Montag, 27. Oktober 2025

Urbane Landhausküche: Grünkernsuppe mit weißen Bohnen, gebranntem Weißkohl und Schnittlauch-Petersilien-Pesto (vegetarisch)


Vom Weißkohlauflauf letzte Woche (klick hier) lag immer noch die zweite Hälfte des handlichen Kohlkopfes in meiner Küche herum, und ich dachte, die einfachste Art sie zu verwerten wäre, sie im heißen Backofen zu rösten, bis die die äußeren Blatter verbrannt sind, das Innere aber zart, saftig und süß geworden ist. Eigentlich ist für diese simple Zubereitungsart, vor der selbst Spitzenkoch Thomas Bühner nicht zurückschreckt (klick hier), der zartere und weichere Spitzkohl das ideale Gemüse, aber ich dachte, mit einfachem Weißkohl ging es ja auch. Und wie das Schicksal so spielt, Instagram spülte mir ein Foto in meinen Account, bei dem gebrannter Kohl als Einlage für eine Weiße-Bohnen-Suppe mit Grünkern genutzt wurde. Und dazu gab es noch einen gehörigen Klecks Schnittlauchpesto.

Die wichtigsten Zutaten für die Suppe: Grünkern, Wurzelgemüse, Zwiebel, weiße Bohnen, Kräuter und Weißkohl.


Gebrannter Weißkohl


Grünkern, die unreif geernteten und gedörrten Dinkelsamen, die man besonders im Fränkischen findet, hatte ich noch nie verarbeitet; für eine Suppe sollten sie geschrotet sein. Ich suchte nach Rezepten für Dinkelsuppe und fand auch welche, bei denen der Schrot über Nacht eingeweicht werden sollte, was ich etwas umständlich fand. Es gab aber auch welche, bei denen der Schrot in 15 bis 30 Minuten weich gekocht werden sollte, was dann auch wunderbar klappte. Ich hatte auch keine Lust, getrocknete weiße Bohnen selbst einzuweichen, und so griff ich ganz einfach auf welche aus dem Glas zurück.

Zutaten fürs Pesto: Kürbiskerne, Sonnenblumenkerne, Rapsöl, Parmesan, Petersilie, Schnittlauch und Knoblauch (nicht im Bild)

Interessant fand ich auch, das fürs Pesto Schnittlauch verwendet werden sollte und nicht das gängige Basilikum. Ich entschied mich, noch zusätzlich Petersilie hineinzuarbeiten, und statt der gängigen Pinienkerne Sonnenblumen- und Kürbiskerne zu verwenden. Nur auf auf den Parmesan wollte ich nicht verzichten, und so ist das Gericht auch nicht vegan, sondern nur vegetarisch geworden.

Ich war überrascht, wie gut das Ganze schmeckte. Weiße Bohnen und Grünkern harmonierten fantastisch, Röstaromen kamen vom Weißkohl dazu und das Pesto sorgte für Frische und Würze.


Rezept: Grünkernsuppe mit weißen Bohnen, gebranntem Weißkohl und Schnittlauch-Petersilien-Pesto (vegetarisch)

Gebrannter Weißkohl:
1 kleiner Weißkohl

Backofen auf höschte Stufe (250 Grad) vorheizen. Weißkohl halbieren, auf ein Blech legen und 1 Stunde backen, bis die äußeren Blätter schwarz sind und der Kohl weich ist. Verbrannte Blätter entfernen. Kohl in Scheiben schneiden.

Grünkernsuppe mit weißen Bohnen:
100 g Grünkernschrot
1-2 kleine Karotten
1 kleine Petersilienwurzel
1 Zwiebel
Kräuterbund aus Bohnenkraut, Thymian, Rosmarin
1 Lorbeerblatt
Gewürzsäckchen mit Pfefferkörnern, Pimentkörnern und Nelken
1 Streifen Zitronenschale
Muskat, Kreuzkümmel, feiner Essig
Pfeffer, Salz
Rapsöl
600 ml Gemüsebrühe
370 g über Nacht eingeweichte weiße Bohnen oder fertige aus dem Glas

Karotten, Petersilienwurzel und Zwiebel in feien Würfelschneiden. In einem Topf Rapsöl erhitzen und die Gemüse darin anschwitzen. Grünkernschrot dazugeben und mitrösten. Mit Gemüsebrühe auffüllen. Kräuterbund, Gewürzsäckchen, Zitronenschale und Lorbeerblatt dazugeben, aufkochen und zwanzig minuten köcheln lasse, boid der Krünkernschrot weich ist. Sollte die Suppe zu dick werden, heißes Wasser zugießen. Selbst eingeweichte Bühnen mitkochen. Bohen aus dem Glas am Schluss zugeben und einmal aufkochen lassen. Kräuterbund, gewürzsäcken und Lorbeerballt entfernen. Suppe mit Pfeffer, Salz, Muskatnuss, Kreuzkümmel und wenig Essig vorsichtig abschmecken.

