „Landhaus im Mailand“ aus seinem Dornröschenschlaf. Es würde sich lohnen.
-kopf
Bochum-Stiepel. Im Mailand 127
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