Freitag, 9. August 2024

Bochum kulinarisch 2024: Déjà-vu an Tag 2

Auf dem Boulevard

Es ist ja mittlerweile eine Tradition, dass ich mich jedes Jahr mit meinen Genuss-Kollegen Christian und Jochen zu einem Bummel über die Gourmetmeile „Bochum kulinarisch“ (und anderen) treffe. Zur Vorbereitung zu unserer diesjährigen Tour de Menu studierte ich aufmerksam das etwas übergroße Programmheft, und es sprangen mir sofort einige Gerichte ins Auge, die ich gern probieren wollte. Doch dann bemerkte ich, dass es sich um Déjà-vus handelte. Die Herdecker Tomaten oder die Mousse von der Valrhona-Schokolade von Diergardt, das Onsen-Ei vom Livingroom und die Dorade mit Fregola-Risotto und der Käsespezialität Belper Knolle vom Parkhotel Herne hatte ich ja erst letztes Jahr probiert.

Ideales Wetter bei "Bochum kulinarisch"

Also klappte ich erst einmal das Heft zu und erwartete meine Freunde, die, wie ich wusste, Spickzettel mit den Tafelfreuden, denen sie sich hingeben wollten, mitbrachten. Doch abessen konnten wir diese Listen nicht, denn die Portionen erwiesen sich als viel zu groß. Aber die hehre Idee von der Gourmetmeile, auf denen sich die Feinschmecker an vielen Stationen durch die Gastronomielandschaft einer Stadt degustieren können, scheint nur noch begrenzt zeitgemäß zu sein. „Bei den Preisen, die wir heutzutage nehmen müssen, möchte der Gast gern etwas auf dem Teller haben“, zeigt der Hattinger Spitzengastronom Philipp Diergardt dafür Verständnis. Und die Leute hätten eigentlich gar nicht so viel Interesse daran, möglichst viele verschiedene Dinge an verschiedenen Ständen zu probieren.



Weißwein im Gegenlicht

So kommt es, dass allein fünf verschiedene Burger und eine Köfte im Dönerbrot im Angebot von „Bochum kulinarisch 2024“ sind – selbstverständlich in ausgezeichneter Qualität. Aber würde so eine aus der Hand zu mampfende Präsentation nicht eher auf einen Street Food Markt oder die Cranger Kirmes passen als auf eine Gourmetmeile? Ich denke da gerne noch an frühere Jahre zurück, als auf „Bochum kulinarisch“ versucht wurde, das Fiege-Schwarzbier zu frischen Austern als Bochumer Spezialität zu kreieren oder das inbrünstige Zurechtschnitzen von exzellentem spanischen Bellota-Schinken spektakulär auf der Straße zelebriert wurde. (Für Unentwegte gibt es Austern heutzutage eher beiläufig am Stand vom Waldhaus.)

Doch weinen wir nicht der guten alten Zeit nach, sondern widmen wir uns dem, was drei esslustige Herren an einem wunderbaren Sommernachmittag auf dem Bochumer Boulevard verschlingen konnten.


Drei Männer auf einer Gourmetmeile
Bochum kulinarisch, 8.8.2024





Der Wein zur Gourmetemeile
Parkhotel Herne
BoGunder
Eine speziell für „Bochum kulinarisch“ abgefüllte weiße Cuvée




Das Vorspeisenduell
Italienisch vs. Spanisch



Waldhaus
Antipasti (vegetarisch)
Parmigiano, Gemüse, Brot (7 Euro)

Köstliche Gemüseröllchen aus Zucchini, Paprika und Möhre, üppige Spalten von echtem Parmesan und ein köstlicher Dip brachten echte italienische Stimmung auf den Teller.



Las Olas
Plato de Reina
Gebackener Manchegokäse auf Wildkräutersalat, Datteln im Speckmantel, Feigensenfsauce, Granatapfel-Honigdressing (11 Euro)

Farbenfrohe und wohlschmeckende Zusammenstellung von Tapas-Konfekt, wie man es aus dem Spanien-Urlaub kennt.





Zum Grünen Gaul
Klassisches Stielmus
mit zwei deftigen Kalbsbratwürsten und leckerem Bratensaft (12 Euro)

Diese regionale Spezialität stand sofort auf meiner To-Eat-Liste, weil sie so herrlich trendy aus der Zeit gefallen schien. Doch ist es wirklich ein ideales Gericht, um bei intensiven Sonnenschein und 26 Grad mitten im Sommer gegessen zu werden? Zumal der Einsatz von festkochenden Kartoffeln im Stielmus mir nicht ganz so klassisch erschien wie angekündigt. Eigentlich werden ja mehlige Kartoffeln mit dem Gemüse gekocht, die zerfallen sollen und damit dem Ganzen die schlotzige Bindung geben. Hier bildeten die Kartoffelwürfel eher optische Akzente. Die Würstchen waren kräftig gepfeffert.




Waldhaus
Pulled Gans Burger
Brot, Gans, Salat, Zwiebel (10 Euro)

Burger mit Gourmetmeilen-Format zu volkstümlichem Preis. Eigentlich ist die Gans ja als Martins- und Weihnachtsessen üblich, aber dieses fein gezupfte Geflügel war mit seiner Räuchernote einfach wunderbar und konnte es mit der „Pulled Ente“ von Sternekoch Anthony Sarpong auf der edlen „Gourmedo“ in Dortmund letzte Woche getrost aufnehmen. Auch das üppige Brötchen war ganz wunderbar.




Livingroom
Geschmorte Rinderbacke
Kirsch-Pfeffer-Jus, Kartoffelstampf, Wildkräuter (17 Euro)
Handwerklich ausgesprochen gut ausgeführter Schmorbraten. Etwas eigenwillig die fruchtige Sauce, deren kräftige Süße man eher zu Wildfleisch oder Ente erwartet hätte und neben der das eigentlich tadellose Püree gewürztechnisch recht blass daher kam.




Diergardt
Klassische Roulade vom Charolais Rind
Perlzwiebel-Jus, Pfifferlinge, Kartoffelpüree (16,50 Euro)
Ein gelungener Berg von Mittagessen. Die Roulade zart geschmort, Jus und Füllung animierend pikant, das Kartoffelpüree erste Sahne. Irritierend war nur die grüne Kresse als Deko – eigentlich hätte es Schnittlauch sein sollen.






Diergardt
Unsere Königsberger Klopse
Kapern velouté, Eingemachte Zitrone, Rote Bete, Kartoffelpüree (16,50)
Nach den, sagen wir mal etwas abenteuerlichen Erfahrungen mit den Königsberger Klopsen des Sternekochs Eric Werner auf der „Gourmedo“ in Dortmund letzte Woche, stand mir der Sinn nach klassischer Gasthaus-Küche. Und die Königsberger Klopse sind ja ein Signature Dish für die Heimatküche von Philipp Diergardt. Auch auf „Bochum kulinarisch“ waren sie ein Gedicht, Die Klopse nicht zu groß, schön saftig und durch die Beimischung von Kalbsbries zum Brät herrlich geschmeidig, eine wunderbare Säure, die dem ganzen Leichtigkeit verlieh, frittierte Kapern, die für einen würzigen Crunch sorgten - und natürlich auch hier das sahnige Kartoffelpüree.

Bochum kulinarisch. Geht noch bis 11. August 2024. Bochum-Innenstadt, Boulevard. Alle Infos hier.
 
Zum Bericht über den Eröffnungstag klick hier.

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