Warum Hamburger, wenn es Austern gibt?
Es gibt Leute, die denken, ich würde auf den Gourmetmeilen immerzu essen. Dem ist ja auch so, aber die Hauptarbeit besteht darin, die Gerichte zu fotografieren. Und zwar, bevor sie aufgegessen sind. Allerdings, so muss ich gestehen, hat da die Leidenschaft da ein wenig nachgelassen, seitdem ich vor nunmehr 14 Jahren meine Karriere als Gourmetmeilen-Hopper begann. Damals hatte ich mir vorgenommen, über meine Abenteuer auf dieser ganz besonderen Art von kulinarischen Veranstaltung im Internet zu berichten und dabei bei den Fotos das Essen in den Mittelpunkt zu stellen. War ich damals einer ersten, der so etwas überhaupt postete, quillt das Netz heut dank der mittlerweile entstandenen sozialen Netzwerke vor Fotos nur so über. Die Gäste zücken permanent ihre technisch hochgerüsteten Handys, und vor allem die Gastronomen selbst haben längst bemerkt, welch werbende Wirkung die entweder selbstgeschossenen oder von eigens engagierten Profis gemachten Bilder im Netz haben. (Hier übrigens die Links zu meinem ersten Gourmetmeilen-Post von 2009 klick hier und zu einem der aufwändigsten von 2012 klick hier).
Der Genießer bei der Arbeit.
Fotos von Hendrik van Dillen und Silke Albrecht
Fotos von Hendrik van Dillen und Silke Albrecht
Am zweiten Tag vom diesjährigen „Bochum kulinarisch“, das bislang bei schönstem Gourmetmeilenwetter ein wunderbares Comeback nach der Corona-Zwangspause feiern konnte, wurde ich von den Kollegen Silke von der Facebook-Gruppe „Mein (kulinarisches) Dortmund“ und Tom vom Restaurantführer „Bochum geht aus“ begleitet. Wie häufig bei unseren gemeinsamen Restaurant-Presseterminen, teilten wir auch hier die meisten Portionen kollegial zu dritt, um möglichst viele verschiedene Gerichte probieren zu können. Als wir folglich an der ersten Station eine Portion und drei Bestecke ordern wollten, schritt Silke ein. Sie griff ganz einfach in ihre Gourmetmeilen-Expeditions-Handtasche und zog ein individuell zusammen gestelltes Besteck-Necessaire hervor, das alles andere in den Schatten stellte und sogar auf Instagram für Aufsehen sorgte.
Mit Tom und Silke unterwegs. Foto Silke Albrecht
Neben den Sachen, nach denen uns spontan der Sinn stand, waren zwei Challenges auf dem Programm. Einmal das „Duell der Weicheier“, das ich das erste Mal 2017 ausgetragen hatte (klick hier). Damals standen das Onsen-Ei von Takeshi und das Landei von Diergardt auf dem Programm, in diesem Jahr waren die weichen Eier zum Livingroom und zum Franz Ferdinand gewandert. Die zweite Challenge war das „Duell der pikanten Würstchen“, bei dem die Salsiccia-Gerichte vom Meistertrunk und vom Momo in Wettstreit treten mussten.
Hier also die Dokumentation des entspannten Nachmittages. Bei aller Geselligkeit habe ich allerdings die Chronistenpflicht, die Preise zu notieren, vergessen. Und weil die Preise weder im Internet noch im Programmheft stehen, konnte ich sie auch nicht nachrecherchieren. Aber keine Angst, die Preisgestaltung ist - anders als bei „Dortmund à la carte“ letzte Woche - sehr moderat. Die Gastronomen scheuen sich nämlich nicht, mittlerweile gesunkene Einkaufspreise an die Kunden weiterzugeben, wie Kollege Tom recherchierte.