Schnittlauch-Petersilien-Pesto:
1 Bund Schnittlauch
1 Bund Petersilie
1-2 Zehen Knoblauch
1 EL Sonnenblumenkerne
1 EL Kürbiskerne
Rapsöl
Geriebener Parmesan
Pfeffer, Salz
Zitronensaft

Schnittlauch und Petersilie klein schneiden und mit Sonnenblumen- und Kürbiskernen sowie einem guten Schuss Rapsöl pürieren. Durchgepressten Knoblauch und geriebenen Parmesan untermischen. Mit Pfeffer, Salz und Zitronensaft abschmecken.

Anrichten:
Suppe auf vorgewärmte Teller verteilen und mit einer Scheibe gebranntem Weißkohl und einem Esslöffel Pesto garnieren.

Montag, 20. Oktober 2025

Gestern bei Mama revisited: Weißkohlauflauf mit Pilzen und karamellisiertem Pumpernickel (vegetarisch)


Eher zufällig stieß ich bei der Suche nach einem Gericht für dieses kühle Herbstwetter auf ein altes „Gestern bei Mama“-Rezept von 2011, „Wirsingauflauf mit Pilzen und Pumpernickel“ (klick hier). So, wie Mama es gern mochte, sorgten neben den anderen Zutaten Hackfleisch und Speck für eine Herzhaftigkeit, an die auch ich mich noch gern erinnere.

Die wichtigsten Zutaten: Steinpilze, Champignons, Weißkohl, Kartoffeln, Zwiebeln, Pumpernickel

Ich weiß nicht, ob es damals eine spontane Eingebung war oder ob ich es irgendwo gelesen hatte, jedenfalls war ich auf die Idee gekommen, die Zutaten noch um karamellisiertes Pumpernickel zu ergänzen. Jetzt, beim Wiederlesen, dachte ich, vielleicht wäre die Herzhaftigkeit auch ausschließlich damit zu erzeugen - schließlich liegt das Fleischlose ja im Trend. Also verzichtete ich diesmal aufs Hackfleisch, und siehe da, es funktionierte recht gut. Die vegetarische Variante das Auflaufs war ein fantastisches, leicht süßliches und geschmacklich vollwertiges Gericht. Allerdings sollte man die Zutaten im Vorfeld schön scharf anbraten und auch an der Würzung nicht sparen, denn wie alle Aufläufe frisst auch dieser viel Salz. Vegan wurde das Gericht aber nicht, denn ich wollte auf den kräftigen Cheddar fürs Überbacken und den Ziegenfrischkäse für die Bechamel nicht verzichten.


Weil mir die Wirsingköpfe im Biomarkt zu groß waren, nahm ich diesmal einen handlichen Weißkohl mit, der nicht weniger delikat war. Für die Pilzmischung verzichtete ich diesmal auf die Kombi Kräuterseitlinge und getrocknete Steinpilze, denn ich konnte mir im Supermarkt meines Vertrauens aus einem Rest verschrumpelter frischer Steinpilze noch eine gute Handvoll schöne Exemplare herauslesen, die mit ein paar braunen Champignons eine hervorragende Mischung ergaben. Und natürlich beherzigte ich diesmal Mamas Ratschlag von damals und schnitt die Pellkartoffeln in besonders feine Scheiben. So war das Herbstvergnügen garantiert.


Rezept: Weißkohlauflauf mit Pilzen und karamellisiertem Pumpernickel


Weißkohl und Pilze:
200 g Kartoffeln
100 g Champignons
100 g Steinpilze
400 g Wirsing
2 kleine Zwiebeln
2 Knoblauchzehen
3 Scheiben Pumpernickel
Rapsöl
Salz, Pfeffer
Gemüsebrühe

Kartoffeln in der Schale kochen. Pilze putzen und vierteln. Weißkohl in schmale Streifen schneiden. Zwiebeln und Knoblauch fein würfeln. Pumpernickel in 4 Millimeter große Würfelchen schneiden.zerbröseln.
Öl in einer Pfanne erhitzen. Zwiebel- und Knoblauchwürfel darin glasig braten. Pilze und Weißkohl hinzufügen, mit Salz und Pfeffer kräftig abschmecken. Mit etwas Brühe ablöschen. Zugedeckt 10 Minuten schmoren lassen. Aus der Pfanne nehmen.
Etwas Öl in die Pfanne geben und die Pumpernickelbrösel darin karamellisieren. Gebratenen Weißkohl und Pilze und ev. noch etwas Brühe dazu geben und noch ein paar Minuten weiter schmoren lassen.

