Die Traditionsgaststätte "Walsumer Hof" (rechts im Bild)
Es gibt nur noch wenige Gaststätten, die das Wesen des Ruhrgebiets so auf den Punkt bringen wie der Walsumer Hof, vielleicht noch
Haus Wenzel in Herne-Sodingen oder der
Kanonier in Essen-Altenessen. Früher war es ja gang und gebe, das vor den Toren der großen Zechenanlagen die Kneipen waren, doch die Bilder von einst werden durch die Lage des Walsumer Hofes geschlagen. Mehr oder weniger direkt vor den Toren der biedermeierlich wirkenden Gartenwirtschaft erhebt sich der gigantische Kühlturm des 2008 in Betrieb genommenen Steinkohlekraftwerkes Walsum.
Hof-Wirt Matthias Langhoff (links im Bild), der mit seinen drei Brüdern eine Art Gastronomen-Dynastie am Niederrhein bildet und den Laden in der siebten Generation betreibt, wurde damals als „Asterix vom Niederrhein“ bekannt, als er seine Bürger-Wut gegen das Monstrum freien Lauf ließ.
Sein Laden jedenfalls ist Tradition pur. Vatter Franz hatte ihn in ein Fischlokal verwandelt, und so sieht er nun aus wie eine Fischerkaschemme aus einer Zeit, als Hilde Sicks und Edgar Bessen in der TV-Show „Haifischbar“ noch als Gipfel der Verruchtheit im Fernsehen galten. In den Fischernetzen unter der niedrigen Decke scheint sich der Zigarettenrauch von Generationen gefangen zu haben, und allerlei maritime Versatzstücke wie ein riesiges Schiffsteuerrad verbreiten eine heimelige Gänsehaut beim Betrachter.
Eigenwillige Deko im Walsumer Hof
Duisburg, die Stadt mit dem größten Binnenhafen Europas, gibt sich schließlich gern bootsmännisch. Und der Fischfang hat im nahen Rhein eine lange Tradition, aller industriellen Verwerfungen zum Trotz. Wenn man die Weinstube des Ladens mit ihrer antiken „Asbach Uralt“-Werbelampe betritt, kommt einem der feuchte Duft des großen Stroms quasi entgegen. Doch das stört niemanden. Ein Rentner-Trüppchen steht am Tresen und tut sich an Alt und Korn gütlich, die weibliche Belegschaft eines wie auch immer gearteteten Betriebes freut sich an einer langen Tafel mit krachender Fröhlichkeit darüber, immer noch nicht entlassen worden zu sein – und ein Kränzchen rüstiger Omis taucht plötzlich aus einer der drei Kegelbahnen auf. Schade, dass es zu kalt für den verwunschenen Biergarten ist. Die große Wiese wird von einer Vogel-Voliere und Freigehegen für Esel, Ziegen und zwei Hausschweine gesäumt, die sich artgerecht und wonnevoll im Matsch suhlen. Einmal im Jahr gibt es ein Schachtfest im Walsumer Hof.
Von Deutschlands Gourmetführern diplomiert
Restaurantführer wie Gault-Millau und Feinschmecker versäumen es nicht, den Walsumer Hof alljährlich als herausragendes Fischrestaurant zu diplomieren – nicht zuletzt, weil er über eine hauseigene Räucherei verfügt. So fasste sich der Genießer ein Herz und begab sich zu einem Fischmahl an den Niederrhein. Zu den beiden Gängen, die er bestellt hatte, gab es eine ganze Reihe von Vor-Vorspeisen, und während des Essens hatte er eine ganze Batterie von Saucen und Meerettichsahne um sich stehen. Gekosotet hat der ganze Spaß inklusive Wasser, Wein und Kaffee knappe 45 Euro.
Amuse gueule I: Gekochte Garnelen zum selber Puhlen
Das hatte der Genießer das letzte Mal vor dreißig Jahren in Paris getan.
Amuse gueule II: Hausgeräucherte Sprotten
Nach dem Abtrennen von Kopf und Schwanz im Ganzen zu verschlingen. Köstlich.
Amuse gueule II: Vongole in Chilisauce
Ein scharfer Gruß vom Mittelmeer.
Amuse gueule IV: Salat mit Wels im Weinblatt und gebeiztem Lachs
Fast schon eine eigene Mahlzeit. Spruch auf dem Platzdeckchen: "Wer meine Muscheln kennt, geht nie fremd."
Vorspeise: Hausgemachtes Matjestatar, stilecht auf Schwarzbrot serviert
Schön mild. Dazu gab es schon einmal eine Portion Bratkartoffeln.
Hauptgang: Hausgeräucherter Aal und gebratene Rochenflügel mit Bratkartoffeln
Eigentlich sollte man
Aal zur Arterhaltung ja gar nicht mehr essen, aber bei diesem rheinischen Traditionsgericht konnte der Genießer nicht widerstehen. Kohlschwarz war die Haut geräuchert, aber trotzdem ein hocharomatischer Genuss. Für die Rochenflügel bekam der Genießer gleich eine Einweisung, wie man das butterzarte Fleisch von den Knorpeln schaben muss. Die Bratkartoffeln waren ein Gedicht.
Irgendwie war etwas viel auf dem Teller. Auch im volkstümlichen Walsumer Hof hätte der Fisch optisch durch weniger rustikales Anrichten gewonnen.
Dazu gab es ein Glas Mosel-Riesling.
Nachtisch: Einfach Eis – ohne Sahne…
Die Brüder Langhoff sind eine Gastronomen-Dynastie am Niederrhein.
Der Walsumer Hof ist ihr Stammhaus
Walsumer Hof
47179 Duisburg-Alt-Walsum
Rheinstr. 16
02 03. 49 14 54
Di-So 16.30-20 Uhr, 20 Uhr bis open end
April bis August So 12-19.30 Uhr
Montag Ruhetag