Montag, 29. Juli 2013

Aus dem Archiv: Kerzan’s Restaurant - Essen, was auf den Tisch kommt

Der Text erschien erstmals in "Dortmund geht aus 2014"

Es ist gar nicht so einfach herauszubekommen, was bei Rudi und Andrea Kerzan auf den Tisch kommt. Im Internet steht nichts, mit dem zusenden der Karte per E-Mail hat man es auch nicht so, zu oft ändert sich das Angebot. Und so bleibt einem nichts anderes übrig, als nach Neu-Asseln zu fahren, wo im kleinstädtisch wirkenden Weichbild des östlichen Dortmunds Kerzan’s Restaurant ein gastronomischer Treffpunkt ist. Eine lockere Dortmunder Kneipenatmosphäre trifft hier auf das kulinarische Selbstbewusstsein eines französischen Landgasthofs. Auf dem Tresen stehen u.a. die Dortmunder Traditionsspirituosen von Krämer, davor stapeln sich gourmetmäßig drapierte Kisten mit exklusiven Weinen aus Frankreich, Spanien und Italien. Mittags wird einem eine papierne Mittagskarte auf den Tisch gelegt, abends eine Tafel mit den Abendangeboten hingestellt. Die Standardkarte mit zahlreichen Fleisch- und Fischgerichten braucht es da eigentlich kaum, bei Kerzan’s kann und sollte man getrost essen, was auf den Tisch kommt.

Rudi Kerzan fühlt sich als Koch der Eurotoques-Philosophie verbunden, bei der die Qualität der Zutaten und ihre sachgemäße Behandlung in der Küche im Mittelpunkt steht. Im Gastraum hängt z.B. ein Plakat, das die Vorzüge des Iberico-Schweins preist, dass Kerzan mit Vorliebe verarbeitet, und man wundert sich, dass seine Gerichte bei dieser Qualität recht preiswert sind. Mittags bietet er meist bodenständige Küche mit deutschem Einschlag. Mein Testmenü kostete 14,80 Euro, und dafür bekam ich zum Einstieg ein schmackhaftes Pfifferlingssüppchen und ein Crèmespeise zum Dessert. Der Hauptgang war optisch und geschmacklich eine Wucht. Ein tadellos gebratenes Stück Fisch thronte auf einer Basis aus Flageolet-Böhnchen, Bouillonkartoffeln und geschmolzenen Tomaten und wurde von einem Spieß mit drei großen, ebenfalls tadellos gebratenen Scampi gekrönt.

Bei einem abendlichen Besuch, bei dem ich mediterrane Küchenrichtung probierte, die zu dieser Tageszeit serviert wird, bezahlte ich kaum mehr. Überrascht war ich allerdings, dass man mit den Zutaten durcheinander kam. So wurde mir mündlich ein Rucolasalat mit Entenleber für 5,80 Euro versprochen, was ich kaum glauben konnte. Es stellte sich heraus, dass es Schweineleber war, aber was soll’s. Rudi Kerzan hatte daraus mit einigen Röstitalern eine Art Burger gebaut und mit etwas Salat drapiert – eigentlich eine leckere, vollständige Mahlzeit und keine Vorspeise. Dennoch bestellte ich noch als Hauptgang Bandnudeln mit Bratwurst und Salsiccia vom Ibericoschwein (14,90 Euro), was ich sehr extravagant fand, denn Salsisccia ist eine italienische Wurstspezialität und wird kaum aus Iberico-Fleisch hergestellt. Tatsächlich handelte es sich dann auch um spanische Chorizo, nur die Nudeln waren nach Salsiccia-Art mit Fenchel gewürzt und mit zahlreichen anderen Gemüsen angerichtet. Dem Geschmack tat das natürlich keinen Abbruch. Der Nudelteller war eine mächtig-deftige Angelegenheit und forderte nach dem Leber-Burger mein Fassungsvermögen extrem heraus. Doch da tat der spanische Chardonnay von Enate (0,2l 5,70 Euro) richtig gut, um das prächtige Gericht herunter zu spülen.
-kopf
 
Dortmund-Neuasseln, Aplerbecker Str. 234
Fon 0231. 25 22 00
Mi-So tägl. 11.30-15 Uhr, 17-23 Uhr. M, Di geschlossen
http://www.hotel-kerzan.de/

 

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