Bechamel:
2 EL Mehl
2 EL Rapsöl
125 ml Gemüsebrühe
3 EL Ziegenfrischkäse oder Schmand
Pfeffer, Salz
Muskatnuss, Kümmel

In einem Topf Mehl und Rapsöl miteinander verrühren und erhitzen. Gemüsebrühe und Ziegenfrischkäse einrühren, mit Pfeffer Salz, Muskatnuss und Kümmel würzen und köcheln lassen, bis die Sauce sämig geworden ist und der Mehlgeschmack weg ist.

Backen:
Cheddar oder anderer Käse zum Überbacken

Ofen auf 200 Grad vorheizen.. Gekochte Kartoffeln in dünne Scheiben schneiden.
Auflaufform mit Öl einstreichen und die Kartoffelscheiben auf dem Boden überlappend verteilen. Kräftig im Pfeffer und Salz würzen. Weißkohl-Pilz-Pumpernickel-Gemisch darauf verteilen. Mit Bechamelsauce übergießen. Mit geriebenem Käse bestreuen und im Ofen überbacken, bis der Käse braun wird. 
 

Fassung von 2011 klick hier

Sonntag, 12. Oktober 2025

Mit Slow Food Bochum im Labsal, Dortmund

Jessica und Florian vom Labsal

Schon im Sommer dieses Jahres, als ich die Landpartie des Dortmunder Restaurants „Labsal“ auf der Hühnerwiese des Glückliche-Eier-Produzenten Bernhardt & Söhne in Herdecke besuchen konnte (klick hier), bedauerte ich sehr, dass ich das „Labsal“ nicht schon viel früher entdeckt hatte. Schließlich betreiben Jessica Pahl und Florian Kohl ihre Gastronomie schon seit 2017. Doch ich war wohl von der „schwäbischen Küche“ irritiert, unter deren Spezialitäten-Flagge die beiden segeln. Bei aller Wertschätzung von Kässpätzle, Schäufele und Herrgottsbescheißerle, ich musste dabei immer an treudeutsche Wohnküchen-Esskultur denken, und da wäre mir als regional-bewusstem Ruhrgebietler der Gelsenkirchener Barock ganz einfach näher gewesen. 

Aber dann war alles ganz anders. Das „Labsal“ ist ein moderner, urbaner Laden direkt gegenüber dem „U“ an der Rheinischen Straße, mit unverputzten Wänden oder solchen mit großen Blumentapeten und einer offenen Küche, bei denn die Gäste vom Tresen aus bei der Zubereitung der Speisen zusehen können. Natürlich stehen Maultaschen auf der Speisekarte, aktuell sogar mit Kimchi-Füllung, so dass sie an asiatische Nudel-Kreationen erinnern, und natürlich gibt es Kässpätzle, doch die gebärden sich als eins-A internationales Soulfood wie eine sämige Bolognese. Und darüber hinaus gibt es Gerichte, die zeitgemäßer und moderner nicht sein könnten. 



Gerade einmal elf Tische gibt es im „Labsal“

Das „Labsal“ ist eines der ganz wenigen Restaurants im Ruhrgebiet, die ich kenne, das die die Slow-Food-Idee vom guten, sauberen, fairen und - ich möchte hinzufügen – regionalen Essen so konsequent lebt, allerdings ohne sich in zeitverschwenderischer Vereinsarbeit aufzureiben. Das mag daran liegen, dass Jessica und Florian eigentlich Seiteneinsteiger im Gastronomiegeschäft sind. Ursprünglich haben beide Philosophie studiert, Jessica auch noch Soziologie. Die daraus erwachsenden Arbeitsmöglichkeiten – Jessica forschte an der Uni Dortmund, Florian arbeitete als Fußballreporter für eine Essener Zeitung – brachten sie dazu, ihre Vorliebe fürs Kochen zu professionalisieren und sich den gemeinsamen Traum eines eigenen Restaurants zu erfüllen.

Um den regionalen Ansatz zu realisieren, brachte Florian aus seiner Heimat Tübingen die schwäbische Küche mit, und Jessica fand, dass diese Küchenrichtung gut nach Dortmund passen würde. Aber fast noch wichtiger sind die regionalen Erzeuger, von denen sie ihre Produkte beziehen. Das sind allesamt Betriebe, die mit der gleichen Leidenschaft wie das „Labsal“ arbeiten.