Alkoholfreier Bellini bei Diergardt
Das Kollegial-Geteilt-Menü
Bochum kulinarisch, 20. August 2023
Bochum kulinarisch, 20. August 2023
Waldhaus
Austern mit Champagner Roederer
Wer mit Silke unterwegs ist, kommt an Austern nicht vorbei. Und wenn es dann noch solche Prachtexemplare sind, von Waldhaus-Chef Lan Demiri fachmännisch geöffnet, ohne einen Tropfen Meerwasser zu verschütten, ist das aber auch Pflicht. (Kleine Publikumsbeschimpfung am Rande: Warum sieht man so viele Leute, die auf dem Boulevard einen Hamburger herumtragen? Ich kann nicht verstehen, warum man auf eine einmal im Jahr stattfindende Gourmetmeile geht, um einen Hamburger zu essen, den es doch täglich an jeder Straßenecke gibt?)
Das Duell der Weicheier
Livingromm
Onsen-Ei
mit Blattspinat, Trüffel, Kartoffel & Nussbutterschaum
Das Onsen-Ei ist eine japanische Spezialität, bei der ein Ei bei 63 Grad 60 Minuten lang pochiert wird. Durch die präzise Einhaltung der Temperatur bekommt das Eigelb eine einzigartige Cremigkeit. In diesem Gericht war die die Aufgabe tadellos gelöst. Mit den Beilagen ein zu Herzen gehendes Soulfood, warm, weich und mit unwiderstehlicher Umami-Umarmung.
Franz Ferdinand
Gemüse Tatar mit Freiland-Eigelb
an gerösteter Bauernknauze und rote Rüben-Mousse
Eine farbenfrohe Brotzeit, wie es sich in einem Wiener Beisel gehört. Es heißt zwar, dass die Augen mitessen, aber hier hätte man etwas mehr an die Zunge denken sollen – zumal beim Servieren das Eigelb vom Gemüsetatar gekullert war. Bauernknauze ist übrigens das Brot.
Eindeutiger Sieger des „Duells der Weicheier“ ist das Onsen-Ei vom Livingroom
Das Duell der pikanten Würstchen
Meistertrunk
Hausgemachte Salsiccia
Gegrillte Avocado auf mediterranem Topping, Rucola in Honig-Senf
Salsiccia ist eine italienische Bratwurst-Spezialität, bei der das Brät in der Regel mit Fenchel und Weißwein abgeschmeckt wird. Beim Wurstmachen wurde hier ganz Arbeit geleistet, herzhaft und dezent zugleich. Das mediterrane Topping aus Tomate und Paprika war klasse, und auch der Rucola-Salat, häufig Füllmaterial auf zu leeren Gourmetmeilenteller, war schmackhaft mit Honig-Senf mariniert. Nur mit der gegrillten Avocado konnte ich mich nicht anfreunden.
Fazit:
Einen eindeutigen Sieger gab es nicht. Die Wurst war bei beiden Anbietern gut, wobei die hausgemachte vom Meistertrunk einen Sonderpunkt verdiente. Bei beiden hätten die Beilagen perfekter sein können.
Takeshi
Sushi Omakase
mit Nigri aus Lachs, Tuna und Rotgarnele sowie Rolls Aburi Sake und Ebi Chop California aus Avocado, Spargel, Gurke, Lauch
Seit Monaten geht die Nachricht um, das der Bochumer Sushi-Meister Takeshi nach Dortmund zieht. Also galt es, sich bei „Bochum kulinarisch“ in die Kondolenz-Schlange am Stand einzureihen und die große Sushiplatte zu bestellen. Großartig, wie immer.
Diergardt
Saftiges badisches Schäufele vom Landschwein
Kräuter-Schalotten-Jus, lauwarmer Kartoffel-Pfifferling-Salat
Klassisch, gut und handwerklich perfekt. Das rosafarbene Landschwein sah aus wie gepökelt.
Gute Stube im Parkhotel Herne
Käse vom Affineur Waltmann
Früchtebrot Butter, hausgemachte Chutneys, Oliven
Die amtliche Käseplatte für Freunde eines pikanten Desserts.
Gute Stube im Parkhotel Herne
Frozen Yoghurt
mit frischem Erdbeerkompott
Das amtliche Dessert für Schleckermäuler. Erfrischend und fruchtig
Bochum kulinarisch. Geht noch bis 13. August 2023. Tägl. ab 12 Uhr, Massenberg Boulevard. Alle Infos hier.
Hier geht es zum Bericht vom Eröffnungstag klick hier.
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