Der Artikel erschien erstmalig in "Essen geht aus 2013".
Dass ich ausgerechnet nach Mülheim-Speldorf fahren musste, um einen Besuch bei einem Edel-Italiener in Essen-Rüttenscheid zu toppen, hätte ich nicht gedacht. Während ich bei Diego in der „Trattoria Trüffel“ schon von der goldenen, elektrisch betriebenen Pfeffermühle zutiefst beeindruckt war, geriet ich in „Mölleckens Altem Zollhaus“ gänzlich aus dem Häuschen. Wenn man hier bei Pfeffer- und Salzmühle aufs Knöpfchen drückt, speien die Dinger nicht nur surrend die Gewürze aus, sondern leuchten mit einem kleinen LED-Licht den Teller auch noch punktgenau aus! Kerstin Möllecken freut sich jedenfalls von Herzen, als sie merkte, welchen Spaß ich damit hatte.Zusammen mit ihrem Mann betreibt sie das kleine Hotel an der Duisburger Straße schon seit Jahren, und Thomas Möllecken hat es mit seiner feinen Küche zu einem der führenden Häuser im südwestlichen Ruhrgebiet gemacht. Früher einmal hatte er auch einen Stern, doch diese Auszeichnung würde bei seiner bodenständigen, aber dennoch eleganten Küche nur irritieren. Ein Besuch an seinem Stand beim „Kulinarischen Treff“, der jährlich stattfindenden Mülheimer Gourmetmeile, ist Pflicht für jeden Feinschmecker.
„Raucher oder Nichtraucher?“, fragt mich Kerstin Möllecken, und als ich „Nichtraucher“ sage, führt sie mich aus der geselligen, kneipenartigen Bistro-Abteilung mit dem großen Tresen in den „Salon“ mit perfekt eingedeckten Tischen. Für die kleine Terrasse ist es leider zu kalt. Im Salon beendet gerade ein Paar sein Mahl, und so sitze ich bald allein in dem eleganten Raum. Das gefällt mir, kann ich mich doch ungeniert dem hübschen Tisch-Spielzeug widmen.
Und natürlich dem Menü, das ich mir à la carte zusammenstelle. Neben der normalen Karte gibt es auch noch eine Fisch-Karte, auf der auch die anderen Tagesangebote stehen. Heute ist das u.a. ein Filet vom Thüringer Duroc-Schwein mit Speldorfer Blutwurst an Kartoffel-Endivienstampf (18,20 Euro), aber ich entscheide mich dann doch für die Variation von Atlantikfischen auf mediterranem Gemüse in Safransauce (21 Euro). Auch das ist eine deftig-üppige Portion mit Filets von Steinbutt, Dorade und Lachs zusammen und einer sommerlich nach Safran schmeckenden, sahnigen Sauce. Der dazu gereichte Risotto mit ganzen Salbeiblättern ergänzt das mit crèmiger Schlotzigkeit. Der Grauburgunder (0,2l 5,90 Euro), der mir dazu empfohlen wurde, brachte die nötige Breite mit.
Eine Überraschung war die Vorspeise: Gebratene Kaninchenleber auf toskanischen Gurken-Brotsalat (11,50 Euro). Eigentlich kenne ich Kaninchenleber nur als mit Honig, Äpfeln und Zwiebeln gebratene Köstlichkeit, hier wurde auf die Süße aber weitgehend verzichtet. Stattdessen ergaben die pikante Gurke, die krachenden gerösteten Brotwürfel und die butterzarte Leber ein überraschend erfrischendes Aromabild, das überzeugte.
Auch das Dessert, eine Mousse vom Weinbergpfirsich auf gepfefferten Erdbeeren mit Vanille-Crumble (8,50 Euro), war eine schöne, ausgewogene Geschmackskomposition. Leider hatten die Pfirsichstücke, mit denen der Teller garniert war, noch nicht die optimale Reife erreicht.
-kopf
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