Sechs Slowfoodies freuen sich auf ihr Menü

So war es letzten Freitag endlich Zeit, gemeinsam mit den Freunden von Slow Food Bochum das „Labsal“ zu besuchen. Florian und Jessica hatten uns ein viergängiges Sharing Menü zusammen gestellt, das wie ein Degusationsmenü durch die Vielseitigkeit der „Labsal“-Küche wirkte. Die Vorab- und die Hauptgänge wurden mittig auf die lange Tafel zum Teilen gestellt, den Zwischengang und das Dessert gab es in Einzelportionen.

Causa, eine peruanisch inspirierte Vorspeise

Besonderen Wert legte Florian auf die Herkunft der Zutaten. Die waren alle regional; doch sollte man bedenken, dass das agrarische Hinterland des Molochs Ruhrgebiet riesengroß ist. Und da gehört natürlich auch das Münsterland zu. Und so war die Liste der Produzenten beachtlich: Bernhardt & Söhne, Herdecke (Eier). Edles Fleisch, Lüdinghausen Rind, Wild). Bioland Erzeugergemeinschaft Hohenlohe (Getreide). Scellebelle, Münster (Ziegenkäse). Hartkämper, Bielefeld (Kuhmilch, Käse). Feine Fruchtlinien, Wolf, Mosel (Quitte & Walnuss). Kemker Kultuur, Münster (Kartoffeln, Rote Bete, Sauerbier & Cider).

Zu den Gängen gab es Empfehlungen von der beeindruckenden Weinkarte des „Labsal“, Alkoholfreies sowie einen bemerkenswerten Cider aus dem Münsterand.


Sharing Menü Slow Food
75 Euro pro Person zzgl. Getränke
10.10.2025, Labsal 


Verjus Rosso vom Weingut Tement, Südsteiermark, 
und Cider aus dem Münsterland
Verjus wird aus jungen unreifen Trauben hergestellt und ist alkoholfrei.


Gruß aus der Küche
Krokette vom Zander aus dem Ijsselmeer 




Appelwien (Cider aus Äpfeln und Quitten) 
von Kemker Kultuur, Münster

Herber Genuss, wie ein pelziger Champagner 



Feldstärke Grauburgunder trocken, 
Weingut Alexander Gysler Rheinhessen


Vorab


Handgemachtes Kartoffelbrot 
mit Butter des Tages



Kartoffelcausa mit Wurzelgemüse und Aji Verde

Was sich so juristisch anhört, ist die peruanische Zubereitung von Kartoffelpüree. Dazu wird das Püree mit verschiedenen anderen Zutaten und Gewürzen vermischt. Garniert war die Causa mit Topinamburchips und Möhrchen. Dazu gab die Aji Verde, ein peruanische Koriandersauce ähnlich wie die grüne Mojo-Sauce von den Kanarischen Inseln. Die Aji Verde gab den Ganzen eine scharf-säuerlich Note.



Labneh, Rote Bete & braune Butter

Ein Gaumenschmeichler par excellence und das süße Pendant zur Kartoffelcausa. Die zart geschmorten Roten Bete zergingen auf der Zunge. Labneh, die türkische an Quark erinnernde Joghurtzubereitung und die braune Butter brachten zusätzlichen Schmelz. 



2023 Spätburgunder, Kleines Gut, Uhlbach, 
schwäbischer Landwein Württemberg
Dante heißt übrigens der Hund des Hauses



Zwischengang


Maultasche von der Rehschulter
Waldpilze, Topinamburchips, Verjusgel, Wacholderschaum
Schwäbische Küche der Spitzenklasse.


Hauptgang

Geschmorte Rinderschulter
Wie ein kleines Rindfleisch-Stonehenge präsentierte sich der Hauptgang: löffelweich geschmorte Rinderschulter von edelster Provenienz. Dazu eine Germolatajus, die an ein italienisches Ossobuco erinnerte. 

Bunte Kohlschnitte 
Sorgfältig geschichteter Rot- und Weißkohl, ebenfalls in Gremolatajus. 



Kässpätzle
Schwäbische Sättigungsbeilage für die Seele und idealer Saucenträger.


Endiviensalat
Für die herbe Erfrischung zwischendurch.

Dessert


Grießflammerie
Walnusseis, Quitte, Kürbiskerne 



Ziegenkäse & Pflaumen vom letzten Jahr




Labsal. Rheinische Straße 12, 44137 Dortmund. Tel. 0231. 13 75 88 52. Di-Fr 17-22 Uhr, Sa 12-14.30 und 17-22 Uhr. labsal-dortmund.de

