Donnerstag, 2. Juni 2022

Mittachessen: „Kumpels“ im Deutschen Bergbau-Museum Bochum

Kulinarische Po(p)tt-Kultur im Bergbau-Museum

Dass 2020 nach zweijähriger Planung die Eröffnung des Cafés im Deutschen Bergbau-Museum in Bochum ausgerechnet inmitten der von Lockdowns geplagten Corona-Pandemie stattfinden musste, hatte sich wohl niemand träumen lassen. Schließlich hatten die damaligen Betreiber Felix Maraun und Wladimir Paster ein schönes Konzept realisiert und die kulinarische Arbeiterfolklore des Ruhrgebiets in modernem Chic neu inszeniert, doch die Umstände waren wohl zu schwierig. Jetzt haben der Dortmunder Gastronom Simon Kreuger und seine Familie (Café Vital) die Museumsgastronomie übernommen und wagen den Neustart. Eine gute Gelegenheit endlich einmal im „Kumpels“ Mittachessen zu gehen.


Selbstbedienung an der Essensausgabe

Nach wie vor gibt es im „Kumpels“ Selbstbedienung. Beim Bestellen und Bezahlen an der Theke bekommt man einen Beeper, den man mit zum Tisch nimmt. Wenn das Essen fertig ist, piept es, und man kann es sich abholen. Getränke nimmt man sich direkt aus dem Kühlschrank wie in der Pommesbude.

Die Speisekarte wäre ohne die Currywurst natürlich unvollständig: sie heißt im „Kumpels“ „Ruhrpottcarpaccio“ (5,80 Euro, auch in veggie erhältlich). Ich kann mich noch gut an die Zeiten erinnern, als man im Ruhrgebiet wie überall in Deutschland die scharfe Bratwurst zwar aß, aber noch nicht wusste, dass sie ein Kult-Essen für die Region ist. Eine traditionelles Kumpel-Mahlzeit war sie eigentlich nie, denn die Currywurst-Buden setzten sich erst in den 1960-er Jahren durch, als das große Zechensterben bereits begonnen hatte. Erst Anfang der 1980-er Jahre schärfte Herbert Grönemeyer mit seinem Lied von der Currywurst das postindustrielle Bewusstsein für das Ding. Als Catering für eine Kulturveranstaltung kam mir die Currywurst das erste Mal bei der Premiere des Helge-Schneider-Films „Texas“ 1993 in der Essener Lichtburg unter, und zwar als satirische Provokation. Heute kann man das „Kumpels“ samt Förderturm des Bergbau-Museums ganz seriös für Empfänge jeglicher Art mieten, natürlich mit Currywurst inklusive, 

Das Schöne an der Speisekarte des „Kumpels“ ist, dass sie auch wirklich traditionelle Ruhrgebietsessen bereithält. Neben einer Schnitzelparade gibt es z.B. „Opa’s Leibgericht“, das sind Bratkartoffeln mit zwei Spiegeleiern, den „Hausgemachten Bremsklotz“, das ist eine Frikadelle mit Möhren durcheinander, (beides 7,50 Euro) oder „Herberts Henkelmann“ (8,90 Euro).


Herbert's Henkelmann

Bei letzterem handelt es sich um ein klassisches Pfefferpotthast mit Salzkartoffeln, Gewürzgurke und Roter Beete. Vermutlich ist das ein Tribut der Dortmunder Herkunft der neuen Betreiber, denn in der Westfalenmetropole ist diese Gulaschvariante so etwas wie ein Nationalgericht, dem sogar ein eigenes Fest gewidmet ist (klick hier). Im „Kumpels“ wird es stilecht in einem Henkelmann serviert, jenem mehrstöckigen Behältnis, in dem die Malocher ihr Mittachessen mit zur Arbeit nahmen. Noch als Kinder haben wir Anfang der 1960-er Jahre das alte Revoluzzerlied von 1918 gesungen: „O Tannenbaum, o Tannenbaum, der Kaiser hat in‘n Sack gehau’n. Er kauft sich einen Henkelmann und fängt bei Krupp als Dreher an.“


Pfefferpotthast im Henkelmann

Als Mittachessen war das Pfefferpotthast ganz in Ordnung. Das Rindfleisch war schön weich geschmort, doch hätte ich mir mehr Pfeffer als Salz gewünscht. Die Salzkartoffeln schmeckten wie warm gehalten, also mehr nach Montags- als nach Sonntagsessen. Aber es war ja Mittwoch.

Kumpels Deutschen Bergbau-Museum. Schillerstraße 20, 44791 Bochum. Tel. 0234 / 90410888. Di-So 11-17 Uhr. www.kumpels.de

Deutsches Bergbau-Museum Bochum
 

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