Der Artikel erschien erstmalig in "Essen geht aus 2013".
Ich erinnere mich noch gut daran, als die Genießervereinigung Slow Food im Kulturhauptstadtjahr 2010 im „Tablo“ ein großes türkisches Gastmahl veranstaltete. Als türkisches Restaurant 14 Punkte im renommierten Restaurantführer „Gault-Millau“ zu haben, war damals einzigartig. Yilmaz Doğan und sein Koch Turhan Demirci hatten sich mächtig ins Zeug gelegt die Vielfalt der türkischen Küche aufs „tableau“ gebracht, darunter solche Spezialitäten wie „mantı“, die kleinen gefüllten Maultaschen, bei denen die türkischen Hausfrauen den Ehrgeiz haben, 50 auf einen Löffel zu bekommen. Auf der aktuellen Karte des „Tablo“ sind sie in etwas größerer Form als „Kıymalı çerkez mantısı“ mit Hackfleisch und Zwiebeln gefüllt auf Joghurt und Tomaten-Basilikum-Knoblauchsauce (12 Euro) zu finden. Großartig ist auch immer ein Besuch des Standes bei „Essen…verwöhnt“. Seit 2011 ist das „Tablo“ das einzige türkische Restaurant, das auf der „Königin der Gourmetmeilen“ in der Essener Innenstadt vertreten ist. Letzten Sommer war es unverzeihlich, sich da „Hünkar beğendi“ entgehen zu lassen, Kalbsfilet auf Auberginenpüree mit Kaşarkäse und Buttersauce.
Den meisten Leuten ist die türkische Küche als eine mehr oder weniger proletarische Imbiss- und Urlaubsküche vertraut, dabei stammen viele der klassischen Gerichte aus der Palastküche der Sultane und sind von einer geradezu hochherrschaftlichen Feinheit. Hier ist der gastronomische Ansatz des „Tablo“, der sich auch im modern-eleganten, so gar nicht folkloristischen Ambiente des Lokals mit offener Showküche widerspiegelt. Und auch die Lage an der Huyssenallee im Bannkreis von RWE Tower und Aalto Oper ist eine der repräsentativsten der Stadt.
So war ich denn auch nicht verwundert, dass ich beim diesjährigen Testbesuch für eine Fleischzubereitung nach „Iskender“-Art mit 21 Euro gut doppelt so viel bezahlen musste wie in einem türkischen Imbiss. Allerdings bestand „Yoğurtlu kuzu Iskender“ auch nicht aus dem gängigen Kebab-Geschnetzeltem, sondern aus kurz gebratenen Lammrückenstreifen, die jedoch ganz traditionell auf geröstetem Brot mit Joghurt und Tomaten-Buttersauce formvollendet serviert wurden. Ein wenig zarter hätten sie schon ausfallen können (am besten wäre natürlich ein am Knochen im Ofen geschmorter ganzer Lammrücken gewesen), doch zusammen mit dem voluminösen türkischen Rotweincuvée Yakut (0,2 l 5,90 Euro) war das Hauptgericht ein wunderbare kulinarische Erfahrung.
Als Vorspeise hatte ich „Paşa meze“ (8 Euro) gewählt, ein pikant mit Paprikapulver und Minze gewürztes Schafskäsepüree mit Joghurt und Walnüssen. Optisch eher einfach, bildete es zusammen mit dem kleinen, aufgebackenen Brotfladen einen herrlich erfrischenden Einstieg, der einem Pascha würdig war.
Ähnlich auch der Nachtisch. Die Desserts sind nicht auf der Karte des „Tablo“ zu finden, und so ließ ich mir von der rührigen Bedienung „Künefe“ (9 Euro) empfehlen. Es kam dann auf einem einfachen Metallteller diese typisch türkische Süßigkeit. Für „Künefe“ werden die in Butter eingeweichten türkische Fadennudeln Tel Kadayif zusammen mit Büffelmozzarella im Ofen gebacken, mit Zitronensirup getränkt und mit gehackten Pistazien dekoriert. Das war exotisch, pikant und natürlich schön süß und so ganz anders, als man sich hierzulande ein gängiges Dessert vorstellt.
-kopf
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