Freitag, 10. Oktober 2025

Gestern bei Mama revisited: Bohnensuppe Florentiner Art mit Salsiccia


Ich weiß nicht, aber irgendwie schafft es der Supermerkt meines Vertrauens seit seiner Neueröffnung immer wieder, dieses Vertrauen ins Wanken zu bringen, Sah ich doch neulich Borlotti-Bohnen im Gemüsedosen-Regal, jene wunderbare Bohnenspezialität aus der Toskana, und in der SB-Fleischtheke hausgemachte, kurz-pralle Bratwürste nach Salsiccia-Art, und sofort speicherte mein italienisch geprägtes Mittel-Zeit-Gedächtnis diese Angebote ab, mit dem Marker: „Solltest Du demnächst mal verarbeiten“. Nach ein paar Tagen wusste ich auch wie, nämlich als Neuauflage einer „Bohnensuppe Florentiner Art mit Salsisccia“, die ich schon einmal im April 2012 für die Rubrik „Gestern bei Mama“ gekocht hatte (klick hier). Als ich dann extra hinfuhr, um die Zutaten einzukaufen, waren sie natürlich nicht mehr da. Frische Salsiccia gab es überhaupt nicht, und Borlotti-Bohnen nur in pikanter Tomatensauce. Enttäuscht wollte ich mein Koch-Projekt schon aufgeben, aber dann entschloss ich mich, doch einfach über meinen Schatten zu springen. Auch wenn die fertige Tomatensauce nach der reinen Slow-Food-Lehre ein wenig zu viel Convenience war, kompensierte ich das, indem ich auf die frischen Tomaten, die man laut Rezept mitkochen sollte, einfach wegließ. Und anstelle der Sasiccia kaufte ich normale grobe Bratwürste, deren Brät ich in bewährter Manier mit Fenchelsamen, Orangenschale, Weißwein und anderen Gewürzen stilecht umoperierte (klick hier). Das Rezept sieht auch vor, dass einige Wirsingblätter mitgekocht werden. Da kam mir an der Gemüsetheke entgegen, dass da schon seit ein paar Tagen unverkaufte Spitzkohl-Köpfe lagen. Deren welk gewordenen Blätter hatte man entfernt, und so hatten sie jetzt eine handliche Größe, die für meine Zwecke völlig ausreichte.

Die Zutaten: Borlotti-Bohnen in Tomatensauce, Spitzkohlblätter und Orangenschale, Baguettebrötchen, Lauch, Fenchel, Möhren, Zwiebeln, Kräuter, Speck, Bratwürste Weißwein, Knoblauch, Sellerie

Zu Salsiccia-Brät umoperierte Bratwurst

Meiner mittlerweile verstorbenen Mutter hatte es damals jedenfalls geschmeckt, nicht zuletzt, weil die Suppe wegen der mehlig kochenden Kartoffeln, die ich verarbeitet hatte, schön sämig war. In meiner neuen Fassung wollte ich es aber auf Kartoffeln verzichten und es wie in der Toskana machen, wo man die ungebundene Suppe über würziges Landbrot gießt, dass sich dann vollsaugen kann. Auch hier hatte ich Glück im Unglück. Die Regale der Bäckerei-Filiale im riesigen Foyer meines Supermarktes waren wie leer gefegt, doch mir gelang es, die letzten beiden rustikalen Baguette-Brötchen zu ergattern. Als ich den fertigen Teller dann sah, fiel mir eine weiteres älteres Gericht ein: „Bohnen, Brot und Bacalao“, bei dem ich die Bohnen mit Klippfisch kombinierte (klick hier).

Vorbild "Gestern bei Mama" 2012 (klick hier)


Vorbild "Bohnen, Brot und Bacalao" 2018 (klick hier)
 
Meine neue Fassung schmeckte ich etwas extravaganter ab als die Mama-Fassung. Ich kochte noch eine kleine Fenchelknolle und einen Streifen Orangenschale mit; zusätzlich würzte ich mit vorsichtigen Prisen Kreuzkümmel und Schabzigerklee, den ich noch hatte. Der Vorrat an Bohnensuppe, den ich herausbekam, reichte für zwei Tage. Am zweiten Tag war alles schön durchgezogen und schmeckte noch besser. Aufs Brot verzichtete ich dann.


Rezept: Bohnensuppe Florentiner Art mit Salsiccia revisited

4 Portionen

200 g Salsisccia-Brät (fertig als Wurst gekauft oder selbst gemacht. Rezept klick hier
50 g durchwachsener Speck.
1 l Gemüsebrühe
450 g Borlotti-Bohnen in Tomatensauce (Dose)
3 Möhren
1 Stange Lauch
1 Stück Sellerieknolle oder 1 Stange Sellerie
1 kleine Fenchelknolle
1 Zwiebel
1 - 2 Knoblauchzehen
200 g Spitzkohlblätter
1 Streifen Orangenschale
3 Zweige Thymian, Rosmarin, Petersilie zu einen Strauß zusammen gebunden
Pfeffer, Salz
Geriebener Parmesan
Baguette-Brötchen, längs in Scheiben geschnitten
1 Knoblauchzehe
Olivenöl

Sellerie, Möhren und Fenchel in Würfel, Lauch in Streifen schneiden. Zwiebeln und zwei Knoblauchzehen fein würfeln. Durchwachsenen Speck ebenfalls würfeln.
In einem großen Topf den Speck in etwas Olivenöl auslassen und Knoblauch- und Zwiebelwürfeln anschwitzen, dann die Gemüsewürfel dazugeben und mit anschwitzen. Bohnen in Tomatensauce aus der Dose dazu geben. Mit Gemüsebrühe auffüllen. Zum Kochen bringen und so lange köcheln lassen, bis das Gemüse weich ist.
Kräueterbund herausfischn und entsorgen. den in Streifen geschnittenen Spitzkohl zur Suppe geben. Einmal aufkochen lassen. Mit Pfeffer, Salz und eventuell etwas Zucker abschmecken. Einen Schuss Weißwein dazu geben und so lange köcheln lassen, bis der Wirsing weich ist. Salsisccia-Brät zu Kugeln rollen und mitziehen lassen.

Brotscheiben mit einer Knoblauchzehe einreiben und auf Teller verteilen. Heiße Suppe darübergießen und mit geribenem Parmesan bestreuen. 
 

Montag, 6. Oktober 2025

Urbane Landhausküche: Shepherd's Pie vegan mit Linsen und Kräuterseitlingen


Auf der Suche nach einem wärmenden und sättigenden Rezept, mit dem ich der Schafskälte begegnen konnte, die beim diesjährigen kalendarischen Herbstanfang den durchaus goldenen Sonnenschein begleitete und mir ganz gehörig in die Knochen gefahren war, stieß ich auf Instagram auf ein vegetarisches Shepherd's Pie. Shepherd's Pie ist ursprünglich ein irisches Gericht, das überall auf der Welt verbreitet ist, wohin Iren in den letzten Jahrhunderten ausgewandert sind. Dafür wird Hackfleisch vom Lamm mit Kartoffelstampf überbacken; wird dafür Rinderhack verwendet, heißt es in der Regel Cottage Pie.


Zutaten fürs Linsengemüse: grüne Linsen, Thymian, 

Zwiebeln, Knoblauch, Kräuterseitlinge, Möhre

Für die vegetarische Variante wurde das Hackfleisch durch Linsen und Champignons ersetzt, was mich als Linsen-Aficionado sofort überzeugte. Die proteinreichen Linsen schaffen das gleiche körnige Mundgefühl wie Hackfleisch (man beachte mein Rezept für eine Bolognese aus Linsen und Walnüssen klick hier), und Pilze sind ebenfalls ein beliebter Fleischersatz. Aber statt der doch recht profanen Champignons entschied ich mich für Kräuterseitlinge, die einen festeren, fleischigeren Biss haben, aber durch ihre leichte Bitternote nicht jedermanns Geschmack sind.

Die Pilze briet ich in Rapsöl mit Thymian, Zwiebeln, Knoblauch und einer Möhre an, gab dann separat gekochte Linsen (ich hatte noch einen Rest grüne) dazu schmorte alles mit etwas Gemüsebrühe durch. Mit Senf und Apfelessig abgeschmeckt, ergab das ein schmackhaftes Linsengemüse, das mit mehr Flüssigkeit auch prima als Linsensuppe durchgegangen wäre.

Zutaten für die Püree-Haube: 
Pastinake, Kartoffeln, Blumenkohl


Bei der Püreehaube hielt ich mich ziemlich an das raffinierte Rezept. Ich kochte mehligkochende Kartoffeln, Blumenkohl und Pastinaken sehr weich und zerstampfte sie gemeinsam. Den Stampf würzte ich mit Pfeffer und Salz, fügte noch Muskat hinzu und machte ihn mit Gemüsebrühe und Rapsöl geschmeidig. Hier hätte man natürlich auch Butter nehmen können, die dem Ganzen einen feineren Geschmack gegeben und beim Überbacken für eine schnellere Bräunung gesorgt hätte. Mit Rapsöl wurde das Gericht aber sogar vegan.

In einer Auflaufform wird das Linsengemüse 
mit Püree bedeckt und dann gebacken.


Als das Ergebnis aus dem Ofen kam, erfüllte es alle meine Erwartungen. Es war heiß, wohlschmeckend und sättigend, dabei von erstaunlicher Leichtigkeit. Allerdings weiß ich nicht, ob ich das nächste mal wieder Kräuterseitlinge nehmen werde. Andere Pilze sind aromatischer und schmecken mir einfach besser. 

Als ich nach dem Essen noch einmal durch meinen Blog surfte, entdeckte ich zu meiner Überraschung, dass ich vor knapp drei Jahren schon einmal ein sehr ähnliches Gericht gepostet hatte: eine Linsen-Pilz-Kartoffel-Pfanne aus dem Ofen. Dabei wurde das Linsengemüse nicht unter Püree, sondern unter einer Haube von Kartoffelscheiben gebacken. So entstanden wunderbar krosse Kartoffelchips, die dem rustikalen Gericht eine fast elegante Note verliehen. (Zum Rezept klick hier)

Variation von 2023 mit Kartoffelscheiben



Rezept: Shepherd's Pie vegan mit Linsen und Kräuterseitlingen

4 Portionen

Linsengemüse mit Pilzen:
200g Linsen
1 EL Rapsöl
1 Zwiebel
2 Knoblauchzehen
100 g Möhre
250 g Kräuterseitlinge oder andere Pilze
Thymian
200 ml Gemüsebrühe
1 TL Senf
1 TL Apfelessig
Pfeffer, Salz

Linsen mit doppelter Menge Wasser nach Packungsanagbe in ca. 30 Minuten weich kochen. Überschüssiges Wasser abgießen.
Karotte, Zwiebel und Knoblauch würfeln. Pilze in mundgerechte Stücke schneiden.
In einer Pfanne Rapsöl erhitzen, Zwiebel- und Karottenwürfel darin gut anbraten. Knoblauch, Thymian und Pilze hinzugeben. Bei geschlossenem Deckel sautieren, bis die Pilze weich werden. Linsen dazugeben, mit Gemüsebrühe aufgießen. Erst mit geschlossenem Deckel, dann ohne Deckel einkochen, bis alles gar und dicklich ist. Mit Pfeffer, Salz, Senf und Apfelessig abschmecken.

Püree:
500 g Blumenkohl
120 g Pastinaken
2 Kartoffeln, mehlig kochend
Salz, Pfeffer,
geriebene Muskatnuss
etwas Gemüsebrühe oder Wasser
Rapsöl

Kartoffeln und Pastinaken schälen und in gleich große Würfel schneiden. Blumenkohl ebenfalls in gleich große Röschen und Stücke schneiden. Alles in Salzwasser gar kochen. Wasser abgießen, ausdämpfen lassen und zu einem Püree stampfen. Um es geschmeidig zu machen, etwas Rapsöl und evtl. Gemüsebrühe hinzu fügen.

Backen:
Ofen auf 200 Grad vorheizen.
Linsen-Pilz-Gemüse in eine entsprechend große Auflaufform geben und glatt streichen. Mit einem Spritzbeutel das Püree darauf verteilen und mit den Zinken eine Gabel glattstreichen, so dass ein schneckenförmiges Rillenmuster entsteht. Püree mit Rapsöl einpinseln.
Ca. 20 Minuten im vorgeheizten Ofen Backen. Herausnehmen und noch einmal mit Rapsöl einpinseln.
Ofen auf 250 hochschalten und den Shepherd's Pie fertig backen, bis er goldbraun wird.
 

 

Samstag, 4. Oktober 2025

Gourmetmeilen 2025: Herbstvergnügen auf dem Panhasfest in Hattingen



Die Hattingia auf dem St.Georgs-Kirchplatz

In gewisser Weise ist das Panhasfest die herbstliche kleine Schwester des sommerlichen Kulinarischen Altstadtmarktes KAM (klick hier) in Hattingen. Im Rahmen des Herbstmarktes bieten die KAM-Wirte Diergardts „Kühler Grund“, Haus Kemnade, Gasthaus Weiß, An de Krüpe, Las Olas und Eggers (die Bäckereikette Löscher gehört auch noch dazu) noch bis zum 5.10.2025 rund um die St.Georgs-Kirche mit jeweils drei Gerichten ein nicht so umfangreiches Programm wie im Sommer; dafür ist es gemäß der kühleren Jahreszeit umso deftiger. Alles ist wärmend und ziemlich fleischlastig, die namensgebende Spezialität Panhas steht in zwei verschiedenen Variationen auf den Speisekarten von Diergardts und Eggers.



Auch ein Genuss: Vivaldis Vier Jahreszeiten auf der Gitarre

Zwei Mal kam der Genießer nicht umhin, in diesem Jahr den herbstlichen Ausflug zum Panhasfest nach Hattingen zu unternehmen. Am Eröffnungstag bei linden Temperaturen zum Vorglühen noch allein, am darauffolgenden Feiertag dann in der bewährten Begleitung von Slow-Food-Campanero Jochen; später gesellten sich noch Silke und Torsten von der Facebook-Seite „Mein kulinarisches Dortmund“ dazu. Und so waren wir genug hungrige Mäuler, um einen recht großen Querschnitt durch das Speisenangebot testen zu können. 
Kurz zusammengefasst: wir waren ziemlich beeindruckt. Die Gerichte zwischen 10 und 14 Euro, die an den ambulanten Ständen mal eben so zubereitet wurden, bestachen nicht nur durch ihr grundsolides Preis-Leistungs-Verhältnis, sondern waren allerbeste Gasthausküche, wie man sie im Restaurant nicht besser bekommen kann. Obwohl unter freiem Himmel angeboten, hatte das nichts mit Street Food oder Kirmesattraktionen zu tun - auch wenn die Schlange bei den Reibekuchen am längsten war. (Leider sind im Internet oder im Programmheft die Preise nicht vermerkt. Weil ich vergessen habe, sie zu notieren, kann ich ich sie unten nicht nennen.)

Vorglühen am Eröffnungstag
2.10.2025, Panhasfest




Las Olas
Sangria
Erinnerungen an den Sommer.



Las Olas
Spanischer Linsen- und Bohnen-Eintopf mit Chorizo
Ein Eintopf, wie ihn auch die Bergleute im Ruhrgebiet gegessen hätten. Durch die Chorizo von wärmender Chili-Schärfe.



Eggers
Sprockhöveler Panhas kross gebraten
mit Bratkartoffeln, Röstzwiebeln und Apfelkraut-Senf-Dip

Ein üppiges und in seiner Urigkeit durchaus herausforderndes Gericht.



Kein Einheitsessen am Tag der deutschen Einheit
3.10.2025, Panhasfest



Haus Kemnade
Frisch gebackene Reibekuchen mit Apfelkompott
Trotz der erstaunlichen Dicke ein luftig-krosses Kartoffel-Vergnügen.



Gasthaus Weiß
Grünkohl mit Mettwurst und hausgemachten Röstkartoffeln
Der Grünkohl kräftig würzig, die Wurst schön pikant, die Röstkartoffeln frisch gemacht.




An de Krüpe
Königsberger Klopse vom Reh
Kartoffelpüree & Rote Beete Salat
Das Püree schön buttrig, die Rote Beete von animierender Süß-Säure, die Sauce himmlisch soft. Die Klopse hätten etwas mehr Würze vertragen, aber da waren ja noch die frittierten (!) Kapern als crunchiges Topping.



Gasthaus Weiß
Sauerbraten vom Hirsch mit Rotkohl und einem Kartoffelkloß
Der Sauerbraten ist ein Panhasfest-Klassiker im Gasthaus Weiß. Der Rotkohl fein geschmort, das Fleisch löffelweich wie immer – nur schien uns die Sauce dieses Jahr erstaunlich süß und wenig sauer.




Haus Kemnade
Hirschragout aus heimischer Jagd mit Preiselbeeren und Kürbisknödel
Fast der Zwillingsbruder vom Hirsch-Sauerbraten im Gasthaus Weiß. Zart geschmortes Fleisch; aus der pikanten dunklen Sauce stachen als schöne süße Akzente die Preiselbeeren hervor. Der Kürbisknödel eine Entdeckung, bei aller Festigkeit schön zart und saftig.



Diergardts „Kühler Grund“
Diergardts hausgemachter Panhas 
mit Preiselbeeren, Apfel-Meerettich & Rübenkraut, dazu frische Bratkartoffeln 

Die Krönung es Panhasfestes ist ebenfalls eine bewährter Klassiker - aber auch eine Studie über das Thema: Wie bringt man Panhas-Skeptiker dazu, dieses urige Gericht zu mögen? Animierender kann die Ausgewogenheit zwischen süß, sauer, scharf und knusprig nicht sein. Scheinen zwei Scheiben Panhas am Anfang fast zu viel, will man am Ende eine dritte haben – die ausbalancierte Kombi Preiselbeeren, Meerettich und Rübenkraut macht's.



Bäckerei Löscher
Waffel Schwarzwälder mit Kirschen, Schokostreuseln und Sahne
Warum die perfekt gebackene Waffel „Schwarzwälder“ heißt, weiß man wohl nur bei Löscher – ich vermute wegen der bekannten Kirschtorte. Waffeln mit Kirschen und Sahne sind jedoch auch fester Bestandteil der Bergischen Kaffeetafel und somit für Hattingen eigentlich ein regionales Produkt.




An de Krüpe
Karamellisierter Kaiserscharrn
mit Rumrosinen, Apfelkompott und Puderzucker
Einfach ein Gedicht.



Gut gesättigte Gourmetmeilen-Hopper: 
Leider ist die diesjährige Saison jetzt vorbei.

Panhasfest, Hattingen, St.Georgs-Kirchplatz. Geht noch bis 5.10.2025. Alle Infos